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Zitronen im Mondschein

Zitronen im Mondschein

Titel: Zitronen im Mondschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mayer Gina
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mitgefahren bin ich nicht. Oder haben Sie irgendwelche Erinnerungen, die das Gegenteil besagen?«
    »Ich? Nein, natürlich nicht!« Sie hatte überhaupt keine Erinnerungen an die Fahrt, und das wusste er auch, der unverschämte Kerl.
    »Richten Sie Gudrun also aus, dass ich sie gerne sehen würde?«
    »Sicher. Aber ich kann nichts versprechen. Sie ist sehr beschäftigt.«
    Sie sah ihm nach, wie er in Richtung Rheinhalle davonschlenderte. Seine Beine wippten leicht beim Gehen, und seine Arme bewegten sich im Takt dazu, es sah aus, als tanzte er weg.

III.
    Mira hätte direkt am Restaurant in die Elektrische einsteigen können, aber die Besuchermassen drängten sich so dicht auf dem Trottoir, dass sie es vorzog, durch die Altstadt zum Hindenburgwall zu gehen. Die holprigen Kopfsteinstraßen lagen still und verlassen da, und über den engen Gassen beugten sich die hohen Gebäude zueinander. Nur vor dem Uerige standen ein paar Männer und hielten sich an ihren Biergläsern fest.
    Wie antiquiert die verwinkelten Gassen mit den schiefen Häusern wirkten im Vergleich zu den stolzen, neuen Ausstellungsgebäuden am Rheinufer. Mira fragte sich wirklich, warum überhaupt noch jemand in diese verräucherten, düsteren Altstadtkneipen ging, wenn man stattdessen in der Rheinterrasse essen konnte, wo alles hell, sauber und modern war. Mit Schaudern erinnerte sich Mira an den Goldenen Ochsen, wo sie vor einem halben Jahr noch gearbeitet hatte. An die verstaubten Spinnweben über der Theke. Nein, da war die Rheinterrasse doch wirklich etwas ganz anderes.
    Als Herr Kiesemann sie damals eingestellt hatte, hatte sie sich gefreut, als habe sie in der Lotterie gewonnen. Zweiundzwanzig Mark verdiente sie in der Woche, fünf Mark mehr als Gudrun im Kaufhaus Tietz bekam. Es war keine leichte Arbeit, besonders jetzt im Sommer, wenn man schon in der Frühe ins Schwitzen kam. Und Schweiß, das predigte Herr Kiesemann ihnen immer, wollen unsere Gäste nicht sehen und nicht riechen. Also wuschen sich die Mädchen jedes Mal mit Essigwasser unter den Achseln, wenn sie austreten mussten, und danach spritzten sie sich Parfüm auf die Haut, das den Geruch einigermaßen verdeckte. Mira selbst neigte glücklicherweise nicht sehr zum Schwitzen, ganz im Gegensatz zu der armen Hilde Kanzinger.
    An der Haltestelle am Wilhelm-Marx-Haus fuhr mit lautem Bimmeln die Elektrische vor, Mira eilte mit schnellen Schrittenhinüber, sie stellte sich hinter den anderen Wartenden an, aber als sie an der Reihe war, stieg sie doch nicht ein. Vor ihrem Gesicht zog der Schaffner schwungvoll die Tür zu, dabei musterte er sie misstrauisch durch das braun gestrichene Holzfenster, als erwartete er, dass sie sich im letzten Moment doch noch in den Wagen drängen würde. Sie lächelte ihn an; als er nicht zurücklächelte, zog sie eine Grimasse, die er ebenfalls nicht erwiderte.
    Sie war nicht eingestiegen, weil ihr plötzlich ihre kleine, dunkle Dachkammer eingefallen war. Die Luft, die sich den ganzen Tag lang voll Hitze gesogen hatte und jetzt schwer und faul im Raum lag wie schlechter Atem und nur darauf wartete, dass Mira die Tür öffnete. Und die Stille im Raum, die alles erdrückte. Von draußen würde man Geräusche hören, aus den anderen Wohnungen, aus dem Treppenhaus, von der Straße, aber in Miras Kammer wäre es still. Nein, dachte Mira. Gudrun hatte heute ihren letzten Tag im Kaufhaus Tietz, sie würde die Freundin auf eine Tasse Tee einladen.
    Nach der flirrenden Helligkeit der Straße war es im Kaufhaus kühl und still wie in einer Kathedrale. Hohe Regale aus Nussbaumholz zerteilten den Raum in schmale Gänge. Hinter langen Theken standen Verkäufer in eleganten Anzügen, Ladenmädchen in weißen Blusen und schwarzen Jacken, kerzengerade, ernst, erwartungsvoll.
    Zwischen den Nussbaumtheken flanierte die Kundschaft. Die Damen trugen knöchellange schmale Röcke, die Herren Strohhüte und Spazierstöcke unter dem Arm. Zielstrebig traten sie vor diesen Ladentisch oder vor jenen, und sofort erwachten die Verkäufer aus ihrer Starre. Einen Augenblick später sah man sie wieselflink auf hohen Leitern an den Regalen emporklettern, seltsamerweise schienen die verlangten Artikel immer ganz oben zu liegen, dann breiteten sie die Waren auf den Theken aus, Oberhemden, Blusen, Handschuhe, Schals. »Bitte beachten Sie das exklusive Material, reine Wolle. Eines unserer Reklameangebote, im letzten Sommer kostete es noch dreißig, nun bekommen sie das gute Stück schon für

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