Zonta-Norm regelwidrig
Angst den Schweiß auf die Stirn. Das Gefühl, daß ein Fremder sich unmittelbar in meinem Bewußtsein eingenistet habe, war so zwingend, daß ich ein paar Sekunden lang fürchtete, den Verstand zu verlieren.
Da brach plötzlich, wie abgeschnitten, das Lachen ab. Einen Atemzug lang herrschte tiefe Stille. Dann erklang eine fremde Stimme, eine Folge fremder Mentalimpulse:
»Du wirst noch rechtzeitig erfahren, Fremder, ob wir da sind oder nicht!«
Dann war alles vorbei. Ich war wieder Herr meines Bewußtseins. Das Fremde war verschwunden. Ich lauschte eine Zeitlang in mich hinein; aber da war nichts mehr. Plötzlich spürte ich Hannibals tastende Gedanken.
»Was ist los, Großer? Du kommst mir erschüttert vor!«
Ich begriff sofort, was das zu bedeuten hatte: Hannibal hatte nichts gehört … weder das wahnsinnige Lachen noch die Stimme. Ich fragte ihn danach.
»Gehört?« reagierte er verwirrt. »Natürlich habe ich gehört. Du fragtest, ob ich von der Anwesenheit der Soghmoler wüßte, wenn es …«
»Nein, nicht das«, unterbrach ich ihn. »Sonst hast du nichts gehört?«
»Nein, sonst nichts, Großer«, antwortete er, noch immer ein wenig aus dem Gleichgewicht. »Warum? War da was?«
Ich schwieg vorerst, selbst Hannibal gegenüber. Es hatte keinen Zweck, den Leuten Angst einzujagen, solange ich selber nicht wußte, wer oder was da zu mir gesprochen hatte. Immerhin bestand die Möglichkeit, daß ich einer Halluzination zum Opfer gefallen war. Überspannte Nerven und so, das hatte es alles schon gegeben.
Wir brachen auf. Da sich ZONTA nicht mehr meldete, betrachteten wir es als unser gutes Recht, den Gang zu benützen, den uns die Marsroboter gezeigt hatten. Listerman und drei seiner Leute bildeten die Vorhut. Dahinter kam ich mit Allison und Nishimura. Hinter uns marschierten Steamers und Maykoft. Als Nachhut kamen wieder Listermans Männer und Hannibal Othello Xerxes Utan als ihr Begleiter.
Von Zeit zu Zeit versuchte ich mich mit ZONTA in Verbindung zu setzen. Aber die Sache war wie verhext: Der Rechner meldete sich nicht mehr. Allison entgingen meine Bemühungen nicht.
»Da ist etwas grundlegend faul«, bemerkte er.
»Ich weiß«, antwortete ich sarkastischer, als ich es vorgehabt hatte: »Sie spüren es in der Blase.«
»Und auch sonst noch wo«, bekräftigte der Australier. »Ich erinnere mich an eine Bemerkung, die Listerman vor kurzem machte.«
»Welche?« wollte ich wissen.
»Daß ZONTA übergeschnappt sein müsse.«
»Das war aber doch wohl nur eine flüchtige Hypothese«, meinte ich.
»Ich weiß nicht, wie Listerman jetzt darüber denkt«, hörte ich Allison sagen, »aber mir erscheint die Sache um so plausibler, je länger ich mich damit beschäftige.«
»Was? Daß ZONTA übergeschnappt ist?«
»Ja.«
»Wie könnte so etwas geschehen? Ich meine … ein Rechner besteht aus Schaltkreisen, Transistoren und Magnetspeichern. Es fällt einem schwer sich vorzustellen …«
»Ganz recht, es fällt einem schwer«, fiel mir Allison schulmeisterhaft ins Wort, »aber es ist ganz gewiß nicht undenkbar. Die terranische Robotik, hauptsächlich der theoretische Zweig, hat sich mit solchen Überlegungen beschäftigt und einige Modellfälle entwickelt, die zwar in Wirklichkeit noch nicht aufgetreten sind, anhand deren sich jedoch einwandfrei und zwingend nachweisen läßt, daß auch Roboter geistigen Störungen unterworfen sein können.«
Er bewegte dabei den Kopf, wie es typisch für ihn war; besonders nickte er ziemlich häufig und mit Nachdruck, als müsse er sich selber davon überzeugen, daß das, was er vorbrachte, nicht blühender Unsinn war.
Wir waren inzwischen recht gut vorwärts gekommen. Da der Gang nur eine geringe Höhe besaß,
Weitere Kostenlose Bücher