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zorneskalt: Thriller (German Edition)

zorneskalt: Thriller (German Edition)

Titel: zorneskalt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colette McBeth
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eine halbe Oktave höher klang, vor laufender NNN -Kamera, er könne exklusiv berichten, Clara O’Connors Wagen sei am Devil’s Dyke in Sussex verlassen aufgefunden worden.
    Es dauerte nur weitere drei Minuten, bis die dortige Polizei in der Redaktion anrief, um sich zu beschweren. Sie habe keinen derartigen Fund gemacht. Wieder zehn Minuten später vibrierte mein BlackBerry. Eine E-Mail von Robbie: » Brauche deine Hilfe in Sachen Clara O’Connor. Wir reden morgen.«
    Ich war in Hochstimmung. Eine Tür, die mir vor der Nase zugeschlagen worden war, hatte sich wieder geöffnet. Ich sah dies als erstes Anzeichen einer Wende zu meinen Gunsten, und als dann auch noch Jake vorschlug, wir sollten auf einen Drink ausgehen, überraschte ich ihn, indem ich die Einladung annahm.
    Wir blieben in dem Pub, bis sie uns hinauswarfen, nachdem wir zwei Flaschen Bordeaux geleert hatten. Ich fühlte mich warm und benommen und angeheitert, ich lachte sogar über seine Witze, blendete für ein paar angenehme Stunden alles andere aus, das um mich herum passierte.
    Auf der Straße hielt Jake ein Taxi an. Ich könne nicht allein heimfahren, sagte er, » nicht nach dem Einbruch«. Das war das erste Mal, dass er davon sprach, als glaube er daran. Aber als wir vor meiner Wohnung hielten, erkannten wir, dass ich ohnehin nicht allein gewesen wäre.
    Genau gegenüber dem Hauseingang parkte ein unbeleuchteter Streifenwagen. Als wir das Taxi zahlten, hörte ich eine Autotür ins Schloss fallen und beobachtete mit jagendem Herzen, wie zwei Polizeibeamte über die Straße kamen. Jake wandte sich mir zu, suchte Beruhigung, Information, irgendwas. Ich konnte ihm nichts geben.
    Als sie uns erreichten, stellte sich einer als Police Corporal Simon Ramilles vor. » Dürfen wir reinkommen?«, fragte er mit ernster Stimme, die mir sagte, dass dies keine Frage war.
    Seine junge Kollegin folgte ihm und bedachte mich mit einem mitfühlenden Lächeln, als ich sie einließ. Im Wohnzimmer setzte ich mich hin und versuchte, mich zu konzentrieren, damit der Raum aufhörte, sich um mich zu drehen. Aus der Küche kamen Arbeitsgeräusche, als Jake den Teekessel aufsetzte und mit Türen und Schubladen knallte, während er nach Bechern und Teebeuteln und Zucker suchte.
    Der Augenblick, bevor PC Ramilles sprach, dehnte sich so lange, dass ich dachte, er würde niemals enden. Bedrückendes Schweigen lastete auf uns allen. Mit gefalteten Händen weit vorn auf dem Sofa sitzend holte er schließlich tief Luft und teilte mir mit, die Polizei habe eine Leiche aufgefunden.
    Das Leichenschauhaus in Brighton erinnerte an einen weitläufigen Bungalow aus den Siebzigerjahren mit nachträglich angebautem Carport. Drinnen war der Fußboden des Wartebereichs mit einem blauen Kunstfaserteppich ausgelegt. An den Wänden hingen billige Ölgemälde, die das Meer und den Strand zeigten. Sie sahen aus wie auf dem Flohmarkt gekauft.
    Eine ältere Frau bot mir eine Tasse Tee an – als könnte Tee alles richten. Aber Tee kann einen nicht darauf vorbereiten, in einen Nebenraum mit roten Samtportieren und Blumen geführt zu werden, in dem es so kalt ist, dass man glaubt, nie mehr Wärme in den Knochen spüren zu können. Und er bereitet einen erst recht nicht darauf vor, was man sagen soll, wenn das Leichentuch weggezogen wird und man einen Menschen sieht, den man gut gekannt hat, der aber jetzt grau und wächsern und still daliegt. So still, als hätte er nie gelebt. Als hätte man sich die Ereignisse seines Lebens nur ausgedacht.
    Als Erstes betrachtete ich die Zehen, die gelblich, aber unter den Nägeln blau waren, und dann glitt mein Blick zu den Beinen hinauf, die dick und kräftig und leblos waren, und zu dem Geschlecht, einst ein Quell des Vergnügens, jetzt zusammengeschrumpft und schlaff. Weiter zur Brust hinauf, auf die ich so oft den Kopf gelegt und kraftvoll pochende Herzschläge gehört hatte. Und zuletzt das Gesicht, dieses schöne Gesicht, das ich vor fast zwei Jahren erstmals gesehen hatte. Das warst nicht du, Clara. Vor mir lag Jonny. Kalt und tot und für immer fort.
    Sandra hatte mich darum gebeten, ihn zu identifizieren. Sie konnte sich nicht dazu überwinden, ihren Jungen so daliegen zu sehen. Seine Hoffnungen und seine Zukunft auf einer Faserstoffplatte im Leichenhaus beendet. Sie wartete draußen bei einer Tasse Tee, die inzwischen längst kalt war. Und als ich herauskam, erwartete sie mich mit einem bittenden Blick, der mich mein Leben lang verfolgen wird, und bat

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