Zirkuskind
des [750] Affen seine eigenen Mutmaßungen hinzuzufügen –, führte Mr. Das Mrs. Bhagwans glanzlose Leistung auf besagte Elefantenepisode
zurück.
»Aber in anderer
Beziehung hat sich ihre Situation gebessert, seit sie verheiratet ist«, räumte Mr.
Das ein. Vor ihrer Heirat beklagte sich Mrs. Bhagwan bitter über Menstruationsbeschwerden
– und darüber, daß es ganz besonders unangenehm sei, mit dem Kopf nach unten zu
hängen, solange sie Blutungen hatte. »Und bevor sie verheiratet war, hätte es sich
natürlich nicht gehört, daß sie Tampons verwendet«, fügte Mr. Das hinzu.
»Nein, natürlich
nicht«, sagte Dr. Daruwalla, der das Thema abstoßend fand.
Wenn Pausen zwischen
den Nummern entstanden – was häufig der Fall war – oder wenn die Kapelle zwischen
den Nummern aussetzte, konnte man hören, wie der Schimpanse geschlagen wurde. Kunal
»züchtigte« Gautam, wie Mr. Das es ausdrückte. In einigen anderen Städten, in denen
der Great Blue Nile gastierte, saßen womöglich auch weißhäutige Männer unter den
Zuschauern, und man durfte nicht zulassen, daß Gautam glaubte, weiße Männer seien
Freiwild.
»Nein, natürlich
nicht«, sagte Dr. Daruwalla. Das Kreischen des mächtigen Affen und die Geräusche
von Kunals Stock drangen durch die unbewegte Nachtluft bis ins Spielzelt. Der Doktor,
der Missionar und die Kinder waren immer dankbar, wenn die Kapelle wieder spielte,
egal wie schlecht.
Wenn Gautam Tollwut
hatte, würde man ihn einschläfern müssen; also war es besser, ihn zu schlagen, falls
er doch nicht tollwütig war und am Leben blieb – so lautete Kunals Philosophie.
Was die Behandlung von Martin Mills betraf, hielt Dr. Daruwalla es auf alle Fälle
für klug, davon auszugehen, daß der Schimpanse Tollwut hatte. Aber jetzt lachten
die Kinder erst einmal.
Als einer der Löwen
kräftig auf sein Podest pißte und dann in die Pfütze trat, mußten Madhu und Ganesh
lachen. Doch [751] Farrokh fühlte sich verpflichtet, den Elefantenjungen daran zu erinnern,
daß seine erste Aufgabe womöglich darin bestehen würde, dieses Podest abzuwaschen.
Einen Pfauentanz
gab es natürlich auch – wie immer spielten zwei kleine Mädchen die Pfauen –, und
der Drehbuchautor überlegte, daß die Pinky in seinem Buch in einem Pfauenkostüm
stecken sollte, wenn der entflohene Löwe sie tötete. Das beste wäre, wenn der Löwe
sie tötet, weil er sie für einen echten Pfau hält. Das würde die Sache ergreifender
machen – und dem Löwen mehr Sympathie eintragen. Auf diese Weise könnte der Drehbuchautor
seinem Publikum suggerieren, daß die Löwen im Laufgang hauptsächlich deshalb unruhig
waren, weil ihr Auftritt als nächster kam und die verlockenden Pfauenmädchen in
Sichtweite waren. Wenn der Säuremann dann noch seine Säure in den Käfig schüttete,
gäbe es kein Halten mehr für den ohnehin aufgewühlten, unter akuter Pfauenphobie
leidenden Löwen. Arme Pinky!
Nach dem Deckenlauf
folgte noch eine Zugabe von Mrs. Bhagwan. Sie kletterte noch einmal in die Zirkuskuppel
hinauf, allerdings nicht um den Deckenlauf zu wiederholen, der das Publikum schon
beim erstenmal wenig beeindruckt hatte, sondern um noch einmal ihren Abgang im Zahnhang
vorzuführen. Dieser Teil der Nummer hatte dem Publikum gefallen; genauer gesagt
war es Mrs. Bhagwans Hals, der den Leuten gefallen hatte. Sie hatte, dank ihrer
vielen Abgänge im Zahnhang, einen extrem muskulösen Hals, und wenn sie aus der Zeltkuppel
herunterschwebte – um ihre eigene Achse wirbelnd, die Lederzunge des Geräts fest
zwischen den Zähnen –, traten ihre Halsmuskeln deutlich hervor, während das Scheinwerferlicht
von Grün in Gold überging.
»Das könnte ich
doch machen«, flüsterte Ganesh Dr. Daruwalla zu. »Ich habe einen kräftigen Hals.
Und kräftige Zähne«, fügte er hinzu.
[752] »Vermutlich könntest
du auch mit dem Kopf nach unten durch die Kuppel gehen«, erwiderte der Doktor. »Du
bräuchtest nur beide Füße starr im rechten Winkel lassen, denn deine Knöchel halten
dein ganzes Gewicht.« Das hätte er besser nicht gesagt. Der zerquetschte Fuß des
Krüppels war dauerhaft mit dem Sprunggelenk verschmolzen – in einem perfekten rechten
Winkel. Es wäre für Ganesh kein Problem, diesen Fuß starr im rechten Winkel zu halten.
In der Manege war
inzwischen ein albernes Finale im Gange – Schimpansen und mopedfahrende Zwergclowns.
Der Schimpanse an der Spitze des Zuges war als Gujarati-Milchmann verkleidet, was
dem hiesigen
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