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Zone One: Roman (German Edition)

Zone One: Roman (German Edition)

Titel: Zone One: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colson Whitehead
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hermachten. Buffalo ließ wissen, was sein Think-Tank verlautete: Die Seuche habe endlich und zwangsläufig erschöpft, was der menschliche Körper ertragen könne. Die Verwüstungen und damit auch die Verheerung insgesamt stießen an eine Grenze.
    Die Berichte von den verstreuten Leichenfeldern gingen alle zur gleichen Zeit ein, was (einigen zufolge) auf einen bestimmten zeitlichen Verlauf der Infektion schließen ließ. Es war die Saison der Erfolgsmeldungen. Die Einrichtung stabiler Kommunikationsverbindungen mit anderen Nationen, der über die Meere hin- und hergehende Informationsaustausch. Hinzu kamen die fortwährende Konsolidierung der nichtinfizierten Gruppen und Clans sowie der schlichte Umstand, dass Skel-Angriffe und Sichtungen nach allen empirischen Maßstäben abgenommen hatten, sodass man Grund hatte, den alten Optimismus aus der Versenkung zu holen. Man musste sich nur die leise Bewegung in der Asche ansehen: Der Amerikanische Phönix erhebt sich, bestimmt war es so. Jedenfalls stand es auf den T-Shirts in den frisch aus Buffalo eingetroffenen, biologisch abbaubaren Pappschachteln. Auch in Kindergrößen erhältlich.
    Mark Spitz konnte selbst den Rückgang der Skels feststellen. Es gab einfach weniger von ihnen, den mit Geschwüren übersäten Losern, ein Segen während seiner Zeit am Korridor im verfluchten Connecticut und anderswo. Aber von Leichenfeldern mal abgesehen – und was diese diversen Umgefallenen anging, gab es angesichts des allgemeinen Verlangens nach einem schnellen Scheiterhaufen keine soliden Zahlen –, konnte sich niemand erklären, wo die Skels geblieben waren. Eine Denkschule behauptete, viele seien den Unbilden der Witterung, dem Winter in seiner Strenge, zum Opfer gefallen. Für Spekulationen wurde er nicht bezahlt, auch wenn seine Bezahlung in Socken und Sonnencreme erfolgte.
    Kaitlyn sagte: »Hab noch nicht gehört, dass das auch in städtischen Gebieten vorkommt.« Sie registrierte Garys enttäuschtes Gesicht, verkniff sich ihre üblichen Reaktionen und fügte hinzu: »Aber vielleicht ist es ja so.«
    Mark Spitz hielt Kaitlyn den Arm quer vor die Brust, damit sie stehenblieb, eine Geste, die er von seinen Eltern übernommen hatte, die sie ihrerseits von ihren Eltern übernommen hatten, die sich noch an eine Zeit vor den Sicherheitsgurten hatten erinnern können. Auf der anderen Straßenseite bewegte sich etwas.
    Die Ödland-Protokolle wurden hochgefahren, überholt oder nicht. Sein Gehirn verglich die gespeicherten Szenarien und früheren Zusammenstöße mit der Szene in der Fulton Street und ließ Verhalten, Ausrüstung, Haltung und Gesichtsausdrücke durch die Datenbank laufen. Toter oder Bandit, Irrläufer oder Überlebender, das war oft schwer zu sagen. Ob sie sprachen, das war der erste Test. Ob sie noch die Fähigkeit der Sprache besaßen. Dann sah man weiter. Vor der Entstehung der Camps musste man sich draußen im Land auch vor anderen Menschen hüten. Die Toten waren vorhersagbar. Menschen waren es nicht. Die meisten waren wie Mark Spitz, schlugen sich allein im großen Draußen durch, Energieriegel um faden Energieriegel. Hatte man sich vergewissert, dass man es mit einem fühlenden Wesen zu tun hatte, näherte man sich behutsam, um zu verhandeln. Wo kommst du her, auf welches Trugbild hast du deine Hoffnungen gegründet, hast du noch andere Menschen gemäß den alten Definitionen gesehen, welche Gegenden sollten wir meiden. Die wesentlichen Informationen.
    Wenn man beschloss, sich eine Zeitlang zusammenzutun, tauschte man irgendwann Letzte-Nacht-Geschichten aus. In ihrem trostlosen Abenteuer versuchten die Überlebenden, zu den mythischen Siedlungen und Forts zu gelangen, die sie in ihrer Phantasie heraufbeschworen hatten, Orten, wo die Seuche Teil einer Nachrichtensendung war, die von der Tragödie einer anderen Stadt berichtete, ein Lückenfüller vor dem Wetter, Orten, wo es Strom und lokale Produkte direkt aus der Tüte gab, wo Kinder spielten und kleine Kaninchen herumhüpften. Ein sicherer Hafen, endlich. Jedes Wiedererzählen der eigenen Letzte-Nacht-Geschichte war ein Schritt hin zu einem anderen phantastischen Zufluchtsort, dem der Wahrheit. Mark Spitz hatte drei Versionen seiner Letzte-Nacht-Geschichte entwickelt. »Die Silhouette« war für Überlebende, mit denen er nicht lange unterwegs sein würde. Der Fremde, der an der Kellertür des Farmhauses oder beim Metalldetektor der Kraftfahrzeugstelle, außerhalb der Skel-Sichtlinie, vor ihm gestanden

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