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Zone One: Roman (German Edition)

Zone One: Roman (German Edition)

Titel: Zone One: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colson Whitehead
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Küche boten: All You Can Eat, alles inklusive.
    Er teilte sich den Bungalow mit Quiet Storm und Richie, und die drei bildeten ein halbes Abschleppteam. Diese Teams fuhren Schwerlast-Abschlepper und Kranlaster – imposant schon vor der Katastrophe, als man ihnen das Neueste in puncto Anti-Skel-Panzerung und -kühlervorbau anschweißte, -nietete und sonst wie befestigte, wurden die Lkws zu konkreten, dieselgetriebenen Musterbeispielen unverfälschter amerikanischer Hartgesottenheit. Vier Mann arbeiteten an den festsitzenden Fahrzeugen, die sie aus einem mannigfaltigen Durcheinander befreiten und herauslösten, während die anderen beiden Ausguck- und Abschießdienst schoben. Mark Spitz und Richie übernahmen das Skel-Kommando und knallten jeden toten Parkuhrableser oder Wettervorhersager ab, der vom Mittelstreifen herangewankt kam oder auf dem Rücksitz des auf dem Dach liegenden gelben Taxis, Radioübertragungsvans oder Leichenwagens festsaß und gegen die blutverschmierte Scheibe hämmerte. Unfall-Raten spielte man nie, weil die Antwort auf der Hand lag: Es hieß fahren oder sterben.
    Als Ausguck hatte man mehr Auszeit. Seinerzeit herrschte an diesem Teil der Küste eine niedrige Totendichte – sie hatten aufgehört, über die Gründe zu spekulieren, und nahmen es einfach als gegeben hin –, und diejenigen, die der Maschinenlärm anzog, machten nie mehr als ein bis zwei alle paar Stunden aus. Die festsitzenden Skels – flinke Little-League-Spieler ohne Hände, gefesselte und verschnürte Matronen mit manisch gefletschten Zähnen – waren das reinste Scheibenschießen und kamen selten vor. Wenn die Fliehenden so fürsorglich waren, ihre schon fiebernden, der Krankheit erliegenden Verwandten auf die Reise mitzunehmen, würden sie sie auch nicht im Stich lassen, sobald sie sich beeilen mussten. Die meisten Türen standen im Nachspiel der Flucht weit offen. Rasch hatten die Flüchtlinge die Imponderabilien bedacht – Mamas Schmuck oder den Angelkasten mitnehmen, die Tüte Reis oder die Schachtel Vitamine – und sich dann ihren Nachbarn auf der Flucht angeschlossen, um in der elenden Leere des Interregnums zu verschwinden.
    »Wahrscheinlich Vanderbilt 80s, stimmt’s?«, fragte Gary.
    »Was?«
    »Die Bergefahrzeuge. Die Abschleppwagen. Das sind tolle Kisten.«
    »Ich habe wirklich keine Ahnung.«
    Die Arbeit war unkompliziert. Die Schlüssel steckten, oder sie steckten nicht, die Generalschlüssel funktionierten oder funktionierten nicht, sie konnten sie von der Straße schieben, oder die Bergefahrzeuge kamen ins Spiel, Ketten wurden am Fahrgestell befestigt, und die manövrierunfähigen Kolosse wurden auf den Seitenstreifen gehievt. Je nach Größe und Anzahl der Fahrspuren sowie nach Engstelle und Anzahl der liegengebliebenen Autos wurden die Fahrzeuge im rechten oder in schrägem Winkel zur Straße abgestellt, oder sie bauten eine neue Expressway-Mauer aus Kleinwagen und Sportwagen-Hybriden, durchsetzt von dem einen oder anderen Eiswagen, in dessen Gefrierschränken geschmolzenes Süßes schwappte. Theoretisch. Quiet Storm hielt sich an ein anderes Programm.
    Wie üblich stieß Mark Spitz in dem zurückgebliebenen Material auf Parabeln. Der Freeway war fast einen Kilometer lang frei, dann tauchten die Autos auf, Stoßstange an Stoßstange, Türen und Heckklappen geöffnet, man ging weiter nach vorn, um den Schauplatz zu erkunden, und entdeckte die Ursache des Staus: ein quergestellter Sattelzug, ein Zusammenstoß von Familienkutschen, eine von den Lokalbehörden als kurzsichtige Vorsichtsmaßnahme errichtete Barrikade. Auf den Beifahrersitzen saßen zusammengesackt halb aufgefressene Leichen, oder sie waren hinter dem Lenkrad angeschnallt, der letzte Fluch über den Verkehr noch erkennbar, obwohl ihre Lippen weggefressen waren: Das Schimpfwort saß tief in den Muskeln. Wenn genügend Leichen in der näheren Umgebung waren, errichteten die Abschlepper einen Scheiterhaufen, aber Elemente und Mikroben räumten schon von sich aus gründlich auf.
    Es war schön, am Ende des Tages auf einem Highwayabschnitt, den man selbst freigeräumt hatte, nach Hause zu düsen. Es war ein messbarer Fortschritt, eine sichtbare Strecke in die neue Welt. Zum Beweis hinterließ die Arbeit Schmerzen in seinem Fleisch, wie man sie beim Inventarisieren von Kapern im Glas nicht bekam.
    »Die Sache mit dem Mark Spitz hast du noch nicht erzählt«, sagte Gary.
    »Es sickert wieder durch«, sagte Mark Spitz. Er riss ein weiteres

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