Zorn - Wo kein Licht
Grünbein, den toten Banker. Alles, was in den letzten Tagen passiert ist, hängt zusammen.« Schröders kurzer Zeigefinger tippte auf das Handy. »Da steht’s.«
Zorn schob die Brille wieder auf die Nase.
»Nur weil dir jemand eine Nachricht schickt, muss das nicht die Wahrheit sein. Du weißt ja nicht mal, wer der Absender ist.«
»Das werden wir prüfen.« Schröder sah auf die Uhr. »In einer Stunde kommt die Kriminaltechnik, ich schick das Telefon dann ins Labor. Mal sehen, was die herausfinden.«
»Das kann auch alles bloß ein dummer Scherz sein.«
»Natürlich. Aber der Absender der Nachricht kennt mich, es gibt nicht viele, die meine Handynummer haben. Und er lässt dir Grüße ausrichten, Chef.«
»Ja«, nickte Zorn widerwillig, »das ist irgendwie schräg.«
Schröder stand auf und ging zum Waschbecken.
»Weißt du«, sagte er über die Schulter und ließ Wasser in eine kleine Porzellankanne laufen, »über den Absender sollten wir uns vorerst keine Gedanken machen. Wichtig ist der Inhalt dieser Nachricht. Es bestätigt genau das, was ich vermutet habe, nämlich dass alles irgendwie in Zusammenhang steht. Drei Vermisste innerhalb kürzester Zeit, wenn man Jeremias Staal mit einrechnet. Und der Selbstmörder. Vier Personen, die sich irgendwie gekannt haben müssen.«
Alles hängt zusammen, dachte Zorn. Aber wie?
Schröder nahm die Kanne und ging zum Fenster, wo die Blumentöpfe fein säuberlich geordnet in einer Reihe standen wie Soldaten, die zum Appell angetreten sind.
»Du brauchst die Dinger nicht zu gießen«, erklärte Zorn. »Das hab ich vorhin gemacht.«
»Ach!«, staunte Schröder.
»Aber das Umtopfen musst du schon selbst übernehmen.«
»Das hat Zeit, Chef.« Schröder stellte die Kanne auf das Fensterbrett. »Aber man muss sich um Pflanzen kümmern. Es sind Lebewesen, man sollte mit ihnen reden, wenigstens ab und zu.«
Zorn verdrehte die Augen.
»Was soll ich denn machen? Gedichte rezitieren? Aus Hamlet vorlesen?«
Schröder überlegte einen Moment.
»Warum eigentlich nicht?«
Zorn schwieg. Schröder hob beschwichtigend die Hände, dann nahm er wieder Platz. »Lass uns versuchen, ein wenig Ordnung in dieses Chaos zu bringen.«
Er nahm ein Blatt Papier und begann zu schreiben. Zorn vertrieb sich die Zeit, indem er abwechselnd missmutig auf Schröders Grünpflanzen und den schwarzen Monitor seines Rechners starrte.
»So«, Schröder hielt ein Blatt in die Höhe, »das wäre zunächst der chronologische Ablauf.«
Zorn beugte sich über seinen Tisch und las, was Schröder geschrieben hatte:
Ein Bankangestellter begeht Selbstmord
Ein Autohändler hat einen Unfall, verschwindet danach
Ein Richter wird vermisst
Ein Anwalt wird vermisst
»Du hast was vergessen, Schröder.« Zorn lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Da wären noch ein toter Bauchredner, ein vergifteter Polizeipräsident, Wachtmeister Kusch und fünf weitere Tote auf dem Polizeiball.«
»Den Anschlag sollten wir als Ganzes sehen«, widersprach Schröder. »Ich glaube nicht, dass es um einzelne Personen ging. Der Täter hatte eine Institution im Visier, den gesamten Polizeiapparat. Er konnte einfach nicht wissen, wer im Endeffekt von den vergifteten Würsten essen würde.«
Zorn setzte zu einer Erwiderung an, ließ es dann aber bleiben. Schröder hatte recht. Schon wieder.
»Der Bankangestellte und der Autohändler kannten sich definitiv.« Schröder malte zwei Kreise auf den Zettel. »Meinolf Grünbein hat die Konten von Jeremias Staal bearbeitet.«
Daran konnte Zorn sich dunkel erinnern. Möglicherweise war es Staal gewesen, der den Banker in den Selbstmord getrieben hatte. Er nickte.
»Außerdem war da noch dieses Fischzeugs.«
»Haifischknorpel, Chef. Im Unfallauto Staals und auf dem Schreibtisch Grünbeins.«
»Wir sollten die Wohnung von diesem Jeremias Staal untersuchen, Schröder.«
»Ist bereits geschehen. Die Kollegen haben nichts Auffälliges gefunden, aber ich seh mich heute Nachmittag selbst noch mal um.«
»Tu das.« Zorn überlegte. »Was verbindet diese beiden mit dem Anwalt und dem Richter?«
Schröder hob sein Handy hoch.
»Die Nachricht. Da steht’s drin.«
»Ein wenig dürftig, oder?«
Schröder zuckte mit den Achseln.
»Kann sein. Trotzdem sollten wir das prüfen, Chef. Vier Personen, von denen drei innerhalb kürzester Zeit verschwinden. Ein auffallend komischer Zufall.«
»Okay. Warten wir ab, bis wir rauskriegen, wer dir die Nachricht geschickt hat.« Zorn erhob sich
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