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Zitronen im Mondschein

Zitronen im Mondschein

Titel: Zitronen im Mondschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mayer Gina
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Verstand verloren habe, ob Ludwig sie betrogen habe.
    Sie antwortete in jedem Fall kurz und knapp, dass sie es sich anders überlegt habe. Auch Ludwig gegenüber sagte sie das, aber natürlich glaubte er ihr nicht. »Du hast etwas geträumt, und deshalb willst du mich nicht mehr haben«, sagte er.
    »Es geht nicht, Ludwig«, sagte sie. »Du machst alles nur noch schlimmer, wenn du versuchst, mich von etwas anderem zu überzeugen.«
    »Maria«, sagte er und versuchte sie dabei festzuhalten, aber sie wich ihm aus. »Es war doch nur ein Traum, ein Hirngespinst, nichts Reales.«
    Sie presste die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. Er flehte und bettelte, weinte und drohte, sie zeigte keine Regung mehr. Sie wusste, dass das die einzige Möglichkeit war, die Sache zu beenden.
    Alles andere würde er nicht verstehen. Keiner verstand das. Dass der Traum, den sie geträumt hatte, durchaus real gewesen war, realer als manch anderes, das man mit den Händen anfassen und hin und her drehen und von allen Seiten betrachten konnte. Dass da etwas in ihrem Inneren war, das ihn vernichten würde. Dabei hatte er es doch eigentlich schon erkannt, in dem Bild, das er von ihr gemalt hatte – ihr schroffes, hartes Inneres.
    Eine Woche vor dem angesetzten Hochzeitstermin verließ Ludwig Wunder den Zirkus. An einem Morgen packte er seine Sachen und ging, ohne sich von irgendjemandem zu verabschieden – auch nicht von Maria.
    Mirko kam am Abend in Marias Zelt. Maria wollte ihn nicht sehen, sie wollte überhaupt keinen sehen außer Ludwig Wunder, der aber war nun weg. So hatte sie es ja gewollt. Die anderen Zirkusleute wollten Maria auch nicht sehen. Sie machten einen Bogen um ihr Zelt und rückten von ihr ab, wenn sie zu den Mahlzeiten ans Feuer kam oder um Kaffee zu holen. Ludwig Wunder war beliebt gewesen, obwohl er von außen dazugekommen war. Wie Maria, die man schließlich auch mit offenen Armen empfangen hatte. Jetzt aber hatte sie die Verlobunggelöst, kurz vor der Hochzeit, ohne einen Grund, ohne eine Erklärung, und das gefiel den Leuten nicht.
    Mirko nahm auf dem kleinen Schemel Platz, und Maria setzte sich aufs Bett, da es keinen zweiten Stuhl gab. Sie schwiegen sehr lange, weil Mirko niemals ein Gespräch begann, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ, und weil Maria es ihm so schwer wie möglich machen wollte. Vielleicht geht er wieder, dachte sie, während sie ihn durch den grauen Schleier ihrer Wimpern hindurch beobachtete, ohne den Kopf dabei zu heben. Er war so klein, dass seine Füße eine Handbreit über dem Boden baumelten, obwohl der Schemel wirklich niedrig war. Sein Körper war der eines achtjährigen Kindes, aber sein Kopf war erwachsen, er wirkte im Vergleich zu dem schmächtigen Rest sogar noch riesiger. In den letzten Wochen hatte er sich einen Bart stehen lassen, das dunkelbraune Haar gab seinem Gesicht etwas Würdevolles und ließ die Gestalt insgesamt noch seltsamer, noch lächerlicher erscheinen.
    »Was hat sie dir gesagt?«, fragte er schließlich.
    Sie zögerte einen Moment lang, aber dann merkte sie, wie froh und erleichtert es sie machte, dass er Bescheid wusste und dass sie ihm nichts vormachen musste. »Sie hat gesagt, dass etwas in mir ist, das ihm den Tod bringt«, flüsterte sie und spürte, wie ihr dabei ein Schauder über den Rücken lief.
    »Das hat sie gesagt?« Mirko schien ehrlich überrascht, er schüttelte den Kopf und dachte eine ganze Weile lang darüber nach. »Vielleicht hast du sie falsch verstanden.«
    »Nein, das hat sie gesagt und nichts anderes.«
    »Deshalb hast du deinem Kerl also den Laufpass gegeben?« Deinem Kerl, sagte er, als ob Ludwig irgendein dahergelaufener Bursche gewesen wäre. »Oder hat sie dir das auch befohlen?«
    Sie fragte sich plötzlich, was Mirko von Ludwig hielt. Ob er ihn gemocht hatte. Und ob er sie, Maria, überhaupt mochte oder ob er sie nur akzeptierte, weil sie zusammen gutes Geld verdienten. »Nein«, sagte Maria. »Aber wie könnte ich ihn heiraten, wenn ich ihm doch den Tod bringe?«
    Der große Kopf starrte auf die kleinen spitzen Knie. Sie hattedas Gefühl, dass Mirko ihr etwas sagen wollte und nach den richtigen Worten suchte.
    Plötzlich kam ihr ein Gedanke. »Ist sie dir etwa auch erschienen?«
    Er hob den Kopf und sah sie an. Seine braunen Augen schienen plötzlich stumpf und erschrocken, aber vielleicht täuschte sie sich auch, vielleicht war es nur die Dunkelheit, die von draußen in das Zelt drang und sich wie ein Schleier zwischen sie

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