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Zirkus zur dreizehnten Stunde

Zirkus zur dreizehnten Stunde

Titel: Zirkus zur dreizehnten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassy Fox
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hielt ihr mit der anderen dieses blutige Etwas entgegen. „Für dich“, es schien als würde er lächeln. Sein Anblick verschlug ihr die Sprache. Zudem lähmte sie das Bild bis in die letzte Faser ihres Körpers.
    Jack versuchte sich aufzurichten. Mit langsamen, sehr unbeholfen wirkenden Schritten. Sein Lächeln wurde breiter mit jedem Zentimeter, dem sich sein Gesicht dem ihren näherte. Es verzerrte sein Aussehen jedoch nur noch mehr und wirkte alles andere als vertrauenerweckend.
    „Geschenk“, wiederholte er als wäre es ein Mantra. Mit der freien Hand umschloss Jack ihre Hand und drehte die Handfläche nach oben. Er legte dieses stinkende Fleisch einfach hinein.
    Faith sah es nicht mehr an, doch sie spürte es. Ihr Körper fing an zu zittern. Mit ihrer gesamten Willenskraft versuchte sie den Blick davon fernzuhalten. Der warme Saft lief ihr über die Hand, tropfte zu Boden, immer und immer wieder.
    Jack sah ihr in die Augen, freute sich offenbar, dass sie den Blick nicht von ihm abwandte. Langsam umschlossen seine Hände ihre Oberarme. Faith spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht. Sie roch ihn …
    Etwas in ihrer Kehle versuchte sich nach oben zu kämpfen. Ihr wurde übel. Jetzt also doch! Er stank nach Eisen und Fäulnis, wie verdorbenes Fleisch. Sie hielt die Luft an. Ihre Lippen zitterten, ihr Blick suchte nervös alles ab. Seine Arme umschlossen sie und Faith versteinerte.
    „Faith … bei Jack“, flüsterte er nur und sie spürte die erste zaghafte Berührung seiner Lippen auf den ihren.
    Sie war sprachlos. Ein Kuss. Der Versuch die Zunge zu ihr durchdringen zu lassen. Faith presste die Kiefer aufeinander. Ein Herzschlag verging, dann zerbrach etwas in ihr und sie stieß ihn zurück, keuchte auf.
    „Jack … was … was soll das?“, sie wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Der Geschmack den er auf ihren Lippen hinterlassen hatte, ließ ihren Magen rebellieren. Sie würgte. Ihr Blick fiel auf Jacks Geschenk.
    Einen geschlagenen Augenblick starrte sie es einfach nur an. Das rote Gewebe in ihrer Hand triefte immer noch vor Blut.
    Es schien, als würde es sich bewegen. Faith war klar, dass ihre ständig verkrampfende Hand diese Illusion schuf. Das änderte aber nichts an dem Horror, den sie hier festhielt. Es war noch warm. Frisch aus einem Körper entfernt.
    „Faith und Jack sind Paar“, unterbrach er ihre Gedanken.
    „Nein!“, mit einer angewiderten Geste warf sie das Gewebe weg und wich zurück. Das Blut blieb nach wie vor an ihr kleben, der Geruch verschwand nicht. „Jack wir sind Freunde, mehr nicht!“ Ein Würgen. Sie schmeckte bereits die Magensäure. „Wir … waren früher … Freunde.“ Tränen schimmerten in ihren Augen. „Wie konntest du das tun, Jack?“
    „Nur ein Mensch“, presste er hervor und sah sie verständnislos an. „Andere sagen … Menschen nicht wichtig.“
    „Was … ?“ Sie brach ab. Diese Gleichgültigkeit, dieser emotionslose Ton. Sie konnte nicht glauben, dass Jack wirklich so gefühllos mit einem Leben umging.
    Freak!
    Bestie!
    Sie hörte plötzlich wieder Aarons Stimme in ihrem Kopf. Ihr Blick fiel auf Jack. Er stand vor ihr, nach wie vor auf die Hinterbeine erhoben und wirkte vollkommen irritiert.
    „Jedes … Leben ist … wichtig, Jack“, flüsterte sie. „Das hat man uns im Zirkus immer beigebracht!“
    „Zirkus … tot!“ Etwas blitzte in seinen Augen auf. Er schien sich zu verändern. Seine Schultern zogen sich hoch, sein Kopf sank dazwischen.
    „Was?“ Sie hielt inne.
    „Zirkus … kein Platz … für uns!“, sprach er weiter. „Zirkus Lüge! Hier …“, er holte mit der Hand aus und beschrieb eine weite Geste, „… keine Lüge! Alle sind echt!“
    „Aber …“ Faith brach ab. Der Zirkus!
    Der Zirkus war die Rettung; für alle Ausgestoßenen und auch für die Menschen. Wenn der Zirkus nicht war, wurden die Wesen zu … zu dem, was Jack nun geworden war …
    Ihr Blick fiel wieder auf ihn.
    „Komm mit mir“, flüsterte er mit einem leisen Knurren. Seine Bewegungen wirkten plötzlich anders, bedrohlich.
    Faith wich zurück. „Jack, der Zirkus ist nicht tot. Warum kommst du nicht mit mir?“
    „Niemals!“ Seine Stimme war zu einem Knirschen geworden. „Hier echt!“ Seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen und starrten Faith an. „Hier, einziger Ort für Jack.“ Seine Hände bogen sich zu Klauen. „Hier Jack ist … Jack!“
    Ein eisiger Schauer jagte über ihren Rücken. Das war nicht mehr ihr Freund.
    Faith schluckte.

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