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Zonta-Norm regelwidrig

Zonta-Norm regelwidrig

Titel: Zonta-Norm regelwidrig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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hat­ten wir auf das zeit- und kraftspa­ren­de Sprin­gen ver­zich­ten müs­sen, sonst hät­ten wir uns die Hel­me an der De­cke ein­ge­rannt. Statt des­sen hat­ten wir ei­ne neue Fort­be­we­gungs­tech­nik ent­wi­ckelt: Wir spran­gen nur leicht über die Fuß­bal­len ab und stie­ßen uns so­dann an der Wand in ho­ri­zon­ta­ler Rich­tung vor­wärts. Auf die­se Wei­se er­reich­ten wir Marsch­ge­schwin­dig­kei­ten von über zehn Ki­lo­me­tern pro Stun­de, und das war an­ge­sichts der En­ge der Ört­lich­keit nichts ge­rin­ges.
    Von der Vor­hut kam plötz­lich Mel­dung, daß das En­de des Gan­ges er­reicht sei.
    »Wie geht es wei­ter?« frag­te ich Lis­ter­man über Helm­funk.
    »Ein Schacht, Sir. Zy­lin­drisch, drei­ßig Me­ter lich­te Wei­te. An den Wän­den ent­lang zieht sich ei­ne Art Ram­pe in die Hö­he. Die Hö­he des Schachts ist schlecht aus­zu­ma­chen, be­trägt si­cher­lich je­doch mehr als fünf­hun­dert Me­ter.«
    »Hal­ten Sie an!« be­fahl ich ihm. »Drin­gen Sie auf kei­nen Fall wei­ter vor!«
     
    So­lan­ge ich mir auch den Kopf dar­über zer­brach, ich konn­te mir nicht aus­ma­len, wel­chem Zweck die­ser Schacht in den Ta­gen der al­ten Mar­sia­ner, vor 187.000 Jah­ren, ge­dient ha­ben moch­te. Er be­saß ge­nau die von Lis­ter­man be­schrie­be­ne Form, und die ein­zi­ge Mög­lich­keit, in ihm nach oben zu ge­lan­gen, bot die et­wa an­dert­halb Me­ter brei­te Ram­pe, die sich in Form ei­ner Spi­ra­le mit nicht un­er­heb­li­cher Stei­gung an den Schacht­wän­den ent­lang­zog.
    Wir such­ten nach ei­nem an­de­ren Weg, aber es gab kei­nen. Der Gang, durch den wir ge­kom­men wa­ren, mün­de­te von Os­ten her in den Schacht. Wir klopf­ten rings­um die Wän­de ab, konn­ten je­doch nicht das ge­rings­te An­zei­chen ei­nes ver­bor­ge­nen Hohl­raums ent­de­cken. Ich un­ter­nahm einen er­neu­ten – und wie­der­um ver­geb­li­chen – Ver­such, mich mit ZON­TA in Ver­bin­dung zu set­zen. Es sah so aus, als blie­be uns nichts an­de­res üb­rig, als die Ram­pe em­por­zu­stei­gen.
    Mit der Zeit schwan­den mei­ne Be­den­ken. Auch der Schacht war hell er­leuch­tet. Die Stre­cke, die wir zu über­win­den hat­ten, war weit­hin über­sicht­lich. Wenn sich je­mand hier auf die Lau­er ge­legt und uns ei­ne Fal­le ge­stellt hat­te, dann in denk­bar un­güns­ti­gem Ge­län­de. Oben, fol­ger­te ich, wür­de es ir­gend­wie wei­ter­ge­hen.
    »Wir stei­gen hin­auf!« ent­schied ich.
    Die al­te Marsch­ord­nung wur­de bei­be­hal­ten. Mit kräf­ti­gen Schrit­ten nahm Lis­ter­man als ers­ter die Stei­gung in An­griff. Von jetzt an gab es kei­ne Tricks mehr, mit de­nen wir un­se­re Marsch­ge­schwin­dig­keit ver­grö­ßern konn­ten. Wer nur von der ge­rin­gen Gra­vi­ta­ti­on des Erd­mon­des hört, der über­sieht die Ge­fahr, die ein Sturz auf dem Mond trotz al­le­dem in sich birgt. Wer auf dem Mond aus ein­hun­dert Me­tern Hö­he ab­stürzt, prallt noch im­mer mit ei­ner Ge­schwin­dig­keit von 65 Ki­lo­me­tern pro Stun­de auf den Bo­den, und was das aus­macht, weiß je­der, der mit sei­nem Wa­gen bei ent­spre­chen­der Ge­schwin­dig­keit ein­mal ge­gen ei­ne Mau­er ge­fah­ren ist … wenn er mit dem Le­ben da­von­kam. Auf dem Mond je­doch muß­te ein sol­cher Auf­prall oh­ne Zwei­fel zu ei­ner Ver­let­zung der Raum­schutz­mon­tur füh­ren, und da­mit war für den Trä­ger der Mon­tur al­le Hoff­nung ver­lo­ren. In Se­kun­den­schnel­le wür­de er an ex­plo­si­ver De­kom­pres­si­on ster­ben, mit ko­chen­dem Blut und vom in­ne­ren Druck zer­fetz­ten Ge­fäßen.
    Kein Wun­der al­so, daß sich die Leu­te dicht an der Schacht­wand hiel­ten und dem üb­ri­gens un­ge­schütz­ten Rand der Ram­pe vor­sich­tig fern­blie­ben. Nur sel­ten wag­te es ei­ner, einen Blick nach un­ten zu wer­fen – dort­hin, wo­her wir ka­men. Je hö­her wir stie­gen, de­sto wahr­schein­li­cher wur­de es, daß ein sol­cher Blick Schwin­del­ge­füh­le er­zeug­te, und das konn­te ge­fähr­lich wer­den.
    Ei­ne Stun­de ver­strich. Wir hat­ten in­zwi­schen die Wand des Schach­tes un­zäh­li­ge­mal um­run­det und wa­ren we­nigs­tens vier­hun­dert Me­ter hoch ge­klet­tert. Manch­mal

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