Zitadelle des Wächters
stinkt hier ganz gewaltig!“
„Die Luft wird klimatisch kontrolliert. Es gibt hier keine Gerüche, die Menschen nicht zuträglich sind.“
„O Scheiße, Mann. Befaß du dich weiter mit ihm!“ sagte Stoor. Trotz seiner Verwirrung grinste er.
„Man ließ uns in dem Glauben, der Wächter sei ein Diener der Menschheit“, sagte Varian, „und daß wir in die Geheimnisse der Ersten Zeit eingeweiht würden, falls wir jemals diesen Ort finden sollten.“
„Und daß die Welt Vorteil aus dem Wissen erhalten würde, das ganz offensichtlich hier gespeichert wird …“ ergänzte Tessa.
Wieder nickte der Homolog langsam. Immer noch steckte das nichtige Lächeln wie eine mürbe konstruierte Maske auf seinem Gesicht. „Das sind in der Tat Möglichkeiten, die aus eurer Entdeckung der Zitadelle entstehen könnten, da muß ich euch recht geben. Aber bevor es dazu kommen kann, müssen erst bestimmte … Umstände … eintreten.“
„Umstände“, sagte Stoor mit einer Stimme, die sich kaum noch von einem Bellen unterschied. „Was denn für Umstände ?“
„Ihr werdet sie begreifen, sobald sie eintreten. Mehr kann ich euch jetzt nicht sagen.“
Tessa erhob sich von ihrem Stuhl und sah den Homolog scharf an. „Wächter, verbessere mich bitte, wenn ich etwas Falsches sage, aber du sprichst von uns, als seien wir hier … Gefangene.“
Wieder herrschte diese unbehagliche Stille. Die Augen von allen vieren starrten auf den Homolog, der ihren Blicken mit einem Ausdruck in den Augen begegnete, der kaum zu ergründen war.
„Da liegst du nicht falsch“, sagte er schließlich.
Sieben
Kurze Zeit später begannen die Illusionen.
Zumindest hofften die vier Menschen, daß es sich dabei um Illusionen handelte, denn andernfalls wäre es der reine Wahnsinn gewesen.
Varian war allein durch das dritte Stockwerk der Zitadelle gelaufen. Hier befanden sich die größten Werke am Ort: Maschinenanlagen, Hüttenwerke, Mühlen, Kraftwerke – ein Nährboden für industrielle Produktion, der ausgereicht hätte, das Gesicht eines ganzen Staates der modernen Welt zu verändern. Eine ganze Miniaturstadt aus Präzisionsmaschinerie breitete sich vor ihm aus: schimmernder Stahl, leuchtende Legierungen, massive Turbinen, Drehbänke und Stanzmaschinen. Und über dem Ganzen herrschte Grabesruhe. Nicht ein Mucks regte sich aus der großen Leere der Anlage: Kein Mensch lief vorbei, und niemand bewegte Kontrollhebel, die gewaltigen Hochöfen und Konverter lagen kalt und tot da.
Wo waren die Menschen geblieben? Eine dieser Fragen, die der Wächter nicht beantworten konnte – oder besser, nicht beantworten wollte. Und besonders diese Frage ließ Varian keine Ruhe: Wohin waren sie verschwunden? War es denn wirklich möglich, daß der Krieg sie so vollständig ausgelöscht hatte? Wurden sie vielleicht in irgendeiner verborgenen Abteilung der Zitadelle ebenfalls gefangengehalten? War der Wächter eine Maschine, die verrückt geworden war? Und wenn dies der Fall war, würden er oder sie alle vier jemals etwas dagegen unternehmen können?
Dazu fehlten ihnen die Mittel oder, anders ausgedrückt, sie konnten noch nicht das Wesen des Wächters verstehen. In jeder Sekunde wurde Varian an die überlegende Weisheit derjenigen erinnert, die diesen Ort, durch den er jetzt schritt, erschaffen hatten. Sie müßten ja völlig übergeschnappt sein, um es selbst mit den Stiefkindern einer solchen Gesellschaft an Geist oder Fähigkeiten aufnehmen zu wollen.
Er lief weiter. Sein Waffengurt hing schlaff über der Zitadellen– „Uniform“. Ihm war genau wie den anderen das Tragen von Waffen gestattet worden. Anscheinend ein Zeichen des Wächters,
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