Zitadelle des Wächters
Oberfläche der Welt, veränderten ihre Konturen und löschten ganze Kulturen aus. Der Kohlendioxid-Anteil in der Atmosphäre stieg beträchtlich an, die Pole schmolzen, und die Erdachse verschob sich ein wenig. Seuchen reduzierten die Reste der Menschheit. Radioaktive Strahlung sterilisierte ganze Kontinente, Mutationen tauchten auf, und die menschliche Kultur stürzte in einer dunklen, nach unten führenden Spirale zurück, fiel in die Nacht jahrhundertelanger Dunkelheit, aus der sie sich erst jetzt langsam wieder erhob.
Aber Kartaphilos blieb beharrlich. So fortgeschritten war die Technik gewesen, die ihn geschaffen hatte, daß er überleben konnte. Unbegrenzt wurde er von Energie versorgt, unaufhörlich wurde sein Körper selbsttätig repariert. Allmählich erfuhr er auf seiner Suche nach der Zitadelle das, was in der Vergangenheit geschehen war. Er beschloß, sich das Aussehen eines Nomaden zu geben. Und er wanderte durch die Kulturzentren und wieder erwachenden Staaten, entstanden aus dem, was von der Welt übriggeblieben war. Er umgab sich mit dem Flair des Mysteriösen und hielt nur gelegentlich einmal an, um einem interessierten Reisenden seine Geschichte zu erzählen oder um sich besonders intensiv mit einem Gegenstand aus der Vergangenheit zu befassen, der vielleicht den Schlüssel zur Wiedererlangung seines Gedächtnisses darstellen konnte. Seine Suche bekam schließlich fast religiösen Charakter. Aber erst als der Leitstrahl des Wächters ihn traf, fielen alle fehlenden Teile dieses jahrtausendealten Geheimnisses an ihre richtige Stelle.
Und erst zu diesem Zeitpunkt erinnerte sich Kartaphilos daran, wer er war.
Als er seine Geschichte beendet hatte, folgte Stille. Die vier Menschen mußten die Fakten, mit denen sie konfrontiert worden waren, erst verdauen. Unvorstellbar, daß Kartaphilos so alt sein sollte, wie er vorgab, daß er schon im Endstadium der Ersten Zeit existiert hatte und Zeuge des Aufstiegs der Welt geworden war, die den vieren so vertraut war.
Voller Ehrfurcht, Unglauben und vielleicht etwas Furcht sahen sie ihn an. Varian fand als erster seine Sprache wieder.
„Was willst du damit sagen, du ‚wüßtest jetzt, wer du bist’?“
Kartaphilos schüttelte den Kopf. „Ihr werdet es mir doch nicht glauben, wenn ich es euch erzähle …“
„Versuch es“, sagte Stoor und füllte erneut seine Pfeife.
Kartaphilos atmete langsam aus. „Also gut, im Moment bleibt uns ohnehin nichts anderes übrig, als zu warten. Kann einer von euch sich eine Vorstellung davon machen, wie großartig die Erbauer dieser Stätte wirklich waren? Würdet ihr es überhaupt verstehen können? Ich weiß es nicht, aber ich werde euch trotzdem alles erzählen. Die Zitadelle wurde zu einer Zeit gebaut, als die Unterschiede zwischen Mensch und Maschine nur noch sehr gering waren. Und das hatte sowohl seine guten als auch seine schlechten Seiten, wie ihr euch vielleicht denken könnt.“
„Ich verstehe nicht“, sagte Tessa.
„Hört zu. Es gab da ein … Geschöpf, eine Konstruktion, wenn man so will, das in der Ersten Zeit Kyborg genannt wurde – Kybernetischer Organismus. Ein Ding, halb Mensch und halb Maschine. Versteht ihr jetzt?“
„Wie sollte es ein solches Wesen geben können?“ schrie Stoor auf.
„Wie sollte es einen Wächter geben können?“ erwiderte Kartaphilos. „Wie sollte es das Schlackenland geben? Wie sollte es überhaupt etwas geben? Man kann doch im Angesicht von Fakten nicht solche Fragen stellen. Diese Dinge existieren einfach. Und das ist die einzige Antwort, die ich dir darauf geben kann.“
„Ich verstehe es immer noch nicht“, sagte Varian, obwohl
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