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ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
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Stuhl festgeschnallt ist? " fuhr ich ungerührt fort
    ."Das ist Elisa, eine dreiundzwanzigjährige
Sportstudentin, die mit ihrer Freundin zusammen Leichtahtletik-Turniere
absolviert ist. Sie hat jede Menge Medaillen zuhause. Aber beim letzten Turnier
vor einem halben Jahr ist sie mitten auf der Laufstrecke bewusstlos zusammen gebrochen.
Ihr Gehirn war zu lange ohne Sauerstoff, weil ihre Atmung aussetzte. Und das,
obwohl sie sich regelmäßig vom Sportarzt hat durchchecken lassen. Sie hatte
wohl eine unerkannte Virusinfektion, deshalb der Kreislaufzusammenbruch. Ihr
Freund und ihre Eltern, die sie jeden Tag besuchen   ( den Satzteil betonte ich extra), haben mir erzählt, dass man nicht weiß, ob sie geistig
überhaupt etwas mitbekommt. Sie ist an allen vier Gliedmaßen gelähmt und kann
ihre Ausscheidungen nicht kontrollieren. Ihre Mutter wickelt sie wieder wie
früher als Baby, und wenn man sie vom Bett in den Rollstuhl setzt oder sie zur
Physiotherapie muss, schreit sie vor Angst und weint wie ein kleines
Kind." Meine neu erworbenen Kenntnisse ausspielend erklärte ich:
    "Zusammenfassend kannst du davon
ausgehen, dass alle, die hier sitzen oder auf der Pflegestation im Bett liegen,
entweder Schlaganfallopfer sind, oder bei einer Operation durch Atemstillstand
oder Narkosefehler ein Schädelhirntrauma erlitten haben. Und die jungen Männer,
die du hier siehst, haben alle einen Gehirnschaden durch schwere
Verkehrsunfälle mit dem Auto oder Motorrad erlitten, weil sie zu schnell gerast
sind!"
      Letzteres brachte ich besonders genüsslich
vor, denn auch Mark war ein Geschwindigkeitsjunkie. Ich hoffte es nicht für
ihn, aber ich wollte ihm klar machen, dass auch ein "Macher" wie er
jederzeit hier landen konnte.
    So, jetzt konnte er sich überlegen, ob
er seine zimperliche Tour hier weiter verfolgen wollte! Ich hatte kein Mitleid
mit ihm. Er konnte hier im Gegensatz zu mir jederzeit raus spazieren und diese
Parallelwelt vergessen, ich nicht!
    Später, als wir ungestört in meinem
Zimmer saßen, wollte er vorwurfsvoll wissen, warum ich ihn nicht am Donnerstag,
nachdem ich hier angekommen war, angerufen hätte.
    " Ich habe mir Sorgen gemacht, ob
vielleicht auf dem Transport etwas schief gelaufen ist. Ich habe dann freitags
hier an der Rezeption der Klinik angerufen und die sagten mir, auf welcher
Station du bist."
    " Mark", begann ich geduldig,
obwohl schon wieder die Empörung in mir hochstieg. "Ich habe zwar ein
Telefon am Bett, muss aber dafür vorne am Haupteingang eine Telefonkarte aus
dem Automaten ziehen. Ich habe nur Geldscheine dabei, keinerlei Kleingeld und
komme auch nicht allein hier aus der Station heraus. Ich bin ja schon froh,
wenn ich meinen Rollstuhl von meinem Zimmer nach vorn zum Essen manövrieren
kann, zu weiteren Strecken fehlt mir die Kraft. Also musste ich einfach warten,
bis ich Besuch bekomme."   Er ließ
meine Erklärung nicht gelten.
      " Chris", er hatte schon wieder
diesen herablassenden Schulmeisterton drauf, "es gibt doch hier genügend
Schwestern, die darum bitten könntest. Oder auch Angehörige von anderen
Patienten."
    Mein Geduldsfaden riss abrupt.
      "Mark, du warst doch eben selbst vorne
und hast gesehen, wie pflegeintensiv die anderen sind. Das Personal ist hier
rund um die Uhr mit Wecken, waschen, Katheder legen, abführen, wickeln, füttern
und ähnlich anregenden Tätigkeiten beschäftigt. Und die Angehörigen haben genug
mit ihren Kranken zu tun. Ich will niemanden belästigen, auch für mich noch
Botengänge erledigen zu müssen."
    Und außerdem, setzte ich in Gedanken
hinzu, hättest du ja einfach mitkommen und mir helfen können, als ich hierher
verlegt wurde. Anstatt dich jetzt darüber aufzuregen, dass ich mich zwei Tage
nicht gemeldet habe! Das kommt bei dir doch andauernd vor! Froh darüber, irgendetwas
tun zu können, sprang er auf.
      "Ich
kümmere mich gleich darum. Und hole dir am Kiosk auch noch ein paar Zeitungen.
Brauchst du sonst noch was Bestimmtes?"
    Er war schon zur Tür draußen, als ich
leise murmelte:
      "Ja, einen einfühlsameren Mann!"
Gleichzeitig schimpfte ich mich für meine Ungeduld mit ihm. Ich sollte froh
sein, dass er überhaupt hierher kam und mich nicht hängen ließ.
    Aber dennoch ärgerte ich mich wirklich.
Wie gerne wäre auch ich mal aus dieser Station hier raus gekommen, und sei es
nur für zehn Minuten! Zu gerne hätte ich mal selbst das Angebot am Kiosk in
Augenschein genommen. Er hätte mich locker im Rollstuhl mitnehmen können,

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