Zorn und Zärtlichkeit
befehlen, Euch zu heiraten?«
»Bittet sie, befehlt es ihr, fleht sie an - tut alles, was in Eurer Macht steht, um ihre Einwilligung zu erwirken. Und vergeßt nicht - Ihr wart es, der eine Verbindung zwischen unseren Familien wollte, um die Fehde zu beenden. Nun kann Sheena einen dauerhaften Frieden gewährleisten.«
»Und wenn sie sich weigert?«
»Ich weiß, dass Ihr eine eigensinnige Tochter großgezogen habt, Sir Dugald. Aber ich will sie haben und werde mein Ziel erreichen - so oder so. Mein Entschluss ist unabänderlich. Sie wird dieses Schloss nur als meine Frau verlassen. Darauf könnt Ihr Gift nehmen. Sagt ihr das, wenn sie sich sträubt.«
28.
Niall saß Jamie am Kamin gegenüber. Nach der Unterredung zwischen den beiden Lairds war der ganze Fergusson-Clan in die warme Halle gebeten und bewirtet worden. Der Junge wusste , was sein Vater mit Jamie vereinbart hatte, denn Dugald war vor einer Weile die Treppe herabgelaufen, um über Sheenas Starrsinn zu schimpfen. Ein Blick in James MacKin nions Gesicht hatte ihn bewogen, wieder nach oben zu gehen und sein Glück noch einmal zu versuchen.
Niall war keineswegs erstaunt, weil MacKinnon seine Schwester heiraten wollte. Er fragte sich, ob Sheena wusste , dass Jamie sie damals bei ihrem Bad in dem kleinen Teich beobachtet hatte und später - bei dem Versuch, sie wiederzusehen - in Gefangenschaft geraten war.
Er musste beinahe lachen, während er den Hochländer musterte. Jamie war so nervös wie jeder andere künftige Bräutigam und sorgte sich sichtlich um die Vorgänge in jenem Teil des Schlosses, wo Sheena ihrem Vater die Hölle heiß machte. Er hatte noch kein Wort mit Niall gesprochen, schien dessen Anwesenheit nicht einmal wahrzunehmen und starrte unentwegt zum Ende der Halle, wo Dugald verschwunden war. Das war gut so. Niall hatte kein Bedürfnis, mit dem großen Mann zu reden, der ihm immer noch Furcht einflößte.
»Ein Glück, dass unser Vater unter der Erde liegt und nicht mit ansehen muss , wie unsere Halle von Fergussons wimmelt«, meinte Colen.
Jamie wandte den Kopf und warf seinem Bruder, der sich zu ihm gesetzt hatte, einen kühlen Blick zu. »Falls du gekommen bist, um mit mir zu streiten - ich habe keine Lust, dir zuzuhören.«
»Ich will nicht streiten, Jamie. Aber ich kann meine Neugier nicht mehr bezähmen. Ist alles geregelt?«
»Ihr Vater bemüht sich gerade, sie zur Vernunft zu bringen.«
»Und wer ist das?«
Erst jetzt bemerkte Jamie den Jungen, der bei ihm saß, und lächelte ihn an. »Das ist Niall, Sheenas Bruder«, erklärte er, dann sagte er zu seinem Gast: »Das ist mein Bruder Colen.«
Nialls hellblaue Augen wurden groß und rund: »Oh! Ihr seid genauso groß wie er, mein Herr.«
Colen lachte. »Nur fast so groß. Hat er dir gesagt, dass wir alle beide deine Schwester haben wollten?« fragte er leichthin.
Niall schaute von einem zum anderen. »Ihr seid viel jünger als sie, Colen«, platzte er in aller Unschuld heraus, ohne zu ahnen, welch wunden Punkt er da berührte.
»Das hat man mir bereits mitgeteilt - oft genug«, entgegnete Colen kurz angebunden.
»Ihr meint - es würde Euch nichts ausmachen, nach Sheenas Pfeife zu tanzen? Meine Schwester setzt immer ihren Willen durch. Nicht einmal unser Vater wird mit ihr fertig, wenn sie in Wut gerät.«
Jamie grinste, und Niall fuhr unbeirrt fort: »An Eurer Stelle würde ich nicht lachen, MacKinnion. Ihr geht schweren Zeiten entgegen.«
Jamie verzog die Lippen, was Colen seinerseits zu einem Heiterkeitsausbruch veranlasste . »Wahrscheinlich muss ich froh sein, dass ich sie an dich verloren habe, lieber Bruder. Ich glaube, ich suche mir besser eine Ehefrau, mit der ich zurechtkomme.«
Jamie betastete seine Wange und erinnerte sich an die Ohrfeige, die ihm Sheena gegeben hatte. Sie war in der Tat kein umgängliches Mädchen. Aber sie würde sich zähmen lassen, daran zweifelte er nicht.
Sie unterhielten sich zu dritt, erzählten Geschichten über das Mädchen, bis Colen aufstand, um Daphne zu besuchen. Seine Schwester war seit ihrer Ankunft krank und ans Bett gefesselt. »Ich werde Daphne über die Neuigkeiten informieren, falls Tante Lydia noch nichts ausgeplaudert hat. Unsere Tante kennt nur noch einen Gesprächsstoff - wie überglücklich sie ist, weil Sheena den Namen Fergusson trägt.« Er lächelte, dann wurde er plötzlich ernst. »Tu ihr bloß nicht weh, Jamie - das ist alles, worum ich dich bitte.« Abrupt wandte er sich ab und ging davon.
Jamie starrte
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