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Zitronen im Mondschein

Zitronen im Mondschein

Titel: Zitronen im Mondschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mayer Gina
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lieber suchte er sich selbst einen Galeristen und beteiligte sich hin und wieder an kleineren Ausstellungen. Es ging nicht gut, aber es ging.
    Das Romanische Café hatte sich in der letzten halben Stunde bis zum Bersten gefüllt. Während sie über Liebermann und die Secession gesprochen hatten, war die Vielsen mit ihrem Likörglas in der Hand zum Künstlertisch gegangen, aber da war kein Platz für sie, man beachtete sie auch gar nicht, also setzte sie sich an einen Tisch im Nichtschwimmerbereich und blickte sehnsuchtsvoll zu Ludwig und Pechstein.
    Hoffentlich lässt sie uns in Ruhe, dachte Ludwig.
    Dann erschien Herwarth Walden, Ludwigs Galerist, winkte ihnen zu und setzte sich zwischen Paul Cassirer und Liebermann. Wenn er hier war, dann war es so gut wie sicher, dass die Lasker-Schüler nicht mehr auftauchen würde. Nach ihrer Scheidung von Walden mied sie jedes Zusammentreffen mit ihm. Ludwig fragte sich, ob sie und Walden sich absprachen, denn aus irgendeinem Grunde erschien entweder sie oder er im Café, aber niemals beide zusammen.
    Pechstein hatte inzwischen seine Bierflasche geleert und klopfte nun seine Pfeife im Aschenbecher auf dem Tisch aus. »Ich finde es heute geradezu unerträglich hier«, sagte er, ohne die Augen von der Asche zu wenden. »Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich für meinen Teil mache mich lieber auf den Weg.«
    Ludwig dachte an sein kaltes, dunkles Zimmer, der Ofen war inzwischen längst ausgegangen. »Wo willst du denn jetzt noch hin?«
    »In den Neuen Club.«
    »Gibt es dort etwas Besonderes?« Bis zu den Versammlungsräumen des Neuen Clubs in der Köthener Straße war es weit. Vom Kurfürstendamm nach Kreuzberg war man gut eine Dreiviertelstunde unterwegs, wenn man zügig ging, und draußen war es kalt.
    »Wir teilen uns eine Droschke«, sagte Pechstein, der offensichtlich das Gleiche dachte.
    »Ich habe kein Geld mehr übrig für eine Droschke«, meinte Ludwig achselzuckend.
    »Dann spendiere ich dir die Fahrt. Und ein Bier bei Rosa, wenn du nur mitkommst. Im Übrigen hab ich vielleicht einen lukrativen Auftrag für dich, wenn du Geld brauchst.«
    »Worum geht es denn?«, erkundigte sich Ludwig, während er die Groschen für das Bier und die Bulette auf den Tisch legte.
    »Castenow«, sagte Pechstein und stand ebenfalls auf.
    »Kenne ich nicht.«
    »Ein Fabrikant für Seidenstrümpfe. Lässt sich gerade ein neues Haus bauen, ach, was sag ich, einen Palast. In Charlottenburg, hinter dem Schloss, piekfeine Gegend.«
    »Und was soll ich dabei? Steine klopfen?«
    »Fresken«, sagte Pechstein. »Im Treppenhaus wünscht er sich Fresken im griechischen Stil. Wie in Pompeij, hat er zu mir gesagt.«
    »Pompeij in Griechenland? Wie geht denn das zusammen?«
    »So sind sie eben, die Herren Unternehmer«, seufzte Pechstein. »Aber er ist stinkreich, und ich selbst kann den Auftrag leider nicht annehmen, hab was anderes vor. Also, willst du nun oder nicht?«
    »Sicher will ich. Das ist doch keine Frage.«
    Während sie sich einen Weg zwischen den dicht besetzten Tischen hindurchbahnten, sah Ludwig aus dem Augenwinkel, wie die Vielsen ihren Stuhl zurückschob und aufstand. »Achtung,die Vielsen«, zischte er Pechstein zu. »Wenn wir nicht zügig machen, erwischt sie uns.«
    »Du gütiger Himmel! Nichts wie weg.« Pechstein zog hastig Hut und Mantel von der Garderobe. »Mierken hat sie endgültig abblitzen lassen, und wie es scheint, hat sie heute Abend auch sonst keinen Erfolg gehabt.«
    »Und nun will sie ihr Glück bei uns versuchen.« Ludwig war schon bei der Tür. Ohne sich umzusehen, ob Pechstein ihm auch folgte, bahnte er sich durch eine gackernde Herde hereindrängender Tippfräulein und Telefonistinnen einen Weg nach draußen.
     
    »Danke vielmals«, keuchte Pechstein, als er ihn kurz darauf wieder einholte. »Sehr nobel von dir, den Freund im Angesicht des Feindes wehrlos zurückzulassen, um die eigene Haut zu retten. Es hätte mich fast erwischt, dieses männermordende Ungeheuer.«
    »Hab dich nicht so, dir kann sie doch nichts anhaben. Bist doch verheiratet. Bei mir sieht es ganz anders aus.«
    »Wo denkst du denn hin.« Pechstein wischte sich mit einem Taschentuch über Stirn und Nacken. Dabei wehte hier draußen ein so eisiger Wind, dass sich der Schweiß ohnehin schon verflüchtigt hatte. »Die Vielsen schert sich doch nicht um Eheringe. Wenn die einen Mann ohne Begleitung sieht, ist es um sie geschehen.« Er pfiff auf zwei Fingern nach einer Droschke, deren Fahrer ihn aber

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