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Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas F. Monteleone
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hat­te das ul­trat­ro­ckene Kli­ma ihn kon­ser­viert. Äu­ßer­lich war er noch gut in Schuß, nur die be­weg­li­chen und elek­tro­ni­schen Tei­le des An­triebs und der na­vi­ga­to­ri­schen Hilfs­an­la­gen wa­ren kor­ro­diert, teil­wei­se so­gar bis zu ei­nem ge­wis­sen Grad zer­fal­len. Oder an­ders aus­ge­drückt: Er fuhr nicht mehr.
    Doch wenn er auch fahr­un­tüch­tig war, in Zend Aves­ta wur­de er wie­der zum Lau­fen ge­bracht. In die­sem Staat ge­noß der Geist die größ­te Frei­heit, und an die­sem Ort sah sich kei­ne Ver­än­de­rung von alt­ein­ge­ses­se­nen Tra­di­tio­nen be­hin­dert. Die Na­tur­wis­sen­schaft­ler und Tech­ni­ker von Zend Aves­ta ex­ami­nier­ten auf Ein­la­dung des rei­chen Kauf­manns das an­ti­ke Ge­fährt Zen­ti­me­ter für Zen­ti­me­ter. Sie konn­ten viel aus sei­ner Kon­struk­ti­on er­ler­nen: vor al­lem die Grund­la­gen ei­nes Selbst­an­triebs. Und aus die­ser wich­ti­gen Ent­de­ckung rühr­ten die Trak­to­ren und an­de­ren ein­fa­chen Fahr­zeu­ge her, die mitt­ler­wei­le über­all in Zend Aves­ta an­zu­tref­fen wa­ren. Die In­ge­nieu­re des Lan­des ent­wi­ckel­ten schon bald einen mit Me­than­gas be­trie­be­nen An­trieb (das Gas wur­de aus Tier­kot ge­won­nen) und er­setz­ten da­mit den Ben­zi­nan­trieb, den man im MTW ge­fun­den hat­te.
    Und es dau­er­te nicht mehr lan­ge, da wur­de der MTW nur noch als Ku­rio­si­tät an­ge­se­hen, als Pro­to­typ, aus dem weitaus ef­fek­ti­ve­re Ma­schi­nen ent­wi­ckelt wer­den konn­ten. Da­her ver­brach­te das Fahr­zeug sei­ne wei­te­ren Ta­ge im ers­ten Stock des Pri­vat­mu­se­ums je­nes Kauf­manns, wo An­ge­stell­te es täg­lich ab­staub­ten.
    Bis zu dem Tag, an dem Stoor von Ha­daan dem Kauf­mann einen un­er­war­te­ten Be­such ab­stat­te­te.
    An die­sem Nach­mit­tag sa­ßen Stoor und Va­ri­an in der Front­ka­bi­ne des MTWs, der über das of­fe­ne Land öst­lich der Bucht walz­te. Tes­sa und Raim wa­ren im hin­te­ren Raum da­mit be­schäf­tigt, Treib­stoff und Ver­pfle­gung ein­zu­la­gern.
    „Ich kann es im­mer noch nicht glau­ben, daß ir­gend­je­mand dir einen sol­chen Ge­fal­len schul­det“, sag­te Va­ri­an.
    Stoor warf den Kopf zu­rück und lach­te.
    „Nein, ehr­lich, ich mei­ne, es ist al­les so un­wirk­lich!“ Va­ri­an be­trach­te­te das Fahr­zeug wie ein klei­ner Jun­ge sein neu­es Spiel­zeug. Der MTW war ein me­cha­ni­sches Wun­der! Ein Wun­der, von dem er nicht glaub­te, daß die Welt sich je dar­an ge­wöh­nen könn­te.
    „Nein, nein“, sag­te Stoor. „Es ist kein Wun­der, wenn man be­denkt, daß mein Freund für die­sen Kas­ten so­wie­so kei­nen Ge­brauch mehr hat­te. Sei­ne Leu­te kön­nen einen sol­chen MTW nach­bau­en, wann im­mer er dies wünscht. Aber die Welt braucht Trak­to­ren, kei­ne MTWs. Da­von ab­ge­se­hen ha­be ich dem Kauf­mann ver­spro­chen, ihm et­was noch viel Wert­vol­le­res als die­sen Klap­per­kas­ten mit­zu­brin­gen!“
    „Du lie­ber Him­mel! Was denn?“
    Wie­der lach­te Stoor. „Mach dir kei­ne Ge­dan­ken dar­über. Falls wir fin­den, was wir su­chen, wird der Kauf­mann un­se­re ge­rings­te Sor­ge sein.“
    „Wo fah­ren wir denn zu­erst hin?“
    „Wir ge­hen ganz lo­gisch vor und su­chen al­le großen Wüs­ten und ähn­lich öden Ge­bie­te ab. Wir ha­ben doch bei­de den glei­chen Hin­weis er­hal­ten – ein san­di­ger Ort, nicht wahr?“
    „Und wenn die­ser nicht in der be­kann­ten Welt liegt?“
    „Du meinst, ir­gend­wo hin­ter …?“
    Va­ri­an nick­te.
    „Dann fah­ren wir auch dort­hin“, sag­te Stoor. „Ich bin schon ziem­lich tief in die Man­teg ein­ge­drun­gen. Und die scheint nir­gend­wo auf­zu­hö­ren. Ich weiß nicht, ob es über­haupt je­mand ein­mal ge­schafft hat, sie ganz zu durch­que­ren. Und das­sel­be gilt für das Schla­cken­land.“
    „Aber viel­leicht sind wir zu ei­ner sol­chen Tour ge­zwun­gen, nicht wahr?“
    „Schon mög­lich. Al­les ist mög­lich. Gib mir mal die Kar­te.“
    Stoor zeig­te auf ei­ne klei­ne Stahl­kis­te am Ka­bi­nen­bo­den. Va­ri­an öff­ne­te sie und zog ei­ne Welt­kar­te her­aus, die aus ei­ner zu­sam­men­ge­fal­te­ten, be­druck­ten Öl­haut be­stand.

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