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Zitronentagetes

Zitronentagetes

Titel: Zitronentagetes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Orlowski
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habe, haben Sie den Petersons hin und wieder geholfen. Finanziell ging es ihnen nicht besonders«, sagte Marc schließlich.
    Aurelia lächelte zaghaft. »Hat Curtis das erwähnt?« Auf sein Nicken hin fuhr sie fort. »Das sieht ihm ähnlich. Unterstützung klingt immer so furchtbar pathetisch. Manchmal bringe ich den Familien Lebensmittel oder kann bei den Behörden Unterstützung für sie beantragen. Mitunter haben diese Menschen bereits aufgegeben und sind nicht zu bewegen, zu den Ämtern zu gehen. Dann nehme ich die Sache in die Hand. Ich wünschte, ich würde über die Mittel verfügen, den Leuten Geld zu geben. Aber bei einigen wäre das vergebliche Liebesmüh. Sie würden es nur für Alkohol, Drogen oder Zigaretten ausgeben. Da ist es schon besser, man gibt den Kindern einen Korb mit Obst und Lebensmitteln. Nein, nein …« Sie wedelte mit der Hand. »Bei den Petersons wäre so was niemals vorgekommen.«
    Marc nickte unmerklich.
    »Scott ist sehr fleißig, aber die Therapie und die Medikamente haben einiges verschlungen. Da Liza permanent ihren Job verlor, war sie meistens auch nicht krankenversichert. Der übliche Kreislauf.«
    Er nickte erneut, als wüsste er, wovon Aurelia sprach. »Ist sicher nicht leicht für eine junge Familie, wenn …« Er gab vor, nach den richtigen Worten zu suchen.
    »Tja, Liza, war so eine nette junge Frau. Aber das Ausmaß ihrer Krankheit war manchmal beängstigend.«
    »Das kann ich mir vorstellen.« Den Teufel konnte er. Als sein Handy klingelte, verabschiedete er sich von Aurelia.
    »Ich werde Curtis ausrichten, dass Sie da waren.«
    Sein Vater meldete sich, um ihm zu sagen, dass er in der nächsten Woche wahrscheinlich schon seinen Wagen haben konnte. Seitdem trudelten seine Gedanken auf immer größeren Umlaufbahnen. Er dachte wieder an seine Panikattacke im Autohaus. Daran, wie George ihn angesprochen hatte.
    »Marc.« George legte ihm die Hand auf die Schulter. »Marc!«
    Zögernd wandte er ihm das Gesicht zu. »Flo? Flo, bist du da? Flo?«
    »Ich bin’s, Dad. Hab keine Angst, alles ist gut. Du hast es überstanden. Alles ist gut«, wiederholte George und schlang die Arme um ihn.
    »Entschuldige«, flüsterte Marc.
    Es war eben nicht alles gut – gar nichts. In seiner Brust steckte schmerzhaft ein Schluchzen fest. Besorgt hatte sein Vater ihn angesehen.
    »Das Ausmaß ihrer Krankheit« , hörte er nun im Geiste wieder Aurelia sagen.
    Etwas lauerte hinter diesen Worten. Die Bedeutung war zu flüchtig, als dass sie greifbar war. Da fiel ihm eine weitere Unterhaltung mit Dad ein, die sie über Ostern geführt hatten.
    »Weißt du, damals«, erklärte sein Vater, »war ich gekränkt und in meinem Stolz verletzt, als deine Mutter mich stets abwies. Aber aus heutiger Sicht würde ich sagen, dass Megan krank ist, ziemlich krank sogar. Die Fakten waren die ganze Zeit über da, direkt vor meiner Nase. Ich war viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt, um einen Zusammenhang herzustellen. Ihr sonderbares Verhalten in vielen Situationen, ihre permanenten Verletzungen, ihr Selbstmordversuch. Du hast es sicher nicht vergessen.«
    »Wie könnte ich? Ich war knapp achtzehn. Es war der Abend des Abschlussballs. Wenn mir Josh nicht geholfen hätte, ich weiß nicht …«
    »Hat sie immer noch so viele Verletzungen? Beispielsweise an den Armen?«
    Marc fuhr zusammen. »Was willst du damit sagen?« Als Dad nicht antwortete, fuhr er fort. »Du meinst, sie fügt sie sich selbst zu? Das ist nicht dein Ernst.«
    »Entschuldige. Ich sollte dich damit nicht belasten.«
    »Was soll der Quatsch? Ich stecke doch bereits mittendrin.«
    Genauso war es. Das Gefühl, dass eine Schlinge um seinen Hals lag, die sich langsam zusammenzog, ließ sich nicht abschütteln. Es war genau fünf Jahre her, als seine Baustellen sabotiert worden waren. Damals hatte er sich die Gefahr auch nicht nur eingebildet. Ein Junge war bei einer Messerstecherei getötet worden und mehrere Kinder und Josh stürzten vom Baugerüst, weil die Halterungen manipuliert worden waren. Dahinter hatte sein Vater gesteckt, der letztlich dafür in den Knast gewandert war. Auch wenn er George gerechterweise zugutehalten musste, dass tatsächlich eine Reihe von Verkettungen ineinandergegriffen hatten, die er unmöglich hatte voraussehen können. Aber das ungute Gefühl war geblieben und ihr Vertrauensverhältnis war empfindlich gestört. Warum wollte George ihm weismachen, dass seine Mutter krank war? Welche Krankheit sollte das sein?

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