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Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition)

Titel: Zorn - Vom Lieben und Sterben: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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ich hier langfahre«, sagte Zorn. Leise tuckerte der Diesel im Leerlauf.
    »Ach«, erwiderte Schröder. Er sah nachdenklich aus dem Fenster, ein paar Sekunden später fügte er hinzu: »Das ist ja verrückt.«
    Zorn schaltete die Lüftung eine Stufe höher.
    Schröder begann leise vor sich hinzupfeifen.
    Zorn räusperte sich.
    Bin ich ein Misanthrop? Ein Einsiedler, der verlernt hat, ein normales, beiläufiges Gespräch zu führen? Nein, entschied Zorn. Ich bin vielleicht ein wenig wortkarg, aber ansonsten völlig normal.
    Die Ampel sprang auf Grün, sie fuhren an, die Reifen quietschten ein wenig, Zorn blinkte und bog nach rechts ab. Wieder fuhren sie schweigend dahin.
    »Soll ich das Radio anmachen, Chef?«
    »Nee. Ich kann dieses Gedudel nicht ertragen.«
    »Du hast recht, unterhalten kann man sich dabei auch nicht.«
    Sie passierten eine Eisdiele, kurz darauf den Hintereingang des Zoos und kamen dann zu einer Kreuzung, an der es links Richtung Nordbad ging. Zorn wollte abbiegen, aus der Gegenrichtung kam ihnen ein dunkler BMW entgegen, hupte durchdringend und fuhr haarscharf an Zorns Volvo vorbei. Schröder richtete sich auf und prüfte unauffällig den Sitz seines Sicherheitsgurtes.
    »Verfickter BMW! Scheißkarre!«, schrie Claudius Zorn und trat auf die Bremse.
    »Er hatte Vorfahrt, wenn die Bemerkung gestattet ist.«
    »Mir doch egal«, knurrte Zorn. »Trotzdem Scheißkarre.«
    Zorn gab Gas, und ihm fiel auf, dass sie soeben doch über etwas anderes als ihre Arbeit gesprochen hatten. Nur kurz, aber immerhin.
    *
    Das Nordbad war vor über fünfzig Jahren gebaut worden. Es lag in einer Senke unweit des Flusses, umgeben von Porphyrfelsen und uralten Pappeln. Heute war Sonntag, es war Sommer und die Sonne schien, was bedeutete: Das Bad war voll.
    In einem Anfall von Großmut hatte Zorn für sie beide den Eintritt (7 Euro) bezahlt, jetzt standen sie ein wenig unentschlossen auf einer kleinen Erhebung hinter dem Eingang. Links von ihnen befand sich das Kinderbassin, zu ihren Füßen erstreckte sich das große Becken, umgeben von einer Liegewiese. Direkt vor ihnen reckte sich der Sprungturm in den blauen Himmel. Es roch nach Sonnencreme und frisch gechlortem Wasser.
    Zorn, der außer einem großen Handtuch nichts dabei hatte, wandte sich nach links, in Richtung Kinderbecken. Nach ein paar Metern blieb er stehen und sah sich um. Schröder zögerte, dann folgte er ihm mit kurzen, tippelnden Schritten. Seine Sandalen klapperten über den Betonweg, unter den linken Arm hatte er die Decke geklemmt, in der rechten Hand hielt er den Picknickkorb. Die breite Krempe des Strohhutes hing ihm tief ins Gesicht.
    Wir sind schon ein tolles Paar, wir beide, dachte Zorn. Fehlt nur noch, dass er sich einen Esel zulegt. Dann würden wir aussehen wie Don Quichotte und Sancho Pansa.
    »Warum lachst du, Chef?«
    »Ach, nur so.«
    Er sieht aus wie ein italienischer Weinbauer aus dem vorletzten Jahrhundert, überlegte Zorn weiter und schob die Sonnenbrille mit dem Daumen zurecht. Auf jeden Fall ist er hier ungefähr genauso fehl am Platz wie ein Gnu in einem Einkaufszentrum. Wahrscheinlich gibt es auf der ganzen weiten Welt keinen einzigen Ort, an den er passen würde. Vielleicht mag ich ihn deshalb so. Weil es mir ähnlich geht.
    Sie liefen am Kiosk vorbei und erreichten das Kinderbecken. Der Lärm war ohrenbetäubend. Wasser spritzte, Bälle flogen durch die Gegend, halbnackte, kreischende Kinder sprangen umher, es mussten Hunderte sein. Auf einem Hügel entdeckte Zorn eine freie Stelle, er ging hinauf, ließ das Handtuch fallen und machte Anstalten, sich zu setzen.
    Schröder folgte ihm, sah sich um und blieb unentschlossen stehen.
    Zorn zog sich das T-Shirt über den Kopf. »Was ist denn?«
    »Ich weiß nicht …« Schröder schien ein wenig außer Atem. »Können wir nicht woanders hin?«
    Zorn hielt in der Bewegung inne. »Wie jetzt? Hier ist es genauso gut wie überall.«
    »Lass uns da rübergehen.«
    Schröder deutete auf die andere Seite des Bades, dahin, wo ein Zaun die Grenze zur Gartenanlage bildete.
    Zorn blinzelte und sagte achselzuckend: »Wenn du meinst. Vielleicht ist es da ja wirklich ein wenig ruhiger.«
    »Auf jeden Fall haben wir dort ein bisschen Schatten, Chef.«
    Sie schlängelten sich durch herumliegende Handtücher, Badetaschen und schwitzende Menschen, bis sie endlich das andere Ende des Bades erreichten. Direkt am Zaun blieb Schröder stehen und ließ Decke und Picknickkorb zu Boden fallen.
    »Hier ist es

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