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Zirkuskind

Zirkuskind

Titel: Zirkuskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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fragte der Doktor.
    »Warum nicht?« antwortete
der Schauspieler. Aber Dr. Daruwalla wußte, daß John D. nicht so gleichgültig war,
wie er tat.
    Inspector Dhar hatte
nie die Absicht gehabt, sich den Lunch im Duckworth Club entgehen zu lassen. Er
hätte sich eher von Rahul umbringen lassen, als aufgrund einer Drohung, die so plump
war, daß man sie nur im Mund eines Toten deponieren konnte, seine Mitgliedschaft
niederzulegen. Ihm war es nicht wichtig, wie Nancy jetzt aussah; vielmehr hatte
er, da er Schauspieler war – ein Profi –, schon vor zwanzig Jahren durchschaut,
daß Nancy Theater spielte. Sie war nicht die junge Frau, für die sie sich ausgab.
Schon vor zwanzig Jahren hatte der junge John D. gemerkt, daß Nancy panische Angst
hatte und bluffte.
    Jetzt wollte der
Schauspieler feststellen, ob Nancy noch immer bluffte, ob sie noch immer Theater
spielte. Vielleicht hat sie inzwischen damit aufgehört, dachte Dhar. Vielleicht
konnte sie jetzt, nach zwanzig Jahren, ihre panische Angst einfach zeigen.
    Etwas recht Eigenartiges
    Es war
6 Uhr 45 am Morgen, als Nancy in den Armen ihres Mannes aufwachte. Vijay umarmte
sie so, wie sie es gern hatte; so wachte sie am allerliebsten auf, und sie war überrascht,
wie gut sie die letzte Nacht geschlafen hatte. Sie spürte Vijays Brust an ihrem
Rücken. Seine zarten Hände hielten ihre Brüste, sein [616]  Atem strich leicht über
ihr Haar. Detective Patels Penis war ziemlich steif, so daß Nancy seinen leichten,
aber beharrlichen Puls am Ende des Rückgrats spüren konnte. Nancy wußte, daß sie
Glück hatte, einen so guten und liebevollen Mann gefunden zu haben, und es tat ihr
leid, daß das Leben mit ihr so schwer war; Vijay gab sich solche Mühe, sie zu beschützen.
Sie begann, ihre Hüften zu bewegen und sich an ihn zu drücken, weil sie wußte, daß
er sie gern in dieser Stellung liebte – von hinten, während sie auf der Seite lag.
Aber der Kommissar reagierte nicht auf die rollenden Bewegungen ihres Beckens, obwohl
er ihren nackten Körper anbetungswürdig fand – ihre weiße Haut, das blonde Haar,
die üppigen Rundungen. Er ließ Nancys Brüste los, und im selben Augenblick (während
er von ihr abrückte) bemerkte sie, daß die Tür zum Bad offenstand; wenn sie zu Bett
gingen, war sie immer geschlossen. Das Schlafzimmer roch frisch, nach Seife; ihr
Mann hatte bereits geduscht. Nancy drehte sich zu Vijay um und strich über seine
nassen Haare. Er brachte es nicht fertig, ihr in die Augen zu sehen.
    »Es ist schon fast
sieben«, sagte er.
    Normalerweise stand
Detective Patel vor sechs Uhr auf und machte sich noch vor sieben auf den Weg ins
Kriminalkommissariat. Aber an diesem Morgen hatte er Nancy ausschlafen lassen, hatte
geduscht und sich danach wieder neben sie ins Bett gelegt. Er hat einfach gewartet,
bis ich aufgewacht bin, dachte Nancy. Aber er hatte nicht gewartet, um mit ihr zu
schlafen.
    »Was hast du mir
zu sagen?« fragte Nancy. »Was hast du mir verschwiegen, Vijay?«
    »Eigentlich gar
nichts, nur einen kleinen Lunch«, antwortete Patel.
    »Und wer nimmt daran
teil?« fragte Nancy.
    »Wir, im Duckworth
Club«, antwortete Patel.
    »Mit dem Doktor,
meinst du.«
    »Ja, und dem Schauspieler
vermutlich auch.«
    [617]  »Ach, Vijay.
Nein… bloß nicht Dhar!« schrie sie.
    »Ich glaube schon,
daß Dhar dabeisein wird. Sie kennen Rahul alle beide«, erklärte er. Da sich die
Formulierung, die er am Vortag dem Doktor gegenüber gebraucht hatte, jetzt geschmacklos
angehört hätte (»um Erinnerungen zu vergleichen«), sagte er: »Es könnte von großem
Nutzen sein, sich einfach nur anzuhören, woran sich jeder von euch erinnert. Vielleicht
gibt es irgendein Detail, das mir weiterhilft…« Seine Stimme verlor sich. Es war
ihm zuwider, Nancy so in sich gekehrt zu erleben. Dann wurde sie plötzlich von Schluchzern
geschüttelt.
    »Wir sind doch gar
keine Mitglieder im Duckworth Club!« sagte sie weinend.
    »Wir sind eingeladen.
Wir sind Gäste«, erklärte ihr Patel.
    »Aber dann sehen sie mich und denken sicher, daß
ich furchtbar bin«, stöhnte Nancy.
    »Sie wissen, daß
du meine Frau bist. Sie wollen nur mithelfen«, antwortete der Kommissar.
    »Und was ist, wenn
Rahul mich sieht?« fragte Nancy. Diese Frage stellte sie immer.
    »Würdest du Rahul
denn erkennen?« fragte Patel. Der Detective hielt es für unwahrscheinlich, daß irgendeiner
von ihnen Rahul erkennen würde, aber die Frage war falsch gestellt. Schließlich
war Nancy nicht verkleidet.
    »Ich

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