Zombieparade: Storys (German Edition)
Abschnitt und sah gerade, wie die ersten verwesenden Hände und Köpfe über das unfertige Bollwerk kamen.
[Wir bleiben stehen. Sie betrachtet die Steine unter unseren Füßen.]
Hier, genau hier. Sie bildeten eine Rampe und stapften auf ihren niedergetrampelten Kameraden herauf. Die Arbeiter wehrten sie mit allem ab, was sie hatten, mit Werkzeugen und Steinen, mit bloßen Händen und Füßen. Ich schnappte mir eine Ramme, die wir benutzten, um Erde zu stampfen. Eine Ramme ist ein klobiges, unhandliches Ding, eine Metallstange, einen Meter lang, mit Handgriffen an einem Ende und einem großen, sehr schweren zylinderförmigen Stein am anderen. Nur die größten und kräftigsten Männer unserer Arbeitstrupps arbeiteten mit der Ramme. Ich habe keine Ahnung, wie ich sie hochheben, zielen und damit zuschlagen konnte, immer und immer wieder, um den Zombies unter mir die Köpfe und Gesichter einzuschlagen …
Das Militär sollte uns vor solchen Überraschungsangriffen beschützen, aber zu der Zeit waren schlicht und einfach nicht mehr genügend Soldaten übrig.
[Sie führt mich zum Rand der Brüstung und zeigt zu einer ungefähr einen Kilometer südlich gelegenen Stelle.]
Da.
[In der Ferne erkenne ich gerade noch einen Steinobelisken, der aus einem Erdhügel ragt.]
Unter diesem Hügel liegt einer der letzten Kampfpanzer unserer Garnison. Der Besatzung war der Treibstoff ausgegangen, und sie nutzten ihn als Bunker. Als ihnen die Munition ausging, schlossen sie die Luken und machten sich selbst zu lebenden Ködern. Sie hielten noch lange durch, nachdem ihre Essensvorräte aufgebraucht und ihre Feldflaschen leer waren. »Kämpft weiter!«, riefen sie über das Funkgerät, das mit einer Handkurbel betrieben wurde. »Vollendet die Mauer! Beschützt unser Volk! Vollendet die Mauer!« Der Letzte von ihnen, der siebzehnjährige Fahrer, hielt einunddreißig Tage durch. Da sah man den Panzer nicht einmal mehr; er lag unter einem kleinen Berg von Zombies begraben, die sich plötzlich entfernten, als der Fahrer seinen letzten Atemzug getan hatte.
Zu dem Zeitpunkt hatten wir unseren Abschnitt
der Chinesischen Mauer fast fertiggestellt, doch die isolierten Angriffe gingen zu Ende, und die riesigen, unermüdlichen, nach Millionen zählenden Horden kamen. Hätten wir es von Anfang an mit diesen Massen zu tun gehabt, hätten die Helden der Städte des Südens nicht ihr Blut vergossen, um uns Zeit zu verschaffen …
Die neue Regierung wusste, dass sie sich von der distanzieren musste, die sie gerade gestürzt hatte. Sie musste sich eine Art von Legitimation im Volk verschaffen, und das war nur möglich, indem sie die Wahrheit sagte. Die isolierten Zonen wurden nicht durch »Tricks« zu Lockvögeln umfunktioniert wie in so vielen anderen Ländern. Man bat sie offen und ehrlich zurückzubleiben, während andere flohen. Es war eine persönliche Entscheidung, die jeder Bürger für sich selbst treffen musste. Meine Mutter traf sie für mich.
Wir hatten uns im ersten Stock unseres Fünf-Zimmer-Hauses in einer der ehemals exklusivsten Wohngegenden Taiyuans versteckt. Mein kleiner Bruder lag im Sterben; er war gebissen worden, als mein Vater ihn weggeschickt hatte, um nach etwas Essbarem zu suchen. Zitternd und bewusstlos lag er im Bett meiner Eltern. Mein Vater saß neben ihm und wiegte sich langsam hin und her. Alle paar Minuten
rief er nach uns. »Es geht ihm besser! Kommt her, fühlt seine Stirn. Es geht ihm besser!« Der Flüchtlingszug kam direkt an unserem Haus vorbei. Befehlshaber der Bürgerwehr klopften an jede Tür und fragten, wer mitkommen und wer bleiben würde. Meine Mutter hatte bereits eine kleine Tasche mit meinen Sachen gepackt: Kleidung, Essen, gute Wanderschuhe, die Pistole meines Vaters mit den letzten drei Kugeln. Sie kämmte mir das Haar vor dem Spiegel, wie wir es immer getan hatten, als ich noch ein kleines Mädchen war. Sie sagte mir, ich solle aufhören zu weinen und dass sie mir bald in den Norden nachfolgen würden. Sie hatte dieses Lächeln aufgesetzt, dieses starre, leblose Lächeln, das sie sonst nur Vater und seinen Freunden zeigte. Jetzt präsentierte sie es mir, als sie mich die zerschmetterte Treppe hinabließ.
[Liu macht eine Pause, atmet tief durch und legt die Klaue auf den harten Stein.]
Drei Monate, so lange brauchten wir, um die gesamte Mauer fertigzustellen. Von Jingtai in den westlichen Bergen bis zum Kopf des Großen Drachen am Meer von Shanhaiguan. Sie wurde nie durchbrochen, nie
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