Zu einem Mord gehoeren zwei
Brüste, Bäuche und Schenkel überlagerten sich und gingen ineinander über, aber sein Glied blieb schlaff. Das ärgerte ihn, denn er hätte sich gerne abgelenkt und getröstet.
Er spürte genau, wie ihm die Kontrolle über seine wirbelnden Gedanken langsam entglitt. Minutenlang glaubte er, in einem gesunkenen U-Boot zu liegen, dreitausend Meter unter der Oberfläche des Meeres. Plötzlich stand ihm der Schweiß auf der Stirn. Er sprang auf und rüttelte wie von Sinnen an den Gitterstäben.
«Aufmachen! Laß mich raus! Ich will raus! Tommy, komm runter! Tommy, hörst du mich?!»
Dieses kurze Rasen war wie ein Sturz in ein erlösendes Nichts; es betäubte ihn, es schaltete die Angst fast vollkommen aus.
Als seine Kräfte nachgelassen hatten, fiel er wieder auf die flache Couch zurück. Er wollte sich eine Zigarette anstecken, doch als er nach der Schachtel suchte, krampfte sich sein Magen zusammen, und er mußte beide Hände auf den Leib pressen. Sekundenlang kämpfte er gegen einen heftigen Brechreiz an. Dann riß er sich die Hosen herunter und stürzte zu dem Zimmerklosett, das hinten in der Ecke stand und die abblätternde Aufschrift NUR FÜR LUFTSCHUTZZWECKE trug. Er litt unter einem schmerzhaften Durchfall. Im Nu erfüllte süßlicher Gestank den abgeschlossenen Raum. Aber er fühlte sich erleichtert. Nachdem er sich mit einer alten Zeitung gesäubert hatte, setzte er sich wieder und rauchte mit hastigen Zügen.
Warum? Warum? hämmerte es unaufhörlich in seinem Hirn. Warum mußte es ausgerechnet ihn erwischen? Warum war er nicht zwei Minuten später oder zwei Minuten früher zur Bank gegangen? Er hatte doch nur seiner Mutter einen Gefallen tun wollen und sich vor ihrer Abreise erboten, die Miete für sie einzuzahlen. Dafür wurde er nun auf diese Art und Weise bestraft. Es war zum Heulen! Und warum hatte Tomaschewski ihn nach über zehn Jahren auf der Stelle wiedererkennen müssen? Warum hatte diese verdammte Strumpfmaske so locker gesessen?
Ob ihm die Kripo helfen konnte? Er versuchte, sich in die Lage der Beamten zu versetzen. Sie würden alle seine Freunde und Bekannten unter die Lupe nehmen. Aber es war wohl ausgeschlossen, daß sie dabei auf Tomaschewski stießen – das lag viel zu lange zurück.
Wenn er an Tomaschewski dachte, mußte er auch an Susanne denken. Sue… Das Bild eines hochgewachsenen, äußerst attraktiven Mädchens erschien. Ein weicher Mund, ein Lächeln, das so vieles versprach – Wärme, Sinnlichkeit, Treue, Hingabe… Es hatte romantisch begonnen, scheu, verspielt, ängstlich, und bis zum Geständnis hatte es vieler Scharmützel bedurft. Sie waren zusammen zum Baden gefahren, hatten Hand in Hand die stillen Wege der Wälder entdeckt, waren gemeinsam durch fremde Städte gezogen. Schließlich und zwangsläufig hatten sie miteinander geschlafen. Es war alles so abgelaufen, wie es für solche Fälle programmiert ist. Doch nach diesem letzten Schritt waren sie ratlos gewesen – es gab keine gemeinsame Zukunft für sie. Er war Lehrling, ein schlecht bezahlter jugendlicher Kuli; sie war besessen von dem Wunsch, eine große Sängerin zu werden. Ihr Miteinander war mechanische Wiederholung geworden, und keiner hatte mehr eine Funktion im Leben des anderen. Tomaschewski, der in den ganzen Jahren ihrer gemeinsamen Schulzeit auf diese Krise in ihren Beziehungen gewartet hatte, bot sich nun Susanne nach vielen zermürbenden Szenen als Zuflucht an. Ernsthaft, gesetzt und zuverlässig wie er war, konnte er der ruhende Pol in ihrem Leben werden. Sie hatte sich bald für ihn entschieden, und Tomaschewski war dann in wenigen Jahren ein erfolgreicher Geschäftsmann geworden. Aber inzwischen schien er ja mächtig Federn gelassen zu haben…
Feuerhahn wußte, daß er im Grunde nur eine Hoffnung hatte: Susanne. Irgendwann mußte sie doch dahinterkommen, daß er hier unten im Keller eingesperrt war. Und er konnte sich nicht vorstellen, daß sie mit Tomaschewski gemeinsame Sache machte. Oder doch? Schließlich gehörte ja auch ihr die Firma, um die es offenbar sehr schlecht bestellt war.
Es war vollkommen still hier unten, und als er kräftig furzte, schrak er zusammen. Das Spray, mit dem er morgens seine Achselhöhlen eingesprüht hatte, war verflogen, und mit Abscheu registrierte er seinen immer stärker werdenden Körpergeruch. Seine Hände waren klebrig, und unter den Fingernägeln roch es nach Kot. Sein Mund war trocken, die Zähne stumpf. Wahrscheinlich stinke ich aus dem Hals… Gestern
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