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Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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fällt auf die Rohrzange, Nägel und Schrauben liegen daneben. Er steht auf, geht um die Matratze. Plötzlich hat er die Zange in der Hand. »Ich muss sicher sein«, wiederholt er.
    Ihre linke, verletzte Hand liegt auf den Dielen, mit dem Handrücken nach oben. Sie ist dunkel vom getrockneten Blut, als würde sie in einem Handschuh stecken. Er steht neben ihr, tritt mit dem Fuß auf ihren Unterarm, kurz hinter dem Gelenk. Nur leicht, er will ihr nicht weh tun. Sie soll die Hand nicht wegziehen können.
    Dann bückt er sich.
    Sie spürt ein leichtes Piksen.
    Es stammt von einem Nagel. Er ist groß, ein wenig verbogen, mindestens fünfzehn Zentimeter lang.
    »Ein Hammer wär besser, aber es geht auch so.«
    Die Zange saust herab.
    Der erste Hieb treibt den Nagel durch die Hand.
    »Aller guten Dinge sind drei«, murmelt er.
    Der letzte Schlag wäre nicht mehr nötig gewesen.
    Schon beim zweiten steckt der Nagel tief im Holz.
    *
    Zorn schrak zusammen, als Schröder wie ein Kugelblitz in sein Büro gerast kam.
    »Was ist?«, fragte er und schob einen Papierstapel beiseite.
    Schröder stand schweratmend in der Tür.
    »Die Krankenschwester war falsch, Chef.«
    »So weit war ich auch schon.«
    »Das war überhaupt keine Schwester.«
    »Was?«
    Statt einer Antwort hielt Schröder das Blatt am ausgestreckten Arm in die Höhe. Langsam kam er näher, Zorn kniff die kurzsichtigen Augen zusammen.
    »Würdest du mir bitte erklären, was …«
    Er verstummte.
    Dann riss er Schröder das Blatt aus der Hand. Drei, vier Sekunden starrte er es ungläubig an. Ein grobes, maskenartiges Gesicht, kaum Einzelheiten, doch die Person, die da dargestellt wurde, war eindeutig zu erkennen.
    Zorns Blick wanderte wieder zu Schröder.
    »Willst du mich verarschen? Weißt du, was das bedeutet?«
    »Wie ich schon sagte, Chef. Es war keine Schwester.«
    »Nein«, murmelte Zorn. »Das war ein Bruder.«
    Das Gesicht auf dem Phantombild gehörte Max Brandt.

Neunundzwanzig
    »Du musst mich verstehen, Martha. Wir beide sind die Einzigen, die jetzt noch übrig sind. Ich kann einfach nicht zulassen, dass du abhaust.«
    Max Brandt hat ihr den Rücken zugewandt und sitzt auf dem Rand der Matratze. Sie hört ihm nicht zu. Nicht etwa, weil das, was er zu sagen hat, sie nicht interessieren würde. Sie ist einfach nicht dazu in der Lage.
    Martha Haubold liegt im Sterben.
    »Weißt du«, sagt er und es klingt fast ein wenig schüchtern, »ich hab das ja nicht getan, weil es mir Spaß gemacht hat. Ich wollte dir helfen. Nein, ich wollte uns helfen. Die anderen haben gestört, sie waren einfach nur im Weg. Was hätte ich denn machen sollen?«
    Die letzten Worte hat er gerufen, sie hallen von den Wänden der engen Laube wider. Der Hund richtet sich kurz auf, legt sich dann wieder hin.
    »Alle anderen hast du gefickt, mich nicht«, fährt er leise fort. »Du wolltest nie was mit mir zu tun haben, erst hab ich gedacht, dass ich dir nicht gut genug bin, aber irgendwann hab ich’s kapiert. Du hast mich einfach nicht gesehen, stimmt’s? Du hast gar nicht gemerkt, dass ich existiere, ich war Luft für dich.«
    Er überlegt einen Moment.
    »Ich mach dir keinen Vorwurf, du kannst nichts dafür. Die anderen haben dich abgelenkt.«
    Ihr Zeigefinger zuckt. Der Nagel ragt ein paar Zentimeter aus dem Handrücken hervor, der Blutfleck neben ihr wird langsam größer. Max bemerkt es nicht, er starrt beim Reden gedankenverloren auf seine Hände.
    »Wir beide sind was Besonderes. Es wird eine Weile dauern, bis du das kapiert hast, aber irgendwann wirst du’s verstehen. Björn war ein Spinner, er hat nie begriffen, wer du wirklich bist. Vögeln wollte er dich, mehr nicht. Das war ihm wichtig, und sein bescheuertes Rennrad.« Max kichert leise. »Du hättest sehen sollen, wie er an dem Draht gezappelt hat, Martha. Er hing da drin wie eine dieser albernen Figuren von der Augsburger Puppenkiste.«
    Die Blutlache nähert sich seinem Fuß, er rückt ein wenig beiseite.
    »Was Udo betrifft: Ehrlich gesagt, hab ich nie kapiert, was du von ihm wolltest. Das geht mir irgendwie nicht in den Kopf, er war doch nun wirklich nicht der Hellste. War’s sein Schwanz? War der besonders groß oder so?« Er wartet einen Moment, dann dreht er sich zu ihr um. »Ich dachte immer, Frauen legen da keinen Wert drauf. Oder irre ich mich?«
    Sein Gesicht schwebt blass im Dämmerlicht. Die Lippen leuchten unnatürlich rot, er hat sich noch immer nicht abgeschminkt.
    »Oh, du kannst ja gar nicht reden.« Es

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