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Zorn - Tod und Regen

Zorn - Tod und Regen

Titel: Zorn - Tod und Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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er auf und reichte ihm die Hand. »Sie können gehen.«
    Stapic blinzelte verwirrt.»Das war alles?«
    »Ich habe meine Fragen gestellt. Oder gibt es noch etwas, das ich wissen sollte?«
    »Nein, nicht dass ich wüsste.«
    »Ich danke Ihnen für das Gespräch.«
    Als Mirko Stapic gegangen war, blieb Schröder allein im Vernehmungszimmer und dachte nach. Er stand mitten im Raum, die Hände in den Hosentaschen, wippte auf seinen kurzen Beinen vor und zurück und starrte nachdenklich zu Boden.
    »Es liegt direkt vor meiner Nase«, murmelte er vor sich hin, »aber ich seh es nicht.«
    Dann ging er zum Fenster. Ein paar Minuten schien es so, als würde er hinaus in den Regen starren, aber Schröder hatte die Augen fest geschlossen. Man hätte denken können, er wäre im Stehen eingeschlafen, aber dem war nicht so.
    Plötzlich begann er, leise vor sich hin zu pfeifen.
    *
    Es hatte lange gedauert, bis Zorn Malina halbwegs beruhigen konnte. Immer und immer wieder hatte er ihr erklärt, dass er verpflichtet sei, ihren Onkel zu den Morden vernehmen zu lassen, und bei der Gelegenheit wieder festgestellt, wie sehr ihm seine Arbeit manchmal zuwider war.
    Später hatte er sie nach Hause gefahren und war jetzt auf dem Rückweg ins Präsidium. Es war früher Nachmittag, langsam bekam er Hunger und nahm sich vor, auf dem Weg ins Büro in der Kantine vorbeizugehen und ein belegtes Brötchen mitzunehmen.
    Er war auf der Schnellstraße in Richtung Bahnhof unterwegs. Dabei hielt er das Lenkrad des Volvos fest umklammert und starrte mit zusammengekniffenen Augen kurzsichtig durch die beschlagene Frontscheibe. Ein feiner Dunstschleier lag über der Fahrbahn. In den letzten Stunden hatte der Wind nachgelassen, und es schien, als würden die tief hängenden Wolken etwas langsamer Richtung Westen ziehen. Obwohl es mitten am Tag war, fuhren die meisten Autos mit Licht.
    Gerade als Zorn überlegte, wann er eigentlich das letzte Mal die Sonne gesehen hatte, meldete sich Madonna zu Wort, er fingerte das Handy aus der Hosentasche und sah, dass die Nummer unterdrückt war. Kurz überlegte er, ob er sich melden sollte, erinnerte sich dann aber an sein erstes Zusammentreffen mit Wachtmeister Kusch, der ihn beim Telefonieren im Auto angehalten hatte. Kuschs Anzeige musste irgendwo im Präsidium liegen und wartete darauf, bearbeitet zu werden. Zorn drückte den Anruf weg und warf das Handy mit einem leisen Fluch auf den Beifahrersitz.
    Er schaltete das Radio ein, die Nachrichten waren gerade zu Ende. Im Wetterbericht wurde erklärt, dass das Tiefdruckgebiet langsam Richtung Polen abziehe. Allerdings, erklärte der Sprecher gutgelaunt, sei das nächste schon im Anmarsch, und so, wie es momentan aussehe, werde nicht nur der Regen in den nächsten Tagen unverändert anhalten, es müsse auch mit Gewittern gerechnet werden.
    Es folgte eine Reportage über das Hochwasser. Bisher war es nicht gelungen, den gebrochenen Damm abzudichten. Noch immer stieg der Pegel des Flusses, langsamer zwar, aber ein Ende schien nicht in Sicht. Im Süden der Stadt gab es einen weiteren Damm, der zwar völlig durchgeweicht war, aber momentan noch hielt.
    Der Pressesprecher der Bürgermeisterin warnte vor übertriebener Panikmache und erklärte, dass die Innenstadt nicht bedroht sei, allerdings würden Pläne ausgearbeitet, um das Gebiet im Notfall evakuieren zu können. Die Lage sei ernst, aber vollständig unter Kontrolle.
    Das kannst du deiner Großmutter erzählen, dachte Zorn, blinkte und bog auf den Parkplatz vor dem Präsidium ein. Eine blauschwarze Wolkenwand hatte sich über der Stadt zusammengezogen. Von Ferne war das erste Donnergrollen zu vernehmen.
    Er parkte zwischen zwei Streifenwagen und zog die Handbremse an. Wieder klingelte das Handy, auch diesmal war die Nummer unterdrückt. Er nahm ab.
    Als der andere sich meldete, glaubte er, sich verhört zu haben.
    »Hier ist Henning. Ich muss dich sprechen.«
    Zwei uniformierte Beamte hasteten über den Parkplatz, einer von ihnen hob grüßend die Hand. Zorn reagierte nicht, er starrte auf das Armaturenbrett, das Telefon am Ohr. Dann zerbarsten die ersten Regentropfen auf der Windschutzscheibe.
    Es war Mittwoch, der 2. Mai.

Zweiundzwanzig
    »Unser Gespräch wird nicht lange dauern. Ich rufe mit einer Prepaidkarte an, das Telefon wird gleich in einer Mülltonne landen. Versuch gar nicht erst, diesen Anruf zurückzuverfolgen, Claudius.«
    »Was willst du?«
    »Mit dir reden.«
    »Dann komm ins Präsidium.«
    »Du

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