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Zorn - Tod und Regen

Zorn - Tod und Regen

Titel: Zorn - Tod und Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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bist absolut sicher. Und du musst mir vertrauen.«
    »Ich vertraue keinem. Am allerwenigsten dir, Staatsanwalt.«
    Sauer schluckte. Seine Kehle war trocken. Und ihm war plötzlich sehr kalt.
    »Wir müssen uns treffen.«
    »Das geht nicht!« Sauer fuhr auf. »Man darf uns nicht zusammen sehen, das Risiko ist viel zu groß!«
    »Ich sage dir noch, wann und wo.«
    Ein Klicken, und die Leitung war tot.
    Sauer saß noch ein paar Minuten da, kaute an den Fingernägeln und starrte vor sich hin. Dann stand er mit einem Ruck auf. Nahm den Sushi-Teller, um ihn mit aller Kraft an die Wand zu werfen. Im letzten Moment entschied er sich dann doch für den Papierkorb.
    *
    »Beim Schwimmen«, sagte Zorn und lockerte die Oberarme, »darf man nicht verkrampfen, Schröder. Man muss seine Kraft gut einteilen und sich vor allem sorgfältig aufwärmen. Siehst du?«
    Er machte ein paar Kniebeugen. Sie hatten pünktlich Feierabend gemacht und waren dann mit Zorns Volvo zum städtischen Hallenbad gefahren.
    Das Schwimmbecken war mit bunten Leinen, an denen in kurzen Abständen helle Korkstücke befestigt waren, in einzelne Bahnen abgeteilt. Außer ihnen befand sich nur eine Handvoll Menschen im Bad. Links zogen drei Rentner gemächlich ihre Kreise, auf der gegenüberliegenden Seite übten ein paar Halbwüchsige Kopfsprünge. Ihre hellen Stimmen hallten laut durch den hohen, türkis gefliesten Raum.
    »Interessant, Chef.« Schröder trug eine dunkelrote Badekappe, die mit einem Riemen unter dem Kinn befestigt war. Sein mächtiger, mit zartem, rötlichem Flaum bedeckter Bauch wölbte sich über einer viel zu engen, geblümten Badehose.
    Zorn, schlank und gut gebaut, mindestens einen Kopf größer als Schröder, tänzelte mit angewinkelten Armen hin und her.
    »Fertig?« Er sprang leichtfüßig auf einen Startblock und zog eine schmale, dunkel getönte Chlorbrille über die Augen.
    »Jawohl!«, sagte Schröder und nahm Haltung an.
    Zorn legte einen perfekten Hechtsprung hin, tauchte wieder auf und sah, wie Schröder unbeholfen an der Leiter ins Wasser glitt. Langsam, sehr langsam sank er unter und tauchte dann mit einem lauten Prusten wieder auf.
    »Ganz schön kalt!«, stöhnte er.
    »Lass es gemütlich angehen«, sagte Zorn. »Ich bin früher täglich mindestens drei Kilometer geschwommen, aber ich denke, für heute sollten tausend Meter reichen.«
    »Das denk ich auch«, erwiderte Schröder und schwamm an den Beckenrand.
    Zorn holte tief Luft. »Wenn du nicht mitkommst, ist nicht schlimm. Hauptsache, du bewegst dich ein bisschen. Schaden kann’s nicht.« Er stieß sich ab. Ohne sich noch einmal umzusehen begann er, in langen Zügen zu kraulen. Das Becken maß fünfzig Meter. Als er die Hälfte zurückgelegt hatte, beschleunigte er ein wenig, erreichte das andere Ende und hielt, ein wenig außer Atem, an, um auf Schröder zu warten.
    Der kam in ein paar Metern Abstand herangepaddelt. Die Badekappe war ihm über die Augen gerutscht, er war puterrot im Gesicht und erinnerte Zorn ein wenig an eine Schildkröte.
    »Ich kann nur Brustschwimmen«, japste Schröder.
    »Macht nichts«, sagte Zorn gnädig, »lass dir Zeit.«
    Auf den letzten Metern der zweiten Bahn erkannte Zorn, dass er sich seine Kräfte einteilen und das Tempo drosseln musste. Als er anschlug, rang er mühsam nach Atem, hielt sich am Becken fest und sah sich nach Schröder um.
    Der war nur einen halben Meter hinter ihm.
    Nicht schlecht, dachte Zorn, hoffentlich hält er noch ein bisschen durch, und machte sich wieder auf den Weg. Nach wenigen Metern wurde die Luft ernstlich knapp und Zorn bemerkte, wie Schröder aufholte. Er nahm alle Kraft zusammen und schaffte es geradeso, als Erster anzuschlagen. Helle Punkte tanzten vor seinen Augen.
    »Das macht Spaß!«, strahlte Schröder und schob die Badekappe aus der Stirn. »Wie viel Meter haben wir jetzt, Chef?«
    »Hundertfünfzig«, keuchte Zorn und hielt sich unauffällig die Seite.
    »Ich weiß nicht, ob ich tausend schaffe, ich schwimm einfach ganz langsam.« Schröder tauchte unter, stieß sich ab und war im nächsten Moment wieder unterwegs.
    Das kann nicht wahr sein, dachte Zorn, holte tief Atem und machte sich an die Verfolgung. Er kraulte jetzt mit aller Kraft, dabei sah er abwechselnd zum Beckenboden und auf Schröders dünne, behaarte Beinchen, die munter vor ihm herstrampelten. Panisch versuchte er, in Reichweite zu bleiben. Nach zwanzig Metern merkte er, dass der Abstand immer größer wurde, hörte auf zu kraulen und

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