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Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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haben, kann es gar nicht anders sein. Es ist gerade mal ein paar Stunden her, dass ich ihn vernommen habe. Und ich hab nichts gemerkt. Ich Blödmann hab mir von ihm noch den Klingelton ändern lassen.
    »Was sagst du, Chef?«
    Schröder sah ihn fragend an.
    »Ach, nichts.«
    Die letzten Worte hatte Zorn laut vor sich hingemurmelt. Das Chaos in seinem Kopf nahm zu, Malina fiel ihm ein. Sie geht mir nicht aus dem Sinn, dachte er, selbst jetzt noch. Aber darüber kann ich mit niemandem reden. Auch nicht mit Schröder.
    »Ich muss wieder rein.« Schröder stand auf. »Frieda Borck kommt jeden Moment, ich warte noch auf den Durchsuchungsbefehl, dann fahr ich zur Wohnung. Wir werden den Jungen finden. Geh nach Hause und ruh dich aus. Ich hab hier alles im Griff.«
    Er sah auf Zorn hinab. Dann streckte er die Hand aus und hielt sie ihm entgegen, mit der Handfläche nach oben.
    »Was soll das?«, fragte Zorn verblüfft.
    »Schlag ein, Chef.«
    »Ich denk ja nicht dran!«
    »Die Amis machen das so. Und die Jugendlichen.«
    »Wir sind aber keine Amis!«
    »Du hast recht«, nickte Schröder. »Jugendlich sind wir auch nicht.«
    Er vergrub die Hand in der Hosentasche und lief in Richtung Eingang.
    »Was ist eigentlich mit dir?«, rief Zorn ihm nach.
    Schröder blieb verwundert stehen.
    »Was soll mit mir sein?«
    »Du würdest mir sagen, wenn’s dir beschissen geht, oder?«
    Langsam drehte sich die kleine, kugelförmige Gestalt um. Schröder stand einen Moment da, sah zum Himmel und überlegte. Seine Glatze glänzte im Licht einer Laterne.
    »Nein«, sagte er. »Ich glaube nicht.«
    Dann ging er davon.
    *
    Die Wohnung von Peter Brandt lag in einer kleinen Seitenstraße, einen knappen Kilometer nördlich vom Marktplatz. Er lebte über einem ehemaligen Fotoatelier, gegenüber befand sich eine Filiale der Sparkasse. Die Hauptstraße war nur ein paar Dutzend Meter entfernt, doch der Verkehrslärm störte ihn nicht, im Gegenteil: Brandt selbst hatte kein Auto, die Haltestelle der Straßenbahn befand sich direkt an der Ecke, und wenn er spazieren ging, war er nach ein paar Minuten Fußweg am Fluss.
    Peter Brandt schlief schlecht. Wenn er von der Universität nach Hause kam, war er meist betrunken. Dann aß er etwas, bediente sich aus seiner Minibar, schaltete den Fernseher ein und legte sich aufs Sofa. Das war gut, denn wenn er schlief, konnte er nicht trinken. Nach ein paar Stunden kam er dann zu sich, immer noch leicht benebelt, aber wach. Das war keine gute Zeit für Peter Brandt, die Nacht lag vor ihm, er konnte nicht schlafen, am nächsten Morgen musste er fit sein, um wenigstens halbwegs ansprechbar in der Universität zu erscheinen. Er wusste, dass er nicht in seiner Wohnung bleiben durfte, die Flaschen waren zu verlockend. Und so hatte er sich zur Gewohnheit gemacht, vor Mitternacht ein, zwei Stunden das Haus zu verlassen und in der Dunkelheit spazieren zu gehen.
    Heute, an diesem Freitag, dem 17. August, war es anders. Peter Brandt hatte Geburtstag, er feierte allein, und er hatte mehr getrunken als gewöhnlich. Er stand am Fenster, die Vorhänge hatte er wieder aufgezogen und sah hinab auf die Straße.
    Es war ruhig, die Schaufenster der Sparkasse waren hell erleuchtet. Am Eingang hing ein rotes Plakat mit einem grinsenden Säugling.
    SOOOO VIELE ZINSEN!!!! , stand darauf.
    Der Bibliothekar schwankte ein wenig. Mit der linken Hand stützte er sich am Heizkörper ab, in der rechten hielt er die Wodkaflasche.
    »Ich muss die Fenster putzen«, murmelte er.
    Die Flasche war halb voll, sie lag schwer in seiner Hand. Nachdenklich betrachtete er erst das blaue Etikett mit dem silbernen Schriftzug, dann das Haus gegenüber.
    Eine blonde Frau näherte sich, sie trug ein leuchtend gelbes Sommerkleid. Das Klappern ihrer Absätze hallte laut zwischen den Häuserwänden wider. Ihre Schritte wurden langsamer, dann ging sie durch die Drehtür zum Geldautomaten.
    Brandt überlegte. Kämpfte mit dem Drang, die Flasche bis zum letzten Tropfen zu leeren. Schließlich siegte die Vernunft, die ihn all die Jahre hatte überleben lassen.
    Es klirrte leise, als er den Schnaps auf dem Fensterbrett abstellte. Dann nahm er seinen Mantel, setzte einen Hut auf und verließ die Wohnung.
    Drinnen schlug die alte Standuhr.
    Es war Mitternacht.
    *
    Die Drehtür öffnete sich, die blonde Frau im gelben Kleid erschien. Auf dem Treppenabsatz blieb sie stehen und verstaute ein paar Geldscheine in ihrer Handtasche. Hastig lief sie los, doch nach ein paar

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