Zitadelle des Wächters
wurde dieser Mittelpunkt einer jeden Stadt in die zentrale Koordinierungsstelle für das städtische Verteidigungssystem umgewandelt. Jede Zitadelle wurde mit einem besonderen KI-Satz ausgerüstet, den man Wächter nannte.“
„Und was heißt Kl-Satz?“ fragte Varian.
„Sie sprechen gerade mit einem“, sagte der Roboter. „KI steht natürlich für Künstliche Intelligenz. Mit diesem Begriff wird der Computertyp bezeichnet, der für eine spezielle Aufgabe ausgerüstet ist. In diesem Fall Serie 4.“
„Wo sind denn all die Menschen?“ Tessa sah sich im Garten wie ein Kind im märchenhaften Dschungel eines vergänglichen Traums um. „Was ist mit ihnen geschehen?“
„Sie sind alle … verschwunden“, sagte der Roboter, so als müsse er jedes Wort einzeln auswählen. „Sie sind schon vor langer Zeit verschwunden.“
„Verschwunden?“, sagte Stoor. „Du meinst wohl tot, oder?“
„Ja, tot ist der treffendere Ausdruck.“ Der Roboter war an einer Rampenkreuzung angelangt und wandte sich nach rechts. „Hier entlang, bitte.“
„Aber wie konnte dies alles hier denn bestehen bleiben, wenn die ganze Bevölkerung umgekommen ist?“ fragte Varian.
Der Roboter drehte sich um und sagte ruhig: „Das ist eine lange Geschichte, über die ich noch genau berichten werde, nachdem wir die passenden Unterkünfte für euch gefunden und euch eine Mahlzeit zubereitet haben. Essen und Regeneration. Das sind doch Primärdirektiven der Menschen, oder liege ich da falsch?“
„Da kannst du einen drauf lassen“, sagte Stoor und lachte über die merkwürdige Ausdrucksweise des Roboters.
„Nun gut denn. Ich werde dafür sorgen, daß ihr zufriedengestellt werdet. Es wird euch noch viel Zeit für Geschichtslek tionen zur Verfügung stehen. Nun hier entlang, bitte.“
Sie wurden durch einen hell erleuchteten Gang geführt, dessen Wände mit impressionistischen und surrealistischen Kunstwerken bedeckt waren. Die Zusammenstellung von Farben, die Ausgewogenheit und Bildkomposition sprachen von einem derart ausgezeichneten Geschmack, daß er jenseits des Beurteilungsvermögens der Besucher lag. Fünf Kunstobjekte hingen an jedem Wandstück, jedes einzelne äußerst vorteilhaft angebracht.
Die Gruppe blieb vor einer Tür stehen. „Dies ist das erste Zimmer“, sagte der Roboter. „Da ich weder etwas von euren Schlaf- und Lebensgewohnheiten noch von euren sexuellen Partnerbeziehungen weiß, fürchte ich, daß ich euch fragen muß, wie ihr auf die Zimmer verteilt werden wollt.“
Stoor sah erst die anderen an, dann fragte er schelmisch grinsend: „Wie groß sind die Zimmer denn?“
„Wollt ihr ein Zimmer für alle zusammen?“ fragte der Automat.
Tessa lachte. „Lieber Gott, nein – alles, bloß das nicht!“
„Nein“, sagte Stoor. „Weißt du, mein lieber Freund hier, Raim … er ist mein Leibwächter. Ich habe ihm einmal das Leben gerettet, und gemäß seiner maaradinischen Herkunft ist er verpflichtet, bis zum Ende meines Lebens bei mir zu bleiben. Er schläft sogar bei mir, aber …“ – Stoor hob eine Hand und grinste sich in den Bart – „… er schläft nicht mit mir, falls du verstehst, was ich meine.“
Varian lächelte, und der Roboter gab überflüssigerweise eine bejahende Antwort, mit der er zustimmte, Stoor und Raim könnten das Zimmer hinter dieser Tür nehmen. Er drückte Stoors Handfläche gegen eine kleine, schwarze Platte neben der Tür, und diese blitzte in einem stoischen Weiß auf. Er wiederholte die Prozedur mit Raims Hand – unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren eines Handflächendruckschlosses.
Als der alte Mann mit seinem Freund das Zimmer betrat, führte der Roboter Varian
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