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Zorn

Zorn

Titel: Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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ich mir gern die 911-Bänder anhören …«
    Lucas saß mit dem Rekorder und Kopfhörern in Marcys Büro und hörte sich die Kassetten an. Die Aufnahmen waren beide nicht länger als dreißig Sekunden.
    Die erste:
    »Neun-eins-eins. Handelt es sich um einen Notfall?«
    »Vielleicht. Ich glaube schon. Ich habe von den zwei vermissten Mädchen gehört und will nicht in die Sache hineingezogen werden, aber da ist ein Obdachloser, der hier in der Gegend mit einem Basketball rumdribbelt. Angeblich ist er wegen Sexualdelikten aktenkundig.«
    »Wissen Sie, wie er heißt?«
    »Nein, ich kenne ihn nur vom Sehen. Sie müssen ihn festnehmen.«
    »Wissen Sie, wo er lebt?«
    »Ich weiß nur, dass er in Kartons am Fluss gehaust hat, in der Nähe der West River Road.«
    »Und wie heißen Sie, Sir?«
    »Ich will da nicht reingezogen werden. Finden Sie den Kerl mit dem Basketball.«
    Ende des Gesprächs. Zwei Sekunden später gab eine andere Stimme Uhrzeit und Datum des Anrufs an und erklärte, dass der Anruf aus einer Telefonzelle an der südöstlichen Fourth Street am Ostufer des Mississippi gekommen sei, etwa einen Kilometer von der Stelle entfernt, an der die Mädchen entdeckt worden waren.
    Die zweite Aufzeichnung:
    »Neun-eins-eins. Handelt es sich um einen Notfall?«
    »Ja. Ich glaube schon. Sie suchen nach Terry Scrape, dem Obdachlosen, der die Jones-Mädchen entführt hat. Ich kenne ihn, weil er die ganze Zeit mit einem Basketball hier rumdribbelt. Heute Nacht habe ich ihn in der kleinen Straße hinter Tom’s Pizza gesehen, wie er eine Schachtel in einen Müllcontainer geworfen hat. Ich weiß nicht, ob das wichtig ist, aber ich dachte mir, ich rufe lieber mal an.«
    »Danke. Wenn Sie mir bitte Ihren Namen geben würden …«
    »Ich will da nicht hineingezogen werden, okay? Überprüfen Sie die Sache mit der Schachtel.«
    Zwei Sekunden später wieder die andere Stimme, die Uhrzeit und Datum des Anrufs angab und erklärte, dass der Anruf zu einer Telefonzelle in der Nähe der University of Minnesota zurückverfolgt worden sei – nicht weit von der ersten entfernt.
    Lucas hörte sich die Anrufe jeweils zweimal an und machte sich Notizen. Ein Blick in seinen Block sagte ihm, dass der erste Anruf etwa zu der Zeit hereingekommen war, als er und einige andere Detectives – Sloan? Hanson oder Malone? Und Daniel? – gegenüber in dem Apartment von Scrape gewesen waren. Zu diesem Zeitpunkt war der 911-Anruf nicht wichtig gewesen, doch das konnte der Anrufer nicht wissen. Das zweite Telefonat hatte in der Nacht stattgefunden, Lucas war im Bett gewesen. Sloan hatte ihn geweckt, damit er die Schachtel aus dem Container holte …
    Richards lehnte sich an den Türrahmen, als Lucas den Kopfhörer abnahm.
    »Was haben Sie rausgefunden?«, fragte Lucas.
    »Sie wohnen alle noch in der Gegend. Eine draußen in Stillwater«, antwortete Richards. »Namen, Adressen und Telefonnummern habe ich anhand der Ausweisnummern rausgefunden, die Sie damals notiert haben.«
    »Hervorragend«, lobte Lucas ihn. »Ich möchte Sie um einen weiteren Gefallen bitten. Bitte hören Sie sich die Kassetten an. Dauert bloß zwei Minuten.«
    Richards nahm Platz, setzte die Kopfhörer auf und lauschte. Als die Kassetten zu Ende waren, fragte er stirnrunzelnd: »Das war derselbe Typ, oder?«
    »Ich hatte gehofft, dass Sie das sagen würden.« Lucas warf einen Blick auf seine Notizen. »Beide Male wird der Anrufer gefragt, ob es sich um einen Notfall handelt. Das erste Mal antwortet er ›Vielleicht‹, das zweite Mal ›Ja‹. In beiden Fällen folgt ein ›Ich glaube schon‹. Am Ende der Aufnahme weigert er sich jeweils, seinen Namen anzugeben, fast im gleichen Wortlaut: ›Ich will da nicht hineingezogen werden‹.«
    »Ich habe eher auf seine Stimme geachtet«, sagte Richards. »Er redet irgendwie geziert.«
    »Wie ein Englischlehrer?«
    »Genau.«
    Lucas steckte die Kassetten zurück in den Umschlag, nahm sein Handy aus der Tasche und rief Marcy an.
    »Ich bin in einer Sitzung«, meldete sie sich.
    »Ich weiß, aber ich muss dich was fragen. Wenn’s dir nichts ausmacht, lasse ich die zwei Kassetten mit den Neun-eins-eins-Anrufen von einem Stimmenexperten überprüfen.«
    »Warum?«
    »Weil ich glaube, dass die beiden Hinweise von ein und demselben Mann stammen, was eigentlich nur möglich ist, wenn es sich um den Mörder handelt. Ich gebe Clark eine Empfangsbestätigung.«
    »Kannst du fünf Minuten warten? Wir sind hier gleich fertig, dann komme ich zu

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