Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
Vom Netzwerk:
aber
soweit dachte er nicht. Und da er mit mir sowieso nirgendwohin fahren wollte,
würde ich mich wieder in mein Bett begeben!   Ich saß seit heute früh um sieben im Rollstuhl und mein verlängerter
Rücken beschwerte sich mit ziehenden Schmerzen.  
    Ich klingelte und gerade als mir
Hannah, eine junge Lernschwester, zurück ins Bett half, kam Mark zurück.
Erschrocken fragte er in der Tür: "Christina, geht’s dir nicht gut? Warum
legst du dich hin?" Weil ich müde und fertig bin, mir der Allerwerteste
brennt wie Feuer und mir mein ganzes Gestell weh tut, weil ich noch Kraft für
heute Abend brauche und du das nicht mal annähernd nachvollziehen kannst! lag mir
auf der Zunge. Aber das konnte ich so ungeschminkt keinesfalls bringen: Also
atmete ich tief durch und erklärte ihm in wesentlich vornehmeren Worten als
oben formuliert meinen Zustand. Er verstand nur, dass ich müde war und schon
befand er sich wieder im Aufbruch. Klar, drei Stunden in der Geschlossenen
reichten völlig! Da musste er sich doch mittels einer flotten Fahrt in seinem
Porsche zuhause in unserer eleganten Wohnung bei einem Glas Chardonnay erholen,
damit er morgen in der Kanzlei wieder einsatzfähig sein würde! Da er heute am
Samstag bei mir seine kostbare Zeit verschwendet hatte (so hatte er es der Ehrlichkeit
halber nicht gesagt, war meine Interpretation), musste er am heiligen Sonntag
ran. Wochenendarbeit war in der Kanzlei nichts Ungewöhnliches…Mit dem
Versprechen, am Mittwochnachmittag wieder zu kommen, entschwand er in die Welt
der "Normalos".
     
    Seit wann war ich ihm gegenüber
eigentlich so sarkastisch? Hatte mich sein Verhalten früher - als ich gesund
war - eigentlich auch schon zu derart boshaften Gedanken animiert?   Nein, wenn ich mir das so überlegte, hatte ich
zu ihm aufgesehen. Ich war überglücklich darüber gewesen, dass ich mit so einem
Prachtexemplar von Mann zusammen leben durfte, dass er mich sogar heiraten
wollte. Als ich ihn zum allerersten Mal in den Hörsaal einlaufen sah, ging es
mir wie den meisten Mitkommilitoninnen: Er wirkte derart lässig, selbstsicher
und scharf, dass uns allen buchstäblich das Wasser im Mund zusammenlief.
    Und ich fühlte mich total
geschmeichelt, dass er sich ausgerechnet neben mich setzte und mich unverhohlen
anmachte. Zuerst hatte ich mich noch vorsichtig zurückhaltend benommen:
Vermutlich wollte er mich lediglich seiner Trophäensammlung einverleiben, sprich:
mich einmalig in sein Bett zerren. Aber ich hatte ihn unterschätzt. Er war auf
eine ernsthafte Beziehung aus. Und wir passten gut zusammen, waren beide
beruflich äußerst ehrgeizig und harmonierten auch sonst hervorragend. Ich bewunderte
sein gutes Aussehen und seine Intelligenz, fand es super, dass er sich sehr
pflegte - er verbrachte morgens mehr Zeit im Badezimmer als ich - und fühlte
mich sexuell total von ihm angezogen.
      Aber
all diese Eigenschaften hatten im Umgang mit Behinderten überhaupt keine
Relevanz. Da zählte nur Einfühlungsvermögen, aufopfernde Liebe und auch
Selbstüberwindung. Charakterzüge, die ich an nahezu allen hier anwesenden
Pflegenden, ob hauptberuflich oder als Angehöriger, täglich im Übermaß   bewundern konnte. Sie beherrschten diese
Gratwanderung zwischen notgedrungener Bevormundung und den anderen dennoch als
eigenständiges Individuum mit Menschenwürde anzuerkennen, perfekt. Mir schwante,
dass mein hiesiger Aufenthalt vermutlich die größte Bewährungsprobe unserer
Beziehung werden könnte. Und ich hoffte inständig, dass wir diese Probe bestehen
würden.

Kapitel Dreizehn
     
    Nach einem langweiligen Sonntag, den
ich für viele Telefonate mit Eltern, Freunden und Bekannten nutzte, war endlich
der Montagmorgen da und meine diversen Therapien begannen.
    Vorne am Empfang hing ein überdimensionaler
Stundenplan für die gesamte Woche, auf dem mit bunten Farben die Therapien der
einzelnen Patienten mit Uhrzeit verzeichnet waren.   Nur wenige waren in der Lage, diesen Plan für
sich lesen und erfassen zu können, die meisten wurden von den Pflegekräften zu
ihren Terminen gefahren und wieder abgeholt. Mit Schaudern sah ich bei
einzelnen Namen gleich morgens das Wort   "Toilettentraining"
stehen. War ich froh, dass mir das erspart blieb! Bei mir ging es um neun los
mit Physiotherapie. Für die Frühreha gab es eine eigene Abteilung auf der
Station.
    Ich manövrierte meinen Rolli in einen
großen Saal, der ein bisschen aussah wie eine Turnhalle und in dem etwa zehn
Liegen

Weitere Kostenlose Bücher