Zitadelle des Wächters
wieder, die stetig und in einem gerade noch erträglichen Neigungswinkel nach unten führte. Varian drehte sich um und entdeckte, daß ihre Öffnung sich wieder verschlossen hatte und unsichtbar geworden war. Falls sie hier wieder hinausgelangen wollten, würde das auf dem Weg, den sie gekommen waren, unmöglich sein. Aber natürlich wird es hier mehr als nur einen Ausgang geben, dachte er. Es mußte noch einen weiteren geben.
Während er die vor ihnen liegende Umgebung studierte, wurde ihm klar, daß sie durch einen langen Tunnel fuhren, der aus einer unsichtbaren Quelle beleuchtet wurde. Nirgends ließen sich Fackeln, Gaslampen oder Laternen ausmachen, und trotzdem wurde Licht verbreitet, als wären die Wände selbst die Strahlungsquelle. Die Tunnelwände wiesen ebenfalls keine Anhaltspunkte auf, doch glaubte Varian, daß es sich hierbei ebenfalls um eine Illusion handelte, nachdem er gesehen hatte, wie die Außenöffnung entstanden war. In Gedanken sah er wieder das Gesicht des alten Mannes – besser: des Roboters – vor sich, der auf der Courtesan seinen Arm gepackt und ihm die Geschichte vom Wächter erzählt hatte. Seltsamerweise traute Varian dem Roboter – insoweit man einer Maschine wirklich trauen konnte – und glaubte, daß die Geschichte um den Wächter der Wahrheit entsprach.
Kein Wort wurde während der Reise nach unten gewechselt, so als sei jeder von ihnen darauf bedacht, seine Gedanken für sich zu behalten. Oder aber, dachte Varian, es könnte auch einfach die Furcht sein, die jeden schweigen ließ.
Ungefähr eine Stunde lang rollten sie den Tunnel hinab. Es war unmöglich, sich auszumalen, wie tief sie in die Zitadelle eingedrungen waren, aber Varian vermutete, daß es wirklich sehr tief sein mußte. Auch war es kaum möglich, die Größe der Zitadelle zu erfassen, obwohl man nicht daran zweifeln konnte, daß dieses Gebilde aus der Ersten Zeit wirklich gigantisch zu nennen war und möglicherweise Schätze und technologische Wunder enthielt, die selbst die ausschweifendsten Vorstellungen des alten Stoor übertrafen.
Endlich geleitete sie der kleine Roboter in einen großen, fünfseitigen Raum. In jedem Wandstück waren etliche große, nischenartige Türen. Der Raum verfügte über keinerlei Inventar; lediglich ein sehr ausgeschmücktes Mosaik bedeckte den Boden. Es bediente sich der Pentagonform als Grundmotiv. An den Wänden standen bilderartige Buchstaben und Wörter aus einer Sprache, die von niemandem in der Gruppe entschlüsselt werden konnte. Man nahm an, daß es sich dabei um Genonesisch handelte. Die Worte mochten geographische Hinweise, Warnungen oder andere Instruktionen sein, aber da konnte man sich nicht sicher sein.
„Ihr werdet hier warten, bis der Wächter mit Euch in Kontakt tritt“, sagte der kleine Roboter, wandte sich abrupt herum und rollte leise durch einen der Ausgänge davon. Rasch verschwand er im Irrgarten der Abzweigungen und dem Auf und Ab im Labyrinth der Korridore.
Stoor sprang aus dem Wagen und näherte sich der metallischen Außenfläche der Wände. „Jetzt schau sich einer bloß mal diese Kunstfertigkeit an, Mensch!“
Raim trat neben ihn. Er hielt sein Zielfernrohrgewehr an der Hüfte in Stellung – allzeit bereit, seinen Meister zu beschützen.
„Das Mosaik auf dem Boden ist ebenso prächtig“, sagte Tessa, während sie mit Varian aus dem MTW kletterte. „Seht euch nur mal dieses Muster an.“
„Da gibt’s nun wirklich nichts daran zu deuteln, mein Junge. Tja, Erste Zeit! Verdammt noch mal! Die Leute, die hier an den Schalthebeln sitzen, könnten die ganze Welt beherrschen!“
Varian wollte gerade etwas sagen, als hinter
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