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Zitronentagetes

Zitronentagetes

Titel: Zitronentagetes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Orlowski
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er Hilfe brauchte, und schickte ihm einen Pfleger.
    Als der warme Wasserstrahl auf seinen Rücken prasselte, frohlockte sein Innerstes. Nur der erneut einsetzende Phantomschmerz schwächte diese Wirkung.
    Der Vormittag verging mit einer gründlichen Untersuchung, dem Aufnahmegespräch mit Myers, der Anfertigung von Röntgenaufnahmen und dem unverzichtbaren Blutabzapfen im Nu. Die Quintessenz des Tages war, dass ihn am Nachmittag eine Physiotherapeutin abholte, um ihn in die Bäderabteilung zu karren.
    Auf den Fluren herrschte geschäftiges Treiben. Marc war erschüttert, wie viele Kinder und Jugendliche unter den Patienten waren.
    Die Therapeutin setzte ihn in eine Art Kran und er wurde in ein angenehm temperiertes Schwimmbecken eingelassen. Nach so vielen qualvollen Wochen war er endlich wieder in seinem Element. Ein paar der Scherben, die in ihm zerbrochen waren, fügten sich sanft wieder aneinander. Marc fühlte sich nicht mehr ganz so tief verwundet wie noch vor ein paar Tagen. Das Wasser trug ihn, er wusste es. Vertrauensvoll ließ er sich treiben.
     
    *
     
    Charly und Tyler flogen mit dem Helikopter zu einem außerhalb liegenden kleinen Flugplatz und von dort mit einer Chartermaschine nach New York.
    Charlotte hatte, wie zwischen ihnen abgesprochen, einen Termin im Kinderwunschzentrum vereinbart.
    Tyler dachte mit gemischten Gefühlen an das, was ihn erwartete. Am Gesicht der behandelnden Ärztin las er ab, dass sie ihn erkannt und vorher nicht gewusst hatte, um wen es sich bei Mr. O’Brian handelte. Der Name war schließlich nicht gerade selten. Er nahm auch ihre Bemühung zur Kenntnis, sich nichts anmerken zu lassen.
    Nach dem Gespräch wurde ihnen Blut abgenommen. Dann bat man sie jeweils in ein anderes Untersuchungszimmer. Die Begutachtung und das Abtasten der äußeren Geschlechtsteile sowie eine Ultraschalluntersuchung gehörten zum routinemäßigen Programm, erklärte ihm der Urologe. Wirklich aufschlussreich sei die Analyse der Spermien. Mit einem Becher bewaffnet schickte man Tyler in ein weiteres Zimmer.
    Der Raum hatte so gar nichts mit einer Gefängniszelle gemein, und doch überfiel ihn das gleiche, beklemmende Gefühl wie damals: eingeschlossen und beobachtet zugleich zu sein. Er spürte, wie sich sein Atem beschleunigte, und fuhr herum. Konzentrier dich auf die Heftchen, die hier liegen, befahl er sich und blätterte in den Hochglanzmagazinen. Die Minuten vergingen und zogen sich zäh dahin. Es war sinnlos. Was immer er hier trieb, er brauchte Charlotte. Seufzend überlegte er, wie er das anstellen konnte. Frustriert blickte er zur Tür.
    Plötzlich klopfte es leise. Unerhört, dass sie einem dafür auch nur ein gewisses Zeitlimit gaben.
    Erneutes Klopfen, begleitet von einer leisen Anfrage. »Tyler, bist du da drin ?«
    Er erkannte sofort ihre Stimme, öffnete die Tür einen Spaltbreit und zog sie rasch herein. Dann drehte er den Schlüssel zweimal herum.
    Charly schmunzelte. »Die üblichen Schwierigkeiten?«
    »Was soll das heißen?«, erkundigte er sich empört. »Ich habe keine üblichen Schwierigkeiten.«
    »Nicht?«
    »Ich muss schon sehr bitten.«
    »Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Ich dachte eigentlich daran, dass ich dir gefehlt habe.«
    »Ja«, gab er zu und machte ein bekümmertes Gesicht.
    »Du weißt, dass mich dein Dackelblick zum Schmelzen bringt. Gut, dann lass dir … helfen«, forderte sie ihn auf und öffnete den Knopf seiner Jeans.
    Kaum berührten ihn ihre Fingerspitzen, fiel die Sorge, er müsste vielleicht Tage in diesem Raum verbringen, von ihm ab.
     
    *
     
    Scott Peterson fuhr sich frustriert durch das Haar. Die Freude, seinen Job zurückzuhaben, war die reinste Farce. Doch es blieb ihm derzeit nichts anderes übrig, als den äußeren Schein zu wahren. Der oberste Boss, Joshua Tanner, hatte sich bei ihm erkundigt, wie er mit allem zurechtkam. Der Versuch, das Jobangebot auszuschlagen, indem er Naomi vorschob, die schließlich betreut werden musste, scheiterte kläglich.
    »Ihre Frau hat sich immer um die Kleine gekümmert, ich verstehe.«
    Noch am gleichen Tag bekam er einen Platz im firmeneigenen Kindergarten. Einen Fluch unterdrückend, bedankte er sich bei Joshua. Er wollte so schnell wie möglich weg aus dieser Stadt und nun so etwas.
    Der Werkstattleiter Ben Hanson hatte ihn auf dem Kieker. Die Aversion beruhte auf Gegenseitigkeit. Zweifellos hatte es sich längst herumgesprochen, dass Marc Cumberland persönlich dafür gesorgt hatte, dass er wieder

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