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Zirkus zur dreizehnten Stunde

Zirkus zur dreizehnten Stunde

Titel: Zirkus zur dreizehnten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassy Fox
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Melodie war traurig und verlockend. Nicht von dieser Welt. Sie war …
    Von Lillian! Aramis hatte sich aufgerappelt, war einige Schritte gegangen und nun sah er sie. Sie saß am Ufer auf einem der großen Steine.
    Der Feuerkünstler blieb für einen Moment in der Hocke. Eben war er vor ihr weggerannt, nun war sie wieder hier. So nah bei ihm!
    Er sollte gehen! Sofort von hier verschwinden. Er konnte es nicht. Als wäre er nicht mehr Herr über seinen Körper, folgte er dem klingenden Spiel und kam ihr näher. Eine Melodie der Seele, tiefer als alles andere. Man würde sie hören, selbst wenn die normalen Sinnesorgane versagten. Er würde sie hören!
    Er hatte sich treiben lassen, hatte sich fortspülen lassen wollen. Weg von allem, damit er niemandem mehr etwas antun konnte. Doch nun war er hier. Wieder bei ihr.
    Schicksal, pochte es hinter seinen Schläfen.
    Die junge Frau mit den langen roten Haaren saß direkt vor ihm. Im Mondlicht wirkte es, als würde Blut von ihren Schultern fließen. Ihre Beine blitzten immer wieder unter dem Stoff hervor wenn der Wind ein wenig mit den Rockzipfeln spielte.
    Sanft schien Nebel aufzusteigen und Schneeflocken tanzten um sie herum. Etwas an ihrer Gestalt veränderte sich. Aramis glaubte Tränen in ihren Wimpern zu erkennen. Sie hielt die Augen geschlossen, konzentrierte sich auf die Melodie, die sie spielte. Dieses traurige und klagende Lied, das von Tönen gemalt wurde, die nicht von dieser Welt sein konnten. Ganz sanft wiegte sie hin und her, dann ruckte ihr Kopf in die Höhe und ihre Gestalt straffte sich. Es war als würde sich ein Wesen morgens aus einer Wiese erheben, die von Tau getränkt war. Kleine Wassertropfen stoben in die Höhe und von ihr weg.
    Sie war ein Wesen, das einzig und allein in einem Traum existieren konnte. Denn die Realität würde es zerbrechen.
    Vorsichtig ging er weiter auf sie zu. Alles an ihr schlug ihn in den Bann. Der nächste Schritt traf auf einen Ast. Der Laut klang störend und fremd, durchbrach die Szene. Sie schreckte auf und starrte in seine Richtung. Ein Blick aus tiefblauen Augen. Dieser Schmerz, der darin lag, diese Verzweiflung.
    „Ich bin es nur.“ Zum ersten Mal wusste er nicht, wie er auf eine Frau zugehen sollte. Zum ersten Mal war er überfordert mit der Situation. Mit ihr, seinen Gefühlen und seiner Unfähigkeit. Sie sah ihn an mit ihrem typischen Blick. Einem Blick der Trauer und Liebe, Hoffnung und Leid zugleich enthielt.
    Sie reagierte nicht weiter, blieb auf dem Fels sitzen. Lillian zog die Beine etwas an und umschlang sie mit ihren Armen. Unter den halb geschlossenen Lidern ließ sie ihn nicht aus den Augen, folgte jeder seiner Bewegungen.
    „Ich habe dein Spiel gehört“, sprach er weiter, auch wenn er sich jedes Wort einzeln abringen musste. Aber er wollte mit ihr reden, wollte nicht noch einmal vor ihr davonlaufen. Er hatte seine Schicksal in die Hände des Wassers gelegt, nun war er hier.
    „Es erzählt vom Tod.“ Ihre Stimmte war matt. „Alles um mich herum … ist so wahnsinnig … zerbrechlich.“ Ihr Blick verlor sich in der Ferne, als sie langsam die Hand ausstreckte und sich eine kleine, sanft leuchtende Kugel aus Nebel darin formte. Ein Mann, ihr einstiger Geliebter. Dann ein Wolf, der sich zu einer Frau aufrichtete. Die Figuren zerflossen wieder und der Nebel sickerte durch ihre Finger als wäre er Sand. Er verging noch bevor er den Boden erreicht hatte.
    „Warum bist du wieder hier?“ Tränen glitzerten in ihren Augen. „Warum lässt du mich nicht einfach alleine in meinem Traum bleiben?“
    „Vielleicht ist es Zeit, endlich mit dem Träumen aufzuhören.“ Er streckte die Hände nach ihr aus.
    „Und wenn der Traum alles ist, was möglich ist?“, schluchzte sie. „Was, wenn alles außerhalb dieses Traumes nur den Tod bedeutet?“ Ihre Stimme zitterte, es zerriss ihm fast das Herz. Vor ihm saß dieses zauberhafte Wesen und es war geschlagen mit Verzweiflung.
    „Komm zu mir …“ Er betonte jedes Wort, ließ nicht locker. Es war seine einzige Chance, dass er sie für sich gewann, dass er ihr helfen konnte. Er sprang auf den Felsen, direkt neben sie und griff nach ihr. Sanft umschlossen seine Finger ihr Kinn. Sie war überrascht, doch sie verwehrte ihm den Kuss nicht.
    Er schmeckte wie frischer Honig. Wie der morgendliche Tau auf einer einsamen Wiese in den Bergen. Eine Träne rann ihr über die Wange und benetzte seine Finger.
    „Ich … bin der … Tod …“, meinte sie leise. „Ich bin der

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