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ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
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Gläsern leistete, die ich gleich draußen
aufsetzte.
    Mit
dieser Brille fühlte ich mich gegen mitleidige oder aufdringliche Blicke besser
geschützt. Ich konnte mich dahinter verstecken und meinerseits ungeniert die
Entgegenkommenden abtaxieren. Jetzt konnte ich "Posh" Beckham mit
ihrer Vorliebe für überdimensionierte Brillen viel besser verstehen! Obwohl ich
einerseits meinen Behindertenstatus völlig negierte, ertappte ich mich dabei,
zu überlegen, ob mir dieser Stadtbummel allein auch gelingen würde.
Vorausgesetzt ich könnte autofahren, wäre es bis jetzt möglich gewesen. Allerdings
käme ich ohne Elektrorollstuhl nicht allzu weit, denn die Gummireifen liefen
auf dem Kopfsteinpflaster nicht besonders gut und ich half Sabine nach Kräften
beim Schieben.
     
    Meine
einigermaßen stabile Gemütslage geriet jedoch sehr schnell ins Wanken, als wir
eine dieser Edelboutiquen ansteuerten, in denen wir beide des Öfteren stöberten
und auch schon einige schicke Teile gekauft hatten. Die wenigen im Schaufenster
ausgestellten Designerstücke prangten auf Puppen ohne Kopf, damit potentielle
Käuferinnen auch wirklich nur diese bewunderten und nicht etwa von
Plastikgesichtern mit Perücken abgelenkt werden konnten. Entschlossen steuerte
Sabine mit mir den Eingang an. Der bestand aus zwei schweren Glastüren, die man
nach außen aufziehen musste. Hätte ich alleine nie aufbekommen, das war ein
eindeutiger Fall von Behindertenbenachteiligung!
    Wie
ich aber gleich erfuhr, steckte ein gewisses Kalkül dahinter. Eine perfekt
angezogene und geschminkte Verkäuferin (die musste neu sein, ich hatte sie noch
nie hier gesehen), die innen gerade im Schneckentempo Ware auf einem Ständer
drapierte, sah ungerührt zu, wie Sabine sich abmühte, den schweren Türflügel zu
öffnen und mich hindurch zu schieben. Als ein vorüber eilender Mann uns
zuvorkommend half, indem er die Tür aufhielt und wir schließlich im Inneren
standen, betrachtete uns die rührige Salesmanagerin auf ihren
Zwölf-Zentimetern-Absätzen von oben herab mit angewiderten Gesichtsausdruck, so
als ob wir sie gerade um eine milde Gabe gebeten hätten. Wenn ich stehen
könnte, dachte ich gehässig, wäre sie trotzdem kleiner als ich!
      Hinter ihr führten drei Stufen in das Innere
des Geschäfts und zu den Umkleiden.
    "
Unser Geschäft ist nicht rollstuhlgeeignet, tut mir aufrichtig leid!"
heuchelte sie mit falschem Bedauern in der Stimme. Deutlich war heraus zu
hören, dass wir beide aufgrund unseres banalen Outfits für sie keine
potentiellen Kundinnen darstellten und es ihr deshalb sehr lieb wäre, wir
würden ihrem Laden schleunigst den Rücken kehren, bevor wir andere kaufkräftige
Personen durch mein Handicap abschrecken könnten.
    Mir
reichte es, am liebsten hätte ich dieses Geschäft sofort verlassen. Sabine ließ
sich davon nicht beeindrucken.
      " Wir würden uns gerne mal umsehen",
sagte sie in bestimmten Tonfall, fuhr mit mir an den nächsten Kleiderständer
unterhalb der Stufen. Zusammen sahen wir die teuren Seidentücher durch, die
dort ausgestellt waren. Die Sales-Tante presste ihre lila angemalten Lippen
missbilligend zusammen.
    Während
Sabine mir ein buntes Seiden-Tuch im Wert von 400 Euro (das war es definitiv
nicht wert, in der Rehawerkstatt hatte ich wahrlich schönere gesehen) an den
Hals hielt, flüsterte sie mir zu: "Von der Scharteke lassen wir uns nicht
beeindrucken, kapiert? Die hat bloß Minderwertigkeitskomplexe. Wir zeigen der
jetzt, wo der Hammer hängt!" Sie richtete sich auf, warf das Tuch achtlos
über den Ständer und sagte laut:
    "Ich
suche einen hellen Hosenanzug in Größe 36, haben Sie so etwas da?"
     
    Die
folgenden zwanzig Minuten ließ meine Freundin die Ladenhüterin für ihre
Hochnäsigkeit schwer büßen. Sie beschäftigte sie ohne Unterlass, belegte eine
Umkleidekabine mit Beschlag und spielte die anspruchsvolle Kundin, der nichts
zusagte. Ich stand derweil am Fuße der drei Stufen und spielte mit, indem ich
jedes Mal, wenn Sabine mit einem neuen Teil am Leib vor die Kabine trat,
energisch den Kopf schüttelte und ihr durch meine Mimik zu verstehen gab, dass
ihr das absolut nicht stehen würde   Es
begann, mir Spaß zu machen, vor allem da ich sah, wie es der arroganten
Verkaufskraft stank, uns nicht einfach vor die Tür setzen zu dürfen! Im
hintersten Eck ihres kleinlichen Verstandes lauerte immer noch die Hoffnung auf
einen eventuellen Umsatz.
    Die
Szene erinnerte mich fatal an meinen Lieblingsfilm "Pretty

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