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Zorn der Meere

Zorn der Meere

Titel: Zorn der Meere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falconer,Colin
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Handelskontore mit spitzen holländischen Giebeln, große Lagerschuppen, das Zeughaus, die Waffenmeisterei und eine Kirche.
    Das Boot machte an den Stufen einer breiten Landetreppe fest.
    Als Francois den Blick hob, erkannte er hinter den hohen Festungsmauern die Spitzen der Galgen und roch den Leichengestank. Saurer Magensaft stieg ihm in die Kehle. Im Gegensatz zu denen da, dachte er, habe ich zwar überlebt, doch sie müssen für ihre Taten nicht mehr gerade stehen, müssen sich nicht mehr anhören, wie sie es besser hätten machen sollen, oder sich von Menschen bevo rmunden lassen, die nicht dabei gewesen waren.

    Auf dem Friedhof
    »Mein lieber Deschamps«, hub Jeronimus an, »ich glaube, wir haben noch eine Kleinigkeit zu bereden.«
    Deschamps wurde leichenblass, und sein Blick begann zu flackern.
    Jeronimus nahm auf dem Schemel Platz, den Deschamps sich gezimmert hatte. »Setz dich«, befahl er großzügig.
    Deschamps zögerte für einen Moment, ehe er sich vor Jeronimus auf die Fersen hockte.
    »Rück es heraus!«
    -328-

    Deschamps bemühte sich, eine fragende Miene aufzusetzen, doch sie gela ng ihm nicht. »Ich - ich weiß nicht, wovon Ihr redet«, stammelte er.
    »O doch, das weißt du sehr genau.«
    »Ich schwöre, ich -«
    »Möchtest du, dass Zeevanck und der Steinmetz die Sache in die Hand nehmen? Sollen sie dein Zelt nach gestohlenem Companie-Besitz durchsuchen? Wäre dir das lieber?«
    »Aber ich habe dem Kommandeur... Herr Pelsaert hat mir persönlich -«
    »Herrn Pelsaert gibt es nicht mehr«, brauste Jeronimus auf.
    »Ich bin der Kommandeur, und ich trage die Verantwortung für die Fracht.« Seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern, ehe er fortfuhr: »Ich will die beiden Kästchen haben!«
    Deschamps erhob sich auf unsteten Beinen und machte sich in der Ecke seines Zeltes zu schaffen. Mit bebenden Händen überreichte er Jeronimus die beiden Holzkästchen.
    »Na, siehs t du«, lobte Jeronimus. »Und jetzt bitte die Schlüssel.«
    Deschamps griff in seine Rocktasche und hielt Jeronimus die Schlüssel hin.
    »Ich weiß nicht, ich weiß nicht«, murmelte Jeronimus, indem er sie einsteckte.
    »Was... was -?«, stotterte Deschamps.
    »Ich weiß nicht, ob ich dich hier noch gebrauchen kann oder nicht«, antwortete Jeronimus. Er runzelte die Stirn und schüttelte unschlüssig den Kopf, ehe er sich erhob und ging.
    Deschamps wischte sich die schweißnasse Stirn mit seinem Rockärmel ab. Du wirst keine ruhige Minute mehr haben, flüsterte ihm eine Stimme zu, keine einzige ruhige Minute, weder bei Tag noch bei Nacht.

    -329-

    Fort Batavia
    Es war Abend geworden. Francois wartete noch immer auf seine Audienz bei dem Gouverneur. Vor nicht allzu langer Zeit hatte ein Dienstbote Gläser mit französischem Cognac herumgereicht, von denen Francois dankbar eines angenommen hatte. Nun stand er mit Rambruch am Fenster und blickte auf den dunklen Hafen hinaus, in dem kleine Boote wie Leuchtkäfer um die Schatten der Handelsschiffe schwirrten. Wenn er den Blick zur Seite drehte, konnte Francois die Fundamente des Stadttors ausmachen. Schade nur, dass dessen Aufbauten sich mit dem Wrack auf dem Grund des Meeres befanden.
    Die Nachricht seines Scheiterns war wie ein Lauffeuer durch die holländische Kolonie geeilt. Alte Bekannte, denen Francois im Laufe des Tages begegnet war, hatten ihn zurückhaltend begrüßt. Er fragte sich, ob sie ihn im Stillen bereits verurteilt hatten oder ob sie lediglich abwarteten, wie Gouverneur Coen sich entschied, ehe sie sich auf die richtige Seite schlugen.
    Jede Stunde, die verstrich, verbrachte Francois mit neuen Selbstzweifeln. Einmal sah er sich in dem großen Wandspiegel und wandte den Blick sogleich wieder ab. War er dieser Mann mit den ausgehöhlten Wangen in dem fahlen Gesicht? Wie unendlich albern dagegen die prachtvolle Kleidung wirkte, die Rambruch ihm ausgeliehen hatte!
    Francois fühlte sich elend. Die reichhaltigen Mahlzeiten, die er an Bord der Zandaam zu sich genommen hatte, machten ihm zu schaffen. Zudem übermannten ihn in regelmäßigen Abständen Anfälle von Schüttelfrost, und der Raum begann sich zu drehen, woraufhin Francois sich jedes Mal unauffällig abstützte. Niemand durfte bemerken, wie leidend er war.
    Niemand sollte argwöhnen, er sei zu schwach, um die Rückfahrt anzutreten. Er musste die Fracht der Gesellschaft bergen - nur das konnte seine Rettung sein.
    -330-

    »Übrigens, Pelsaert«, unterbrach Rambruch Francois'
    Gedanken, »hattet Ihr nicht

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