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Zone One: Roman (German Edition)

Zone One: Roman (German Edition)

Titel: Zone One: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colson Whitehead
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die Schule oder einer seiner faden Jobs – verstrickt, und die anderen Schüler und die Lehrer, die Kollegen und Chefs waren tot. Tot und in einem Zustand massiven Verfalls, von der Seuche entstellt: Knochen, die bei jeder Bewegung unter straff gespannter Haut sichtbar hin- und herglitten, geschwärztes Zahnfleisch, das sie entblößten, wenn sie einen Witz erzählten oder der Situation ein neues, sie komplizierendes Element hinzufügten (die Prüfung findet heute statt, der Vorgesetzte ist auf dem Kriegspfad), ihre Wunden suppig und dunkelviolett. Sie nässten, nässten unaufhörlich aus Geschwüren, Augen, Ohren, Bisswunden. In den Träumen störte er sich nicht an ihrem Aussehen, sowenig wie sie. Sie teilten ihm mit, dass sie alle, nur er nicht, für den Test gelernt hätten, dass der große Auftrag nach dem Mittagessen und nicht erst nächste Woche fällig sei, dass die Leistungsbewertung bereits laufe, von geheimen Kameras unterstützt. Nicht dass er je in seinem Leben ein Mitarbeiterbeurteilungsgespräch gehabt hätte – es war ein neurotischer Flatterball, mit dem sein Unterbewusstes aufwartete, um ihm Angst zu machen, und dabei bediente es sich des exotischen Jargons echter Erwachsener. Sie waren nicht die tollwütigen Toten oder Versprengten. Sie verhielten sich weitgehend genauso wie vorher, sein bester Freund, sein hinterhältiger Naturkundelehrer, sein zerfahrener Chef. Abgesehen von der Sache mit der Seuche waren es die Träume, die er schon seit Jahren hatte.
    Die Träume veränderten sich, sobald er es bis zu seiner ersten großen Siedlung geschafft hatte. Er kam nicht mehr zu spät zur Abschlussprüfung eines Kurses, von dem er gar nicht wusste, dass er sich dafür eingeschrieben hatte, stand nicht mehr im Begriff, die große Präsentation vor den höheren Tieren zu halten, als er plötzlich merkte, dass er das einzige Exemplar der Unterlagen auf dem Rücksitz des Taxis hatte liegenlassen. Seine Träume entfalteten sich auf der Bühne des Alltäglichen. Es gab keine pulsbeschleunigende Eskalation der Ereignisse, nichts Nennenswertes, was auf dem Spiel gestanden hätte. Er nahm die Bahn zur Arbeit. Er wartete darauf, dass seine Pizza Peperoni in der Hektik der Pizzeria aus dem Ofen genommen wurde. Er quatschte mit seiner Freundin. Und sämtliche Statisten waren Tote. Die Toten sagten: »Bleiben wir zu Hause und leihen uns einen Film«, »Wollen Sie Pommes dazu?«, »Wissen Sie, wie spät es ist?«, während ihnen Fliegen auf der Suche nach einem weichen Hautlappen, in den sie ihre Eier ablegen konnten, über das Gesicht wuselten, Fetzen von Menschenfleisch ihnen zwischen den Zähnen klemmten wie der berühmte Spinat und ihre Arme an den Ellbogen endeten, um einen pfirsichweißen, von herabbaumelnden Muskeln und tropfenden Sehnen umsäumten Knochen zu präsentieren. Er sagte: »Klar, bleiben wir daheim und kuscheln, es war ein langer Tag«, »Ich nehme lieber den Beilagensalat, danke«, »Es ist zehn vor fünf. Wird früh dunkel um diese Jahreszeit.«
    Er machte in einem offenen Yogakurs den herabschauenden Hund, während das Skel neben ihm bei dem Versuch, diese Haltung einzunehmen, entzweibrach. Niemand äußerte sich zu dem Anblick, nicht er, nicht die tote Lehrerin, nicht die enthusiastischen und gelenkigeren Toten um ihn herum und nicht das entzweigegangene Skel auf der blümchengemusterten Hanfmatte, das sich für den Rest der Stunde auf groteske Weise wie verrückt hin- und herwarf. Er schlüpfte im Umkleideraum in seine Straßenklamotten, während das Yuppie-Skel neben ihm sich eine teure Armbanduhr über das Handgelenk streifte und damit den frischen Schorf dort aufkratzte. Auf dem Weg nach draußen kaufte er sich im Café spontan einen Deluxe-Multifruchtsaft und beschloss, nichts zu sagen, als das pickelige Skel eine Bananenscheibe in den Mixer fallen ließ. Er hasste Banane. Er trank den Saft trotzdem, pustete in den gestreiften Trinkhalm, um ein feststeckendes Stück Fruchtfleisch zu lösen, und trat hinaus auf den Bürgersteig, in den Feierabendstrom der Toten auf dem Nachhauseweg, der Anwaltsgehilfen, Mohels, resignierten Zeitarbeiter, Fahrradboten und Masseure mit hängenden Schultern, der ganzen Palette von Bürgern mitten im langsamen Verfall. Die Seuche war ein gewissenhafter Handwerker und setzte mit Bedacht Effekte. Sie fielen auseinander, aber es würde lange dauern, bis das Werk vollendet war. Erst dann konnte sie ihren Namen daruntersetzen. Bis dahin blieben sie auf den

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