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Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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Rückweg ins Präsidium war, hallte die Stimme des Bibliothekars noch immer durch die leere Wohnung: »Ich verklage Euch! Alle! Und die Wohnungstür werdet Ihr mir auch ersetzen!«
    *
    Der Mond scheint durch das Fenster der Laube. Der Hund hockt im Schatten und döst. Die beiden Gestalten auf der Matratze liegen still, ihre Gesichter leuchten im fahlen Licht, sie liegen eng aneinander geschmiegt wie Bruder und Schwester.
    »Wir gehen zusammen weg«, flüstert Max. »Irgendwohin, wo uns keiner kennt.«
    Marthas Augen sind jetzt geschlossen, man könnte denken, dass sie schläft.
    Aber das tut sie nicht.
    »Portugal ist schön. Warst du schon mal dort?«
    Er dreht sich auf den Rücken, verschränkt die Arme hinter dem Kopf und schaut zur Decke. Seine Augen glänzen.
    »Die Menschen da sind total nett, nicht solche Arschlöcher wie hier. Das liegt wahrscheinlich an der Sonne. Wir könnten den ganzen Tag am Strand liegen, du würdest lesen oder Steine sammeln. Ich such mir einen Job, vielleicht als Dolmetscher. Ich muss natürlich noch Portugiesisch lernen, aber das krieg ich hin.« Er dreht sich auf die Seite. Die Matratze schwankt unter seinem Gewicht. »Wär das nicht toll?«
    Sie antwortet nicht.
    »Du bist immer noch sauer, oder?«
    Er greift vorsichtig nach ihrer rechten Hand und hält sie in die Höhe. Die Finger sind unnatürlich verkrampft. Die Handschelle klirrt leise, sie glänzt im Mondlicht.
    »Du brauchst Ruhe, Martha. Du musst ein bisschen schlafen.«
    Er lässt ihre Hand los, sie fällt schlaff zurück, als gehöre sie zu einer Puppe. Wieder rückt er so nah wie möglich an sie heran. Seine Fingerspitzen tasten vorsichtig über ihr Gesicht, fahren am Hals hinab, bleiben auf ihrer Brust liegen.
    Er beginnt zu singen: Die Blümelein, sie schlafen schon längst im Mondenschein.
    Seine Stimme zittert, er singt hoch, unsicher, wie ein kleines Kind.
    Sie nicken mit den Köpfchen auf ihren Stängelein.
    Er küsst sie sacht hinters Ohr.
    Es rüttelt sich der Blütenbaum, er säuselt wie im Traum.
    Martha liegt reglos.
    Schlafe, schlafe, schlafe ein mein Kindelein.
    *
    »Was sind das nur für Idioten!«, schäumte Zorn. »Ich fass es einfach nicht! Die sitzen sich die Ärsche in ihrem Streifenwagen rund und schaukeln sich die Eier, während der Kerl seelenruhig durch den Hinterausgang davonspaziert!«
    »Aus dem Fenster«, korrigierte Schröder. »Die Wohnung liegt im ersten Stock, Max Brandt ist wohl nach hinten durch die Küche abgehauen, das Fenster stand offen. Vielleicht hat er sich auch wieder verkleidet. Wenn er als Frau an der Streife vorbeigelaufen ist, wird denen das kaum aufgefallen sein. Im Krankenhaus hat das ja wunderbar geklappt.«
    »Diese Penner haben ihm wahrscheinlich noch auf die falschen Titten gestarrt und ihm hinterhergepfiffen! Erzähl mir, was du willst, Schröder. Sie hatten Anweisung, die Wohnung zu überwachen. Und sie haben sich vorführen lassen wie die letzten Anfänger! Wie kannst du da so ruhig bleiben?«
    »Weil es keinen Sinn hat, sich weiter aufzuregen.« Schröder zuckte die Achseln. »Der Junge ist verschwunden. Die Streife hatte Order, ihn zu beschützen, und hat versagt.«
    »Die sollten ihn nicht nur beschützen, sondern überwachen, verdammt! Sie wussten, dass er verdächtig ist!«
    »Von mir aus. Das ändert nichts an den Tatsachen, Chef.«
    »Du und deine beschissene Logik!«
    Zorn wollte sich noch immer nicht beruhigen. Schröder ging zur Tür, im Laufen zog er die Cordhose hoch. »Das ist das Einzige, was wir im Moment haben, Chef«, sagte er und drehte sich noch einmal um. »Was passiert ist, ist passiert. Wir müssen mit den Tatsachen leben und überlegen, wie wir jetzt reagieren.«
    »Dann sei so freundlich und sag’s mir!«
    »Wir stellen die Wohnung auf den Kopf. Vernehmen den Vater. Vielleicht erfahren wir, wo wir Max suchen müssen.«
    Zorn dachte nach.
    »Okay«, nickte er dann. »Schick die Spurensicherung in die Hütte und nimm dir diesen Bibliothekar zur Brust. Wie spät ist es?«
    »Viertel nach elf.«
    »Ich glaub, ich fahr bald nach Hause«, sagte Zorn müde. »Heute Nacht wird sowieso nichts mehr passieren.«
    Das war ein Irrtum, wie sich bald herausstellen sollte.
    *
    Sandmännchen kommt geschlichen und guckt durchs Fensterlein.
    Seine Stimme dicht an ihrem Ohr, und doch unendlich weit weg.
    Ob irgendwo ein Liebchen nicht mag im Bette sein.
    Wie durch einen Tunnel, als komme sie aus einer anderen Welt.
    Und wo er noch ein Kindchen fand, streut er ins

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