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Zu cool für dich

Zu cool für dich

Titel: Zu cool für dich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Dessen
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hält?«
    »Vielleicht wäre es besser gewesen.« Ich knibbelte an der Tischkante rum. »Allein ist man zumindest auf der sicheren Seite. Was man fühlt, ob man leidet, entscheidet man selbst. Kein anderer kann sich einmischen.«
    Darüber dachte sie ziemlich lange nach, bevor sie antwortete: »Ja, ich bin in meinem Leben schon mehrmals verletzt worden. Sogar heftig. Aber ich habe auch geliebt und bin geliebt worden. Und das steht für sich. Das ist wichtig. Meiner Meinung nach wichtiger als die Verletzungen. Wie bei der Torte, von der ich eben sprach. Wenn ich am Ende auf mein Leben zurückblicke, wird das größte Stück Liebe gewesen sein. Die Probleme, die Scheidungen, die Traurigkeit   ... die sind natürlich auch da, aber kleiner. Winzige Tortenstückchen.«
    »Ich finde, man muss sich schützen«, antwortete ich. »Und man darf sich nicht unter Wert verkaufen.«
    »Nein«, meinte sie ernst. »Das sollte man nicht tun. Aber andere nicht an sich ranzulassen und auf Liebe zu verzichten macht einen nicht stark. Ganz im Gegenteil, es schwächt einen. Weil man aus Angst handelt.«
    »Angst wovor?«
    »Die Chance zu ergreifen. Sich einzulassen, loszulassen, hinzugeben. All das macht uns zu dem, was wir sind. Das Leben besteht aus Risiken, Remy. Wenn man so viel Angst hat, dass man es nicht mal versuchen will   – das wäre Verschwendung. Ich gebe ja zu, dass ich jede Menge Fehler gemacht habe. Aber ich bereue nichts. Denn zumindest habe ich mein Leben nicht damit zugebracht, außen vor zu stehen und mich zu fragen, wie es wohl sein würde. Zu leben.«
    Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. Saß einfach bloß da. Mir wurde klar, dass all mein Mitleid mit meiner Mutter wegen ihrer gescheiterten Ehen vollkommen überflüssig gewesen war. Die Tatsache, dass sie es immer wieder versuchte, war in ihren Augen keine Schwäche   – wie ich unterstellte   –, sondern das exakte Gegenteil. Aus ihrer Perspektive betrachtet war sogar ich die Schwache. Weil ich Dexter abgewiesen hatte.
    »Barbara, wir müssen in zehn Minuten dort sein, also lass uns   ...« Don unterbrach sich, als er mich sah. Er war gerade in der Tür erschienen; sein Schlips hing schief, sein Jackett trug er über dem Arm. »Oh. Remy. Hallo.«
    »Hi.«
    »Dein Schlips, Liebling.« Meine Mutter stand auf, stellte sich vor ihn, glättete sein Hemd, seinen Schlips, zog den Knoten gerade. »So, jetzt sieht es gut aus.«
    »Wir sollten fahren.« Don küsste sie auf die Stirn. Sietrat einen Schritt zurück. »Gianni hasst es, wenn man ihn warten lässt.«
    »Dann lass uns fahren«, sagte meine Mutter munter. »Remy? Ich wünsche dir einen wunderschönen Abend. Und denk über das nach, was ich gesagt habe, Liebling.«
    »Klar«, antwortete ich. »Viel Spaß.«
    Don, die Schlüssel in der Hand, ging schon vor zum Wagen. Ich stand auf und meine Mutter legte ihre Hän de auf meine Schultern. »Werde bitte keine Zynikerin, Remy, nur weil deine Mutter bestimmte Erfahrungen gemacht hat«, sagte sie sanft. »Versprochen?«
    Zu spät, dachte ich, während sie mir einen Kuss gab. Dann ging sie hinaus zum Wagen. Ich blickte ihr nach. Don wartete schon. Als sie auf ihn zutrat, legte er ihr fürsorglich die Hand auf den Rücken und begleitete sie zur Beifahrertür. Und in dem Augenblick formte sich in mir zum ersten Mal der Gedanke, dass ich möglicher weise , tief innen, doch begriff, wovon sie gesprochen hatte. Vielleicht besteht eine Ehe (wie das Leben selbst) eben nicht nur aus lauter Großen Momenten, egal ob guten oder schlechten. Vielleicht sind es die Kleinigkeiten   – jemand hilft einem fürsorglich beim Einsteigen, jemand ist für einen da, Tag für Tag   –, die auf Dauer ein so starkes Band formen, dass es selbst die zerbrechlichste Bindung hält und stützt.
     
    Wie ich erfreut feststellte, war Paul für ein Blinddate tatsächlich gar kein schlechter Fang.
    Als er mich abholte, war ich noch ein wenig reserviert. Zu meiner Überraschung entdeckten wir jedoch sofort ein prima Gesprächsthema, nämlich das College. Es stellte sich heraus, dass einer seiner besten Schulfreundeauch in Stanford studierte. Paul hatte ihn in den Weihnachtsferien besucht.
    »Der Campus ist super«, sagte er, gerade als die Mariachi-Combo zum wiederholten Mal an diesem Abend eine beschwingte Version von
Happy Birthday
anstimmte. »Außerdem sind nicht zu viele Leute in einem Kurs, so dass die einzelnen Dozenten jeweils nur wenige Studenten zu betreuen haben. Man hat

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