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Zorn der Meere

Zorn der Meere

Titel: Zorn der Meere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falconer,Colin
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das vor Zorn gerötete Gesicht ihres Vaters vor sich. »Du kommst sofort mit mir!«
    Sie gehorchte und lief hinter ihrem Vater her. Dabei warf sie jedoch noch einmal einen Blick nach hinten. Der Soldat hatte ihr nachgestarrt und hob nun zum Abschied die Hand.

    Zwölf Grad und dreiunddreißig Minuten nördlicher Breite
    achtundzwanzigster Tag des Dezember im Jahre des Herrn, 1628

    Erst seit zwei Monaten unterwegs, dachte Lucretia, und schon jetzt kommt es mir vor, als ob ich wahnsinnig werden müsste.
    Die endlose Eintönigkeit der Tage wurde lediglich von den Mahlzeiten und dem Läuten der Schiffsglocke unterbrochen, wenn der Steuermann die Sanduhr umdrehte und die Stunde ausrief.
    Ja, sogar die Abwechslung, zu den Mahlzeiten zu gehen, war ihr inzwischen lieb geworden, selbst wenn sie das Essen abscheulich fand. Morgens wie mittags gab es einen seltsamen Brei mit getrockneten Pflaumen, wohingegen man abends Erbsen, Bohnen, gepökeltes Fleisch oder geräucherten Fisch zu sich nahm. Zwar hatten sich zu Beginn der Reise auch lebende Hühner und Schweine an Bord befunden, doch sie waren inzwischen geschlachtet und verzehrt. In dem Fleisch, dass nun aufgetragen wurde, zeigten sich bereits die ersten Maden, ein Umstand, der auch durch den Gebrauch von Silbertellern nicht besser wurde.
    Es gab Tage, an denen Lucretia sich fragte, ob sie die verbleibenden sechs oder sieben Monate überhaupt durchstehen würde, doch gewöhnlich wurde ihr am Ende klar, dass sie gar keine andere Wahl hatte, es sei denn, sie machte allem ein Ende und stürzte sich ins Meer.
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    In solchen Momenten zwang Lucretia sich, daran zu denken, dass es ihr besser erging als den meisten anderen Passagieren.
    Immerhin zählte sie zu den wenigen, die eine private Kabine besaßen, und konnte sich an Deck frei bewegen. Sie verfügte sogar über einen eigenen Abort mit hölzernem Sitz, selbst wenn sie das lange Tau, das dort hing, als höchst befremdlich empfand. Sein ausgefranstes Ende musste aus dem Meerwasser hochgezogen werden, um einer Dame zur Säuberung zu dienen, ehe es man es wieder losließ und es abermals in den Fluten versank.
    Aber bitte, wie konnte sie sich beschweren? Die anderen Passagiere teilten sich auf dem Batteriedeck zwei Abtritte mit den Seeleuten und den Soldaten und lebten im Übrigen eingezwängt wie die Sardinen. Einmal wöchentlich durften sie sich auf dem Läusedeck reinigen, und das auch nur, indem sie ihre Kleidung ausschüttelten. Der Gestank, der von dort unten in Lucretias Nase drang, war mehr als widerwärtig.
    Doch das Wetter war wenigstens schöner und die Tage waren milder geworden. Bisweilen konnte man sogar entlang der Linie des Horizontes Umrisse der Küste von Sierra Leone erkennen, die sich wie ein tröstliches Zeichen, dass Land nahe war, hinter dem gischtigen Atem der See verbarg.
    Lucretia seufzte, setzte sich an ihr Pult und begann zu schreiben.
    Mittlerweile sind wir gerade einmal einen Monat unterwegs, doch mir kommt es bereits wie hundert Jahre vor. Unsere Kost besteht aus dem immer gleichen Einerlei. Nur an seltenen Tagen reicht man am Kapitänstisch ein Bröckchen Gouda zum Nachtisch, was uns jedes Mal freut, denn dergleichen betrachten wir inzwischen als Leckerbissen.
    Francois Pelsaert, der Kommandeur, ist ein liebenswürdiger Mann, der kurz davor steht, zum Mitglied des Ostindien-Rats ernannt zu werden. Er hat bereits etliche Jahre in Indien
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    verbracht, über die er sehr gefällig zu berichten weiß. Ich wünschte, auch ich könnte mich so für ein fremdes Land erwärmen.
    Ich sehne mich sehr nach Baudouin. Ich möchte in den Armen meines Mannes liegen, mich an ihn schmiegen...
    Lucretia starrte auf das Geschriebene und strich die letzten Zeilen aus. Was um alles in der Welt war ihr denn da eingefallen? Wieso brachte sie plötzlich derartige Gedanken zu Papier?
    Pelgrom und Decker, die Kabinenstewards, trugen Platten mit Bohnen und Schweinefleisch auf. Der Koch hatte die Mahlzeit mit Kardamom, Koriander und einer Hand voll Rosinen gewürzt, doch nach zwei Monaten dieser Einheitskost hätten auch alle Gewürze Indiens nicht ausgereicht, um sie schmackhafter zu machen.
    Auf den großen Messingtellern auf dem Tisch türmten sich Scheiben von Schiffszwieback. Lucretias Blick fiel auf einen Tellerrand, um den sich eine Reihe gepunzter Kupferfrüchte wand. Früchte, seufzte sie innerlich. Was gäbe sie nicht für einen Apfel oder eine saftige Birne! Reyndert, der Chefsteward, machte sich daran, den

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