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Zu Grabe

Zu Grabe

Titel: Zu Grabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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weh getan, niemandem geschadet«, redete Uhl weiter. »Ganz im Gegenteil. Wir haben viele Priester sehr glücklich gemacht – die armen Jungs haben wegen Zölibat und steigenden Kirchenaustritten normalerweise nicht viel zu lachen …«
    Morell grübelte weiter. Was hatte er davon, wenn er Uhl und Payer anzeigte? Womöglich würde Uhl so schnell wie nur möglich alle belastenden Materialien aus seiner Werkstatt verschwinden lassen, und er hätte keinerlei Beweise für seine Behauptungen. Die Schachtel mit den Listen konnte er schwer ins Spiel bringen, da er dann erklären müsste, wie sie in seinen Besitz gekommen war. Zudem waren die Fälschungen wahrscheinlich tatsächlich so gut, dass es bei einer Überprüfung nicht möglich wäre, ihre Unechtheit nachzuweisen. Außerdem würde es den Priestern und Kirchen mehr schaden als nutzen.
    »Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie ich in Ihrem Fall weiter verfahren werde«, sagte er schließlich. »Ich werde mir alles noch mal durch den Kopf gehen lassen.«
    Uhl nickte energisch. »Sie haben ewig was gut bei mir, wenn Sie mich nicht ans Messer liefern.«
    »Wir werden sehen. Als Erstes muss ich jedenfalls darauf bestehen, dass Sie Ihre illegalen Geschäfte sofort einstellen. Keine Reliquien mehr!«
    Uhl strahlte von einem Ohr zum anderen. »Deal«, sagte er und streckte Morell seine Hand entgegen.
    »Ich meine es todernst. Ich werde Sie im Auge behalten. Wenn mir zu Ohren kommt, dass noch einmal auch nur ein einziger Knochen gegen Geld diesen Laden verlässt, dann können Sie sich einen Anwalt suchen.«

»Der Körper ist das Grab der Seele.«
    Platon
    Am Montagmorgen stand Morell pünktlich um acht Uhr in der Pietät. Er hatte von Capelli eine kleine Schere, eine Pinzette, eine Feile und mehrere durchsichtige Plastikdöschen bekommen, mit deren Hilfe er Proben von den diversen Artikeln nehmen konnte.
    »Guten Morgen, Herr Eschener«, sagte er zu seinem Chef, der schon wieder hektisch herumrannte. »Was gibt es denn heute alles für mich zu tun?«
    Eschener ruckelte an seiner Krawatte. »Eine Menge«, sagte er. »Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Am besten, Sie gehen runter zu Herrn Jedler und helfen ihm beim Herrichten von Frau Liebermann.« Er schaute auf seine Uhr und nickte. »Ja, das ist eine gute Idee – Frau Liebermann muss in spätestens einer halben Stunde raus.«
    Morell schluckte. »Frau Liebermann ist … ähm … tot?«
    »Aber ja.« Eschener schnupperte. Hatte sein neuer Mitarbeiter etwa in aller Herrgottsfrühe schon getrunken? Es wäre nicht das erste Mal, dass so etwas vorkam – viele Menschen trieb der ständige Umgang mit Toten und Trauernden in den Alkoholismus. Er schnupperte noch einmal, konnte aber nichts riechen. »Natürlich ist Frau Liebermann tot. Was dachten Sie denn, Herr Reiter?«
    Morell lächelte verlegen. »Natürlich«, sagte er. »Tot. Was sonst. Ich bin wohl noch ein bisschen verschlafen.«
    »Tja.« Eschener zeigte auf die Kellertür. »Nichts weckt einen besser auf als die Arbeit.«
    »Alles klar«, versuchte Morell, seine wahren Gefühle zu überspielen. »Dann mal los.«
    Der Thanatopraxieraum war genau so, wie Morell ihn sich in seinen schlimmsten Albträumen vorgestellt hatte: Es war kalt, steril und roch nach allen möglichen Chemikalien. In der Mitte des weißgefliesten Raumes stand ein Edelstahltisch, und an den Wänden waren Metallregale angebracht, in denen zahlreiche Instrumente und Geräte standen. Morell wollte sich nicht einmal annähernd vorstellen, wofür diese Dinge eingesetzt wurden. Das grelle Neonlicht, das leise Surren der Belüftung und der penetrante Geruch nach Formalin, der den Gestank des Todes nur oberflächlich überdeckte, verursachten dem Chefinspektor Übelkeit. Er lockerte seine Krawatte und wischte sich ein paar kalte Schweißperlen von der Stirn. Er war tatsächlich in der Hölle gelandet, in Frankensteins Laboratorium, im Folterkeller der Blutgräfin Báthory.
    »Buh!« Jedler sprang aus einer Ecke auf Morell zu.
    »Sag mal, spinnst du?« Morell griff sich ans Herz. »Du hast mich fast zu Tode erschreckt. Mach so was nie wieder!«
    »Stell dich nicht so an, Thommy! Ein bisschen Spaß muss sein, sonst wird man depressiv hier.« Jedler griff nach einer Bürste und tat so, als wäre sie ein Mikrophon. »Ein bisschen Spaß muss sein, dann ist die Welt voll Sonnenschein …«, stimmte er den bekannten Schlager an, tanzte nach draußen und kam kurz darauf mit einer Bahre, auf der ein

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