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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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Zorn.
    »Warum?«
    »Weil ich gefesselt bin!«
    »Wer hat das gemacht?«
    »Das ist jetzt nicht wichtig.« Zorn wurde unruhig. »Mach mich einfach los, ja?«
    Der Lampenmann dachte nach. Es bereitete ihm Mühe, das war ihm deutlich anzusehen, fast meinte Zorn, die Zahnräder in seinem Kopf zu hören, ein rostiges, schwerfälliges Uhrwerk, selbst mit den kleinsten Aufgaben überfordert.
    »Wenn du gefesselt bist, kannst du hier gar nicht weg!«
    »Das stimmt. Ich schaff das nicht allein.«
    »Hat dich dein Feind da angebunden?«
    »Wen meinst du?«
    »Der Mann mit dem Hut und der kaputten Nase. Du hast gesagt, dass er dein Feind ist.«
    Hermann? Scheiße, was sollte das jetzt bedeuten?
    Der Lampenmann kratzte sich am Kopf.
    »Nein, der kann das gar nicht gemacht haben.«
    »Ich erklär dir das später, ja?« Zorn zwang sich zur Ruhe, sprach langsam, jedes einzelne Wort betonend. »Wir müssen hier weg, und zwar schnell, verstehst du? Er kommt bald zurück!«
    »Wer?«
    Lieber Gott, stöhnte Zorn in Gedanken, habe ich heute nicht genug durchgemacht? Erst verfrachtest du mich in diese verfluchte Ruine und jetzt, verdammt nochmal, schickst du mir diesen Kerl mit dem IQ eines Kachelofens? Hast du mich nicht schon genug gestraft?
    *
    Elias de Koop spürte, dass jemand kam. Ein paar Sekunden, bevor sich der Schlüssel im Schloss drehte, wusste er es. Intuition vielleicht. Oder Instinkt. Er richtete sich auf und trat einen Schritt zurück. Sein Atem ging ruhig.
    Die Tür öffnete sich einen Spalt, eine Taschenlampe blitzte auf.
    De Koop stand einen Meter entfernt, den Flaschenhals hinter dem Rücken verborgen. Er hatte die Augen fest geschlossen, Licht brauchte er nicht, es würde ihn nur blenden. Hinter ihm lag der Richter schlafend in der Wanne.
    Die Tür wurde aufgestoßen und schlug mit einem Knall gegen die Wand.
    BAMM!!
    Der Richter schrie auf, gleichzeitig glitt de Koop einen Schritt zur Seite. Einen Moment sah es so aus, als wolle er vorwärtsstürmen, doch er blieb stehen.
    Wieder schrie der Richter.
    »Still«, knurrte de Koop und öffnete die Augen.
    Czernyk lehnte im Flur an der gegenüberliegenden Wand, die Pistole wie beiläufig zwischen de Koops Augen gerichtet. »Hast du tatsächlich geglaubt, du könntest mich überwältigen?«
    »Fast hätte ich’s versucht.«
    »Ich habe schon einmal auf dich geschossen. Soll ich es wieder tun?«
    Ein Winseln ertönte. Es war der Richter, er hockte in der Wanne, die Decke hatte er über den Kopf gezogen. Er weinte wie ein Kind.
    »Beruhige ihn«, sagte Czernyk zu de Koop. »Danach gehen wir. Wenn du mir näher als einen Meter kommst, bist du tot.«
    De Koop antwortete nicht. Die Stummel seiner verkrüppelten Hand tasteten über die verletzte Schulter, die andere hielt er noch immer hinter den Rücken. Das, was er darin verbarg, hatte Czernyk nicht gesehen.
    Der Flaschenhals verschwand im Ärmel des Laufshirts.
    *
    »Ich kann hier nicht weg«, wiederholte Zorn geduldig. »Du musst mir helfen.«
    Der Lampenmann runzelte die Stirn.
    »Und was muss ich machen?«
    »Scheiße nochmal, bind mich los, du Vogel!«
    Zorns Stimme hallte von den Wänden wider. Das Echo flatterte unter der Kuppel wie ein aufgeschreckter Wellensittich.
    VOGEL Vogel vogel vogel …
    »Pst!« Vorwurfsvoll legte der Lampenmann den Zeigefinger an die Lippen. »Du musst leise sein!«
    Scheiße, das stimmt, dachte Zorn, woher weiß er das?
    Weiter kam er mit diesem Gedanken nicht, denn in diesem Moment knallte links von ihm, im Westflügel, eine Tür.
    Czernyk kam zurück.
    »Pass auf«, Zorn senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Wir müssen uns beeilen!«
    Der Lampenmann stand verträumt neben dem Brunnen. Aus dem Westflügel hallte ein Schrei herüber, er schien es nicht zu hören.
    »Meine Hand ist festgebunden.« Zorn rüttelte an der Fessel. »Hier! Siehst du?«
    Ein weiterer Schrei, der Lampenmann horchte auf.
    »Ich habe ein Messer«, sagte er stolz. »Ich kann dich losschneiden!«
    »Gut, dann mach! Du bist doch mein Freund.«
    »Ach!« Die Augen des Lampenmanns verengten sich. »Aber vorhin hast du was anderes gesagt!«
    »Was?« Zorn schüttelte verwirrt den Kopf. »Wann?«
    »Auf der Straße, als ihr gesprochen habt, du und der Mann mit dem Hut. Du hast mir gesagt, dass er dein Feind ist. Und du hast gesagt, dass ich nicht dein Freund bin. Dann hast du mich weggeschickt.«
    Schritte. Jetzt waren im Westflügel Schritte zu hören.
    Ich dreh durch, dachte Zorn. Gleich dreh ich durch!
    »Ich hab

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