Zombie-Lover
muss.«
»Ja, ich verstehe sehr gut. Aber wenn wir genau sagen können, wo die Illusion sich befindet, müssten wir auch wissen, wo das Schloss steht.«
»Das verstehe ich nicht ganz. Aber wenn du einen Weg siehst, dann geh ihn.«
»Wenn du immer in die Richtung blickst, in der du das Schloss vermutest, und dabei auf und ab gehst, könnte ich meine Theorie prüfen.«
Also stand Breanna auf und ging auf und ab. Sie starrte dabei in die Richtung, in die der Weg führte, bevor er verschwand. Ihr e r schien es sinnlos, aber sie hatte keinen besseren Vorschlag zu m a chen.
»Jawohl«, sagte Justin. »Da sehe ich sie.«
»Wen siehst du?«
»Die fehlende Parallaxe.«
»Ich glaube, ich sehe nicht, was du siehst.«
»Ich will dir helfen. Gehe weiter und passe dich dabei an meine Sichtweise an.«
Breanna versuchte es, auch wenn sie gar nicht genau wusste, was. Plötzlich aber begriff sie, was er meinte: Die Bäume verschoben sich vor dem Hintergrund des Waldes, nur an einer Stelle nicht. Dort wirkten sie aus allen Winkeln genau gleich. Wie in einem Bild, wo die Perspektive feststand. »Das ist die Illusion!«, rief sie aus. »Das unbewegte Bild dort!«
»Ja, das sagt uns das Ausschlussprinzip. Wir können die Illusion nun durch fortgesetzte Parallaxenverschiebung eingrenzen und das Gebiet verkleinern, das wir absuchen müssen.«
»Du bist ziemlich schlau«, sagte Breanna bewundernd.
»Nein, ich bin nur alt und hatte viel Zeit zum Nachdenken.«
Durch Hin-und-her-Gehen verkleinerte sie das Gebiet rasch auf eine Größe, in die ein Schloss samt Graben gerade hineinpasste. Mithilfe des Stockes tastete sie sich an den Rand dieses Gebiets vor. Dort stieß der Stock gegen etwas Festes: eine niedrige Mauer. Sie stocherte weiter und fand hinter der Mauer festen Boden. Sie ging vorwärts.
Die Illusion verschwand. Das Schloss des Guten Magiers ragte in seiner ganzen Pracht vor ihnen auf. Sie hatten die Illusion besiegt.
Neugierig trat Breanna einen Schritt über die niedrige Mauer z u rück, die offensichtlich verhindern sollte, dass jemand aus Unb e sonnenheit in den Graben stürzte. Das Schloss verschwand, und Breanna hatte wieder den Wald vor sich. Sie trat über die Mauer, und das Schloss war wieder zu sehen.
Hier befand sich die Innengrenze der Illusion. Sie hatte nur einen Weg hineinfinden müssen; von innen wirkte sie nicht. Genau so, wie man ein Gemälde nicht sehen kann, wenn man auf die Rüc k seite schaut.
»Na, da haben wir uns gar nicht so schlecht geschlagen«, mu r melte Breanna. »Das haben wir nur deinem Einblick zu verdanken, Justin.«
»Und deinem Blick«, entgegnete er. Er schien genauso zufrieden zu sein wie sie.
»Wo ist Imbri?«
Die Mähre erschien in einem Tagträumchen. »Hier bin ich. Ich halte den Kontakt zwischen euch beiden aufrecht.«
»Aha, gut. Du bist einfach verschwunden.«
»Das liegt so in meiner Natur, außer wenn ich bei meinem Baum und me i nem Faun bin. Tagträume dauern selten lange.«
Das leuchtete Breanna ein.
Sie trat an die Zugbrücke, die herabgelassen war. Doch im näch s ten Moment wurde der Boden klebrig. Zuerst war es nur lästig, wurde aber mit jedem Schritt schlimmer, bis sie kaum noch die Füße heben konnte. Dann klebte sie am Boden fest.
»Ich glaube, wir haben die zweite Prüfung gefunden«, brummte sie. »Ich klebe im Schlamassel.«
»Kannst du zurückweichen und den klebrigen Fleck umgehen?«, fragte Justin.
Breanna versuchte es, doch nun kam sie keinen halben Schritt mehr vorwärts. »Nein. Ich Trottel bin immer weitergegangen, bis es zu spät war.«
»So ergeht es jedem, der auf das Unerwartete stößt.«
An diesem Baum war ein gewisses Etwas, das ihr sehr gefiel. Ihre Verwandten wiesen sie immer rasch zurecht, wenn sie einen Fehler beging; Justin ließ ihr Tun hingegen vernünftig erscheinen. »Und was nun? Soll ich die Schuhe ausziehen und springen?«
»Damit deine schönen Füße schmutzig werden? Nein. Wenn dies die zweite Prüfung ist, muss es einen besseren Weg gehen. Lass mich darüber nachdenken.«
Währenddessen geschah etwas neben der Zugbrücke: Der D e ckel einer großen Truhe hob sich langsam. Auf der Truhe war das Zeichen des Totenschädels und der gekreuzten Knochen. »Das ist kein gutes Omen«, murmelte Breanna. Würde ein Ungeheuer aus der Kiste steigen, um sie zu verschlingen, nun, da sie nicht davo n laufen konnte?
Ein Totenschädel schob sich hervor, gefolgt von einem Knochengerüst. Das Skelett blickte aus leeren Augenhöhlen
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