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ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
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räumen.
    Geradezu unterwürfig begann sie danach,
ihrer Tochter beim Umziehen zu helfen. Fasziniert beobachtete ich, wie diese
untätig da saß und sich tatsächlich von ihrer Mutter wie eine Dreijährige ihren
Pulli über den Kopf und die Jeans nach unten ziehen ließ. In ihrer verwaschenen
rosa-grauen Unterwäsche sah man ihre vielen Speckröllchen, die vorher von der
engen Jeans einigermaßen Schach gehalten worden waren, noch deutlicher. Als sie
endlich ihren Schlafanzug trug, übrigens ein   rosa   Modell aus Frottee mit einem
eingestickten Häschen auf der Brust, sank sie mit einem erleichterten Seufzer
in die Kissen, um erschöpft die Augen zu schließen. Ihre Mutter bemühte sich,
leise umher zu huschen, ihr das Nachtkästchen einzuräumen und stellte zum
krönenden Abschluss ein paar Plüsch-Hausschuhe, jetzt raten Sie mal, welche
Farbe die hatten? -   neben das Bett, bei
denen die Vorderteile aus zwei Hasenköpfen mit Schlappohren bestanden. Fehlte
nur noch ein rosa Mützchen mit Hasenschlappohren, dann hätte sie ausgesehen wie
ein übergewichtiger Bugs Bunny.
     
    Ich gab vor, zu lesen, interessierte
mich aber viel mehr für das, was neben mir abging und schielte zum Nachbarbett.
Die Mutter stellte vorsichtig eine Flasche Mineralwasser auf das Nachtkästchen,
die beim Abstellen auf dem Metall etwas schepperte. Die leidende Tochter riss
die Augen auf und fuhr ihre Mutter unwirsch an: „ Mensch, pass doch auf, und
mach nicht so einen Lärm. Mein Kopf dröhnt sowieso schon unerträglich.“ Die
Mama war untröstlich, dass sie ihrem Liebling, wenn auch unabsichtlich,
Unannehmlichkeiten bereitet hatte und entschuldigte sich überschwänglich.
Schließlich war sie mit ihren Butlerdiensten fertig und stand unschlüssig im
Raum.
    „ Kann ich dir noch irgendetwas Gutes
tun, Häschen?" Ich fragte mich unwillkürlich, ob sie ihre Klamotten wegen
ihres Spitznamens ausgesucht hatte oder dieser aufgrund ihrer Vorliebe für Häschen-Klamotten
entstanden war…..Häschen öffnete träge die Augen. Gnädig genehmigte sie: „
Nein, du kannst jetzt gehen, Mama.“ Mama ergriff ihre riesige altmodische
Handtasche und sah zu mir herüber.
    “ Dann fahre ich jetzt nach Hause. Wenn
irgendetwas ist, rufe mich an. Und vielleicht kann dir ja auch Frau Salten
helfen, wenn du   etwas brauchen
solltest?“ Fragend lächelte sie unsicher in meine Richtung. Ich verspürte
Mitleid mit dieser aufopferungsvollen Frau, musste sie aber leider enttäuschen.
    „ Ich würde gerne behilflich sein, aber
meine Möglichkeiten sind begrenzt, da ich halb gelähmt bin und nicht mal mein
Bett allein verlassen kann.“
      Ich interessierte mich mittlerweile brennend
dafür, an welcher schweren Krankheit „Häschen“ litt, dass sie derart viel Hilfe
benötigte. Die hatte sich bei meinen Worten erwartungsvoll halb in ihrem Bett
aufgerichtet. Während ihre gestresste Mama nach einem kurzen Gruß sorgengebeugt
hinausging– jetzt hatte ihr Häschen leider keine Kammerzofe im Zimmer – starrte
dieses mich neugierig an und fragte unverblümt: „ Was haben Sie denn?“ Ohne
sich auch nur im Geringsten für meine Antwort zu interessieren, erzählte sie
mir ungefragt, sie   sei gelernte
Friseurin, habe aber schon seit Jahren immer wieder furchtbare Kopfschmerzen,
die sie, so wörtlich, fast umbrächten.
    „ Deshalb bin ich schon seit drei
Jahren arbeitsunfähig und wohne wieder bei meinen Eltern. Wissen Sie,“ erklärte
sie mir verschwörerisch, “ die Ärzte sind bisher nicht darauf gekommen, was es
sein könnte. Aber ich kann mich nicht im Geringsten belasten, bei der kleinsten
Anstrengung geht es los. Deswegen hat mich mein Hausarzt hier eingewiesen,
damit sie ein paar Tests machen können. Vielleicht ist es ja ein Hirntumor?“ Theatralisch
drückte sie ihre fleischigen Handflächen an ihre Schläfen. So hoffnungsvoll, wie
sie klang, wäre dies das Nonplusultra. Ein Hirntumor! Damit hätte sie endlich
eine konkrete Krankheit und nicht „nur“ Kopfschmerzen gehabt. Ich konnte mich
gewaltig irren, aber angesichts dessen, was ich bisher mitbekommen hatte, lag
hier ein Fall von massiver Hypochondrie vor.
     
    Mein Verdacht verstärkte sich, als etwa
zehn Minuten später eine junge Assistenzärztin   unser Zimmer betrat. Sie stellte sich meiner
Nachbarin kurz vor und grüßte freundlich zu mir herüber. Frau Dr. Amendt war
auch schon bei mir gewesen und hatte mich routinemäßig untersucht, als ich neu
auf diese Station gekommen war. Sie

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