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Zorn der Meere

Zorn der Meere

Titel: Zorn der Meere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falconer,Colin
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Fetzen des Geschreis drangen dennoch zu ihr hin.
    -250-

    »... so viel also zu dem großartigen Skipper«, krakeelte einer in der Runde. »Der soll noch mal auftauchen - den bringe ich um...«
    »Halt die Klappe, Ryckert! Du hättest an seiner Stelle doch das Gleiche getan.«
    »Ich habe die Klappe gehalten, als es drauf ankam. Ihr wisst, wovon die Rede ist. Everts hat gesagt, wir hingen alle mit drin.«
    »Dann lass dein Maul auch weiter zu!« Das war die Stimme von Zeevanck. Er hörte sich drohend an.
    »Du hast mir gar nichts zu sagen, Schreiberling!«
    »Das gilt es noch abzuwarten.«
    »Jedenfalls lässt er uns hier verrotten«, maulte die betrunkene Stimme. »Ist mit dem feinen Pinkel abgehauen... Mit dem würden wir die Haie füttern, hat er gesagt... ein Schubs, und der wäre fort... und dann hat er sich mit ihm aus dem Staub gemacht...«
    »Offizierspack hält immer zusammen«, schaltete sich ein Dritter ein.
    Etliche im Kreis grunzten zustimmend, andere versuchten, beschwichtigend einzugreifen.
    Lucretia wagte kaum zu atmen. Hatte Jacobs vorgehabt, Francois zu töten? Und die Seeleute? Hätten sie mitgemacht?
    Andererseits, warum zweifelte sie daran? Menschen, die das taten, was man ihr zugefügt hatte, schreckten vor nichts zurück.
    »Ihr Schlappschwänze könnt mich mal!«, fuhr die erste Stimme lallend fort. »Wir kratzen hier ab. Wen schert denn noch, wer etwas erfährt?«
    »Nehmt ihm die Flasche ab!«, befahl einer.
    »Hände weg... Außerdem stimmt das, was ich sage.«
    »Der Skipper ist fort, um Hilfe zu holen. Wenn das jemand schaffen kann, dann er.«
    -251-

    »Träum weiter! Der Skipper macht Pelsaert kalt und sieht zu, dass er die Molukken erreicht. Ich hätte für ihn gebaumelt - und was habe ich nun davon?« Die Stimme wurde weinerlich. »Alle kratzen wir ab... alle.«
    »Hör doch endlich auf, drauflos zu schwadronieren, Ryckert!«
    »Ihr könnt mich alle mal«, wiederholte der Genannte.
    Lucretia hörte, dass sich jemand hochrappelte und sich schlurfend entfernte. Gleich darauf plätscherte ein nicht enden wollender Wasserstrahl in den Sand.
    Lucretia kroch bis an den äußersten Rand ihres Zeltes. Die Männer schwatzten und schimpften noch eine Zeit lang vor sich hin, doch dann brachen sie auf und verzogen sich nach und nach.
    Ganz in der Nähe begann jemand zu schnarchen. Das wird jener Ryckert sein, dachte Lucretia angewidert. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie in die Dunkelheit und wagte nicht, sich zu bewegen. Bis auf die röchelnden, gurgelnden Schnarchtöne blieb es jedoch still.
    Lucretia versuchte, sich all das in Erinnerung zu rufen, was sie über Adriaen Jacobs wusste. Wäre er fähig gewesen, Francois umzubringen? Aber warum? Was hätte er davon gehabt?
    Dann wanderten Lucretias Gedanken in eine andere Richtung.
    Dieser Ryckert hatte Recht. Niemand würde kommen, um sie zu holen. Nicht einmal Francois. Sie würden auf dieser Insel hilflos darauf warten, dass eines Tages der Tod erschien und sie befreite.
    Als der nächste Tag anbrach, kroch Lucretia lautlos zum Zelteingang und lugte hinaus.
    Der schna rchende Schläfer war fort.
    Später am Tag begannen ein paar Männer, nach Ryckert zu suchen. Zeevanck brummte etwas wie: Ryckert müsse im wirren
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    Kopf ins Meer gestolpert und ertrunken sein, was jedoch nicht schade sei, denn auf Säufer wie ihn könne man verzichten.

    Auf dem Wrack

    Ein kleiner Teil des Vordecks ragte noch aus dem Wasser. Ein aufgedunsener Leichnam trieb vorbei, danach ein Fass und mehrere Planken. Darüber kreisten Seemöwen, den Blick starr auf die Gestalt gerichtet, die unter ihnen lag und sich nicht von der Stelle rührte. Jeronimus zuckte zusammen. Das Vordeck hatte sich bewegt und war abermals um mehrere Fuß gesunken.
    Er kroch auf den Bugspriet zu und krallte sich daran fest, schnappte nach Luft und schrie, während seine Beine Wasser traten. Als sein Kopf von einer Welle überspült wurde, dauerte es einen Moment, bis er hustend und schnaubend wieder an die Oberfläche kam.
    Dann brach der Bugspriet, und Jeronimus schrie aus Leibeskräften. Verzweifelt schlang er seine Arme um den Überrest und ließ sich treiben. Seine Gedanken waren erloschen.
    Er war wie ein Insekt, das an einem Grashalm klebte. Nur einem blinden Instinkt folgend hielt Jeronimus durch, um die Aufgabe seines Schicksals zu erfüllen.

    Auf dem Friedhof

    In der Nacht hatten Wiebe und Mattys Beer sich aufgemacht, um Sturmtaucher zu jagen. Die Vögel waren leicht zu

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