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Zorn - Tod und Regen

Zorn - Tod und Regen

Titel: Zorn - Tod und Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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Fall lösen«, sagte Schröder, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und begann, im Zimmer auf und ab zu laufen, »wissen wir auch, ob Sauer etwas zu verbergen hat.«
    »Wir schnappen gleichzeitig einen Killer und einen korrupten Staatsanwalt.«
    Schröder blieb stehen. »Okay, Chef. Was machen wir?«
    »Den Originalbericht besorgen. Aber den holen wir uns nicht beim Pathologen, sondern von Sauer. Der hat ihn garantiert irgendwo liegen.«
    »Wie willst du da rankommen?«
    »Ich brauche den Vornamen seiner Sekretärin.«
    »Warum?«
    »Weil sie ständig in Sauers Nähe ist und möglicherweise etwas weiß, was wir nicht wissen.«
    Schröder steckte die Hände in die Hosentaschen und trat zwei Schritte auf Zorn zu. »Sie heißt Hannah.«
    Zorn legte Schröder eine Hand auf die Schulter. »Du weißt es schon?«
    »Ich habe den Pförtner gefragt. Der kennt jeden im Präsidium.« Er gestattete sich ein kleines Lächeln. »Ich dachte mir neulich schon, dass das wichtig sein könnte.«
    »Mein lieber Schröder«, sagte Zorn feierlich, »das ist der Beginn einer neuen, wunderbaren Zusammenarbeit.« Er sah seinem Kollegen tief in die Augen. »Nur du und ich. Undercover.«
    »Gracias, Chef.«
    »De nada, Schröder.«
    Schröder tat, als würde er sich eine Träne aus dem Auge wischen.
    »Wir treffen uns um fünf auf dem Parkplatz«, fuhr Zorn fort. »Dann gehen wir erst mal schwimmen.«
    Als Schröder gegangen war, rief Zorn bei Hannah Saborowski an und lud sie für den nächsten Abend zum Essen ein. Danach stand er noch eine Weile am Fenster. Vor dem Präsidium wuchs eine riesige Eiche, noch vollständig kahl, obwohl der Frühling laut Kalender schon längst angebrochen war. Ein Schwarm Krähen hatte sich in den Zweigen niedergelassen. Ein seltsames Hochgefühl hatte ihn ergriffen.
    Ist das Jagdfieber? Nein, überlegte Zorn, ich bin kein Jäger. Ich bin träge, einer, der nur abwartet und sich die Beute hübsch angerichtet auf dem Teller präsentieren lässt. Und hinterher den Koch anmeckert, weil die Klöße zu hart sind.
    Zorn seufzte leise. Jetzt war alles anders. Er wusste nicht, wie lange dieses Gefühl anhalten würde, doch im Moment wollte er nicht darüber nachdenken.
    Bald hab ich dich, Staatsanwalt Sauer, dachte er und beobachtete den Regen, der in feinen Fäden am Fenster hinabfloss. Eigentlich müsste ich dir dankbar sein. Hätte nie gedacht, dass ich jemals wieder so etwas wie Spaß an meiner Arbeit haben würde.
    *
    Staatsanwalt Sauer hatte gewisse Rituale. Eines davon war, sich täglich Punkt 12:30 Uhr das Mittagessen an den Schreibtisch servieren zu lassen. Die Mahlzeiten in der Kantine des Präsidiums waren nach allgemeiner Auffassung nicht übel, doch Sauer verachtete gewöhnliches Essen. Außerdem traf er seine Untergebenen so selten wie möglich, und so war es nur folgerichtig, dass er sich von diversen Edelrestaurants beliefern ließ.
    Er hatte sich Sushi kommen lassen und war gerade dabei, etwas Lachskaviar in die Sojasauce zu tunken, als sein Handy klingelte. Sein Personal hatte strengste Anweisung, während der Mittagspause keine Anrufe durchzustellen, und im Normalfall schaltete er sein Handy um diese Zeit stumm. Heute hatte er es vergessen.
    Er drückte den Anruf weg und trank einen Schluck grünen Tee. Wieder klingelte es. Sauer seufzte und nahm ab.
    »Was ist los?«, knurrte er und pulte mit dem Zeigefinger ein halbes Reiskorn zwischen den Zähnen hervor.
    Bereits eine halbe Sekunde, bevor der andere sprach, wusste Sauer, wer anrief.
    »Eine gute Frage, Leutnant.«
    Diese kalte, irgendwie unbeteiligte Stimme, die klang, als käme sie aus einem anderen Universum. Was in gewisser Weise auch der Fall war. Sauer spürte, wie sich seine Nackenhaare aufrichteten.
    »Was?«, ächzte er.
    »Ich will wissen, was ist.«
    »Ich habe dir verboten, mich im Büro anzuru –«
    »Du verbietest mir nichts, Staatsanwalt.«
    Obwohl er allein war, senkte Sauer die Stimme und schirmte das Telefon mit der Hand ab.
    »Was willst du?«
    »In den Zeitungen steht, dass ihr sie sucht.«
    »Natürlich muss ich die Presse informieren, wenn ich das nicht tue, fliegt sofort alles auf, verdammt! Versteh doch, ich …«, Sauer suchte nach den richtigen Worten, »ich kann einiges verhindern, aber gewisse Dinge eben nicht!«
    Der andere schwieg.
    »Es läuft alles nach Plan, das habe ich dir gesagt. Ich habe den Fall einem absoluten Schwachkopf übergeben. Niemand wird herausfinden, wer sie ist.« Sauer überlegte kurz. »Du

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