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Zonta-Norm regelwidrig

Zonta-Norm regelwidrig

Titel: Zonta-Norm regelwidrig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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hat­ten.
    Die Wohn­häu­ser ent­hiel­ten meist meh­re­re, nie­mals aber mehr als acht Ein­zel­woh­nun­gen. Es gab ei­ne na­he­zu un­end­li­che Viel­falt von Häu­ser­ty­pen. Ge­mein­sam war ih­nen nur der keil­för­mi­ge Vor­bau, ein Cha­rak­te­ris­ti­kum der mar­sia­ni­schen Ar­chi­tek­tur, auf dem Mars selbst we­gen der häu­fi­gen und hef­ti­gen Stür­me ei­ne Not­wen­dig­keit, hier, im wind­stil­len In­ne­ren des Mon­des, nur noch Tra­di­ti­on. Die Häu­ser­wän­de hat­ten nur we­ni­ge Fens­ter, und die Fens­ter wa­ren nicht, wie bei ir­di­schen Ge­bäu­den, or­dent­lich zu Rei­hen an­ge­ord­net, son­dern schein­bar wahl­los über die Wand­flä­che ver­teilt. Sie wa­ren klein, so daß ein nor­mal ge­bau­ter Er­den­mensch Mü­he ge­habt hät­te, sei­ne Schul­tern hin­durch­zu­zwän­gen. Über­haupt wirk­te al­les – die Häu­ser, die Fens­ter, die mit­un­ter wink­li­gen Stra­ßen, die nicht dem Fahr­zeug­ver­kehr dienten – ir­gend­wie put­zig und pup­pen­haft. Und den­noch strahl­te die Stadt ei­ne Har­mo­nie aus, die man an ir­di­schen Städ­ten der Neu­zeit nur all­zu oft ver­mißt.
    Als wir in die Stadt ein­dran­gen, war es nach der Mar­suhr ge­ra­de Zeit für den Son­nen­un­ter­gang. Die Son­nen­lam­pen schick­ten sich an zu er­lö­schen. Hier im Stadt­ge­biet hat­te ich den Leu­ten die Er­laub­nis zum Öff­nen der Hel­me ge­ge­ben. Es war nicht wahr­schein­lich, daß die Stadt­at­mo­sphä­re plötz­lich ab­ge­saugt wer­den wür­de. Wir ge­lang­ten in einen Park, der zwei Stadt­vier­tel von­ein­an­der trenn­te, und da wir einen ziem­lich an­stren­gen­den Marsch hin­ter uns hat­ten, ord­ne­te ich an, daß hier ge­ras­tet wur­de. Wir al­le hat­ten die Ru­he ver­dient.
     
    Wir hock­ten auf dem Ra­sen, un­ter den Zwei­gen ei­nes mäch­ti­gen Bau­mes, des­sen Vor­fah­ren einst auf dem Mars ge­wach­sen wa­ren, und lie­ßen die war­me, un­wirk­li­che Nacht auf uns ein­wir­ken. Es schi­en un­glaub­lich, daß die­ser Park fast zwei­hun­dert­tau­send Jah­re alt sein soll­te, ge­hegt und ge­pflegt von nim­mer­mü­den Ro­bo­tern, de­nen es an der Er­kennt­nis man­gel­te, daß ih­re Her­ren, zu de­ren Er­bau­ung die wei­ten Grün­flä­chen an­ge­legt wor­den wa­ren, nie­mals zu­rück­keh­ren wür­den.
    Die Stadt war to­ten­still. In den Stra­ßen brann­te die Be­leuch­tung; aber aus kei­nem der Fens­ter drang Licht. Von den Son­nen­lam­pen wa­ren al­le bis auf zwei er­lo­schen; aber auch die­se zwei wa­ren nur noch mat­te Licht­punk­te, die kei­ne nen­nens­wer­te Hel­lig­keit ver­brei­te­ten. Vor lan­ger Zeit hat­ten sie die Be­woh­ner der Stadt an die bei­den Mon­de ih­rer Hei­mat­welt ge­mah­nen sol­len: Pho­bos und Dei­mos.
    Ir­gend­wo tief un­ter uns lag ZON­TA, das mar­sia­ni­sche Re­chen­ge­hirn. Mor­gen wür­den wir an­fan­gen, nach ei­nem Zu­gang zu su­chen. Ich war si­cher, daß es ir­gend­wo in der Stadt einen gab. Fan­den wir ihn nicht, blieb uns nichts an­de­res üb­rig, als die Stadt in der an­de­ren Rich­tung zu ver­las­sen und den Zu­gang zu be­nüt­zen, der mir von frü­he­ren Be­su­chen her be­kannt war.
    In der Stil­le der Nacht fiel es mir schwer zu glau­ben, daß uns hier un­ten Ge­fahr dro­he. Wa­ren mei­ne Be­fürch­tun­gen we­gen der So­gh­mo­ler wirk­lich be­grün­det? Wa­ren sie schon hier ein­ge­drun­gen? Be­fan­den sie sich ir­gend­wo in der Nä­he? Die Wär­me, die Ru­he hat­ten ei­ne ein­lul­len­de Wir­kung. Sie mach­ten trä­ge und denk­faul. Ich lös­te den Helm von mei­ner Mon­tur und schob ihn so zu­recht, daß er mir als Kopf­kis­sen die­nen konn­te. Schon woll­te ich mich aus­stre­cken, da scho­ben sich durch die Dun­kel­heit zwei Ge­stal­ten auf mich zu und nah­men an mei­ner Sei­te Platz: Al­li­son und Nis­hi­mu­ra.
    »Sie ha­ben wahr­schein­lich wie­der ei­ne Theo­rie, wie?« frag­te ich Al­li­son ein we­nig un­wil­lig, denn ich hat­te mich wirk­lich aus­stre­cken wol­len.
    »Er hat ei­ne, und sie ist nicht ein­mal schlecht«, ant­wor­te­te Nis­hi­mu­ra an der Stel­le des Aus­tra­liers. »Es geht näm­lich dar­um, daß man die Ak­ti­vi­tät ei­nes Ko­da­tors

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