Zonta-Norm regelwidrig
hatten.
Die Wohnhäuser enthielten meist mehrere, niemals aber mehr als acht Einzelwohnungen. Es gab eine nahezu unendliche Vielfalt von Häusertypen. Gemeinsam war ihnen nur der keilförmige Vorbau, ein Charakteristikum der marsianischen Architektur, auf dem Mars selbst wegen der häufigen und heftigen Stürme eine Notwendigkeit, hier, im windstillen Inneren des Mondes, nur noch Tradition. Die Häuserwände hatten nur wenige Fenster, und die Fenster waren nicht, wie bei irdischen Gebäuden, ordentlich zu Reihen angeordnet, sondern scheinbar wahllos über die Wandfläche verteilt. Sie waren klein, so daß ein normal gebauter Erdenmensch Mühe gehabt hätte, seine Schultern hindurchzuzwängen. Überhaupt wirkte alles – die Häuser, die Fenster, die mitunter winkligen Straßen, die nicht dem Fahrzeugverkehr dienten – irgendwie putzig und puppenhaft. Und dennoch strahlte die Stadt eine Harmonie aus, die man an irdischen Städten der Neuzeit nur allzu oft vermißt.
Als wir in die Stadt eindrangen, war es nach der Marsuhr gerade Zeit für den Sonnenuntergang. Die Sonnenlampen schickten sich an zu erlöschen. Hier im Stadtgebiet hatte ich den Leuten die Erlaubnis zum Öffnen der Helme gegeben. Es war nicht wahrscheinlich, daß die Stadtatmosphäre plötzlich abgesaugt werden würde. Wir gelangten in einen Park, der zwei Stadtviertel voneinander trennte, und da wir einen ziemlich anstrengenden Marsch hinter uns hatten, ordnete ich an, daß hier gerastet wurde. Wir alle hatten die Ruhe verdient.
Wir hockten auf dem Rasen, unter den Zweigen eines mächtigen Baumes, dessen Vorfahren einst auf dem Mars gewachsen waren, und ließen die warme, unwirkliche Nacht auf uns einwirken. Es schien unglaublich, daß dieser Park fast zweihunderttausend Jahre alt sein sollte, gehegt und gepflegt von nimmermüden Robotern, denen es an der Erkenntnis mangelte, daß ihre Herren, zu deren Erbauung die weiten Grünflächen angelegt worden waren, niemals zurückkehren würden.
Die Stadt war totenstill. In den Straßen brannte die Beleuchtung; aber aus keinem der Fenster drang Licht. Von den Sonnenlampen waren alle bis auf zwei erloschen; aber auch diese zwei waren nur noch matte Lichtpunkte, die keine nennenswerte Helligkeit verbreiteten. Vor langer Zeit hatten sie die Bewohner der Stadt an die beiden Monde ihrer Heimatwelt gemahnen sollen: Phobos und Deimos.
Irgendwo tief unter uns lag ZONTA, das marsianische Rechengehirn. Morgen würden wir anfangen, nach einem Zugang zu suchen. Ich war sicher, daß es irgendwo in der Stadt einen gab. Fanden wir ihn nicht, blieb uns nichts anderes übrig, als die Stadt in der anderen Richtung zu verlassen und den Zugang zu benützen, der mir von früheren Besuchen her bekannt war.
In der Stille der Nacht fiel es mir schwer zu glauben, daß uns hier unten Gefahr drohe. Waren meine Befürchtungen wegen der Soghmoler wirklich begründet? Waren sie schon hier eingedrungen? Befanden sie sich irgendwo in der Nähe? Die Wärme, die Ruhe hatten eine einlullende Wirkung. Sie machten träge und denkfaul. Ich löste den Helm von meiner Montur und schob ihn so zurecht, daß er mir als Kopfkissen dienen konnte. Schon wollte ich mich ausstrecken, da schoben sich durch die Dunkelheit zwei Gestalten auf mich zu und nahmen an meiner Seite Platz: Allison und Nishimura.
»Sie haben wahrscheinlich wieder eine Theorie, wie?« fragte ich Allison ein wenig unwillig, denn ich hatte mich wirklich ausstrecken wollen.
»Er hat eine, und sie ist nicht einmal schlecht«, antwortete Nishimura an der Stelle des Australiers. »Es geht nämlich darum, daß man die Aktivität eines Kodators
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