Zorn der Meere
lange, bis Everts die Namen aller Beteiligten aufzählte und auch den Hintergrund des Überfalls gestand.
Zwaant ie Hendricks, Frau van der Mylens Mädchen, beichtete er, habe ihren Liebhaber, Kapitän Jacobs, dazu aufgehetzt. Der wiederum habe ihn, Jan Everts, wie auch die anderen angestiftet, die Tat zu verüben.
Der Kommandeur habe Unrecht, schwor er, den Männern eine Verschwörung anzulasten, denn schließlich handelten sie auf Befehl ihres Kapitäns.
Um die Standhaftigkeit seiner Aussage zu prüfen, ließ man Jan Everts für mehrere Stunden an der Wippe hängen. Drei Mal schwanden ihm währenddessen die Sinne, drei Mal wurde er wieder zu sich gebracht, doch stets beharrte er auf seiner Version und schwor, sie sei die Wahrheit.
-337-
Auf der Langen Insel
Seit sie sich auf der Langen Insel befanden, hatte es zweimal kurz geregnet. Es reichte nur aus, um die Böden der Wasserfässer zu bedecken.
Ihre Lage wurde von Tag zu Tag verzweifelter.
Sie hatten immer wieder Feuer entfacht, doch niemand war erschienen, um sie zu holen.
Wenn ich nur wüsste, was dahinter steckt, überlegte Wiebe.
Vielleicht ist auf dem Friedhof die Pest ausgebroche n, vielleicht kommen sie deswegen nicht zurück. Doch dann lächelte er grimmig. Von wegen die Pest! Eher hatte Jeronimus beschlossen, dass man sie besser verrecken ließ. Ein paar durstige Kehlen weniger für sein kostbares Wasser, sagte er sich sicher, dieser Schweinehund.
Sie hatten nie vor, uns zu retten, stellte Wiebe fest, ganz gleich aus welchem Grund. Wir fangen besser an, Vorsorge für unser Überleben zu treffen.
Irgendwo auf dieser Insel, dachte er, könnte vielleicht doch Wasser sein. Wir haben es nur noch nicht entdeckt. Wir müssen noch einmal suchen.
Die Sonne versank wie ein Kupferball im Meer und färbte den Strand rosig und danach grau. Dazwischen schimmerten wie winzige Knochen die weißen Korallenäste.
Die Sturmtaucher kehrten vom Meer zurück und zogen schwirrende Kreise.
Wiebe sah ihnen zu. Sie kommen, um zu trinken, ging es ihm durch den Sinn. Vögel brauchen ebenso Wasser wie Menschen.
Er verfolgte den Flug eines Vogels, der auf einem Kalksteinfelsen landete und in einer Mulde verschwand.
-338-
Wiebe lief auf den Felsen zu. Tatsächlich befand sich dort eine Öffnung, nicht größer als eine Faust.
Wiebe ließ sich auf alle viere nieder, hieb die Faust gegen die brüchigen Ränder der Öffnung und scharrte das Geröll aus dem Weg.
Als er seinen Arm hindurchschieben konnte, schoss der Vogel laut zeternd aus der Tiefe empor.
Ein paar kleine Geröllbrocken stürzten hinab.
Wiebe hörte ein leises Aufplatschen. Er begann zu lachen.
Einige Tage zuvor hatte er bereits durch ein Felsloch Wasser schimmern sehen, doch er hatte es für Meerwasser gehalten, das durch schmale Tunnel eingedrungen war. Vielleicht hatte er sich geirrt.
Am nächsten Tag würde er das Loch größer machen, so groß, dass er hineinkriechen konnte, um sich zu vergewissern.
Fort Batavia
Wie selbstbewusst er aussieht! dachte Francois beim Anblick des Kapitäns, der mit getrimmtem Bart und frischer Kleidung den Raum betrat. Er wirkt noch gewaltiger als der Gouverneur, was an dem Wilden und Rebellischen in seiner Natur liegen muss.
Coen ließ den Kapitän nicht aus den Augen.
Ehe Jacobs sich setzte, nickte er Francois zu und zwinkerte unmerklich.
Der Gouverneur kam ohne Umschweife zur Sache. »Die ersten Untersuchungen sind abgeschlossen«, erklärte er Jacobs.
»Der Rat wird sich nun mit Eurem persönlichen Verhalten befassen.«
-339-
Die Kieferknochen des Skippers begannen zu mahlen. »Nach meinen Berechnungen...«, setzte er an, doch eine Geste des Gouverneurs brachte ihn zum Schweigen.
»Eure Berechnungen waren falsch.« Der Gouverneur machte eine Pause.
»Seid Ihr Euch eigentlich über das Ausmaß des Verlustes im Klaren, den die Companie aufgrund Eurer Fahrlässigkeit zu beklagen hat?«, fuhr er nach einer Weile fort.
»Wenn wir zurückkehren, retten wir die Fracht. Darauf gebe ich Euch mein Wort.« Jacobs blickte stolz um sich.
»Ihr werdet nicht zurückkehren, Kapitän. Kommandeur Pelsaert wird auf der Zandaam segeln, und wenn mich nicht alles täuscht, besitzt dieses Schiff bereits einen Skipper.«
Jacobs schoss das Blut ins Gesicht. Ungläubig schüttelte er den Kopf.
»Ich bin der Einzige, der das Wrack finden kann«, sagte er. Es klang verwundert. »Bitte, erkundigt Euch bei dem Kommandeur.«
Jacobs lehnte sich zurück und warf Francois
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