Zu nah am Feuer: Roman (German Edition)
sie ihren Albtraum noch einmal durchlebte. Seinetwegen. »Einfach weiteratmen.«
»Ich weiß … Ich versuch’s ja … Ich bringe die Brände durcheinander. Den alten und den neuen. Gott. Es tut mir leid. Das ist so dumm. Ich komme mir so dumm vor.«
»Sieh’s doch mal so. Du lebst. Wie dumm ist das?«
Weil er sich nicht anders zu helfen wusste, streichelte er ihr über den schlanken, zitternden Rücken. »Kannst du mir sagen, woran du dich erinnerst?«
»Ich kann mich daran erinnern, dass ich zwischen dir und Danny stand und den Rauch gesehen habe. Ich erinnere mich, dass ich die Treppen hinauflief und nach meinem Vater schrie, und dann habe ich die Tür zum Keller geöffnet …« Sie schloss die Augen und kauerte sich zusammen. »Die Flammen. Ich konnte ihn hören …« Sie konnte sich beim besten Willen nicht noch mehr zusammenkauern, sosehr sie es auch versuchte. »Das ist alles. Da ist noch mehr, aber ich kriege es einfach nicht heraus.«
»Der Balken ist herabgestürzt und hat dich unter sich begraben.«
Sie presste das Gesicht auf die Knie und nickte. »Ich weiß, um den Brand von damals geht es hier nicht. Mach weiter, und klär das hier auf. Stell mir die restlichen Fragen.«
»Red.«
»Los!«
Er ging seine Liste so vorsichtig wie möglich durch und merkte sich die Antworten, um sie später niederzuschreiben, denn jetzt ging es darum, ihr weiter beizustehen.
Nein, sie war in den Stunden vor dem Feuer nicht in der Toilette gewesen. Nein, sie hatte überhaupt nichts gehört, als sie unten im Keller war. Nein, sie hatte im Laden kein Benzin verwendet.
Als er alle Fragen gestellt hatte, sprang sie auf. »Ich muss hier weg.«
»Ja, klar.« Er wandte den Blick ab und erinnerte sich an den Gedanken, dass es ihm gefallen würde, wenn sie wieder fort wäre.
»Nein, ich meine … ich muss an die frische Luft.«
Er sah ihren Blick, den Blick der Frau, die angeblich keine gefühlsmäßigen Bindungen brauchte, und da wurde ihm bewusst, dass er sie nicht gehen lassen würde. »Wie wär’s mit etwas Gesellschaft?«
»Ich weiß nicht so recht. Was ist, wenn du das Gefühl bekommst, unbedingt über Sex reden zu müssen?«
Er sah den Schalk in ihren Augen und merkte, dass die Spannung in seinem Körper sich gründlich löste. Es würde ihr bald wieder bessergehen. »Dann werde ich versuchen, mich zusammenzureißen.«
»Meinetwegen musst du das nicht.«
Er schüttelte den Kopf und nahm ihre Hand. »Ach, komm. Ich weiß doch genau, was dich aufmuntert.«
13
»Einen Frozen Yoghurt?« Summer lachte aus vollem Herzen – so wie Joe das von früher her von ihr kannte.
Da musste er sie einfach anlächeln und reichte ihr das Erdbeer-Joghurt-Hörnchen, das er ihr soeben gekauft hatte.
Sie waren an der Pier vorbeigegangen, hinaus auf den Strand. Die frühabendliche Sonne schien vom Himmel, der Sand war glühend heiß. Immer wenn sich eine Welle brach, schlug ihnen eine angenehme Brise entgegen, das Geräusch der Brandung und die leichte Gischt wirkten beruhigend und besänftigend. Rings um sie herum waren zahlreiche Surfer, umhertollende junge Pärchen und Touristen zu sehen.
Summer trug ein Seiden-Shirt und darüber ein Herrenhemd. Sie lächelte fröhlich und schien sich völlig wohl in ihrer Haut zu fühlen, außer man kannte sie und sah hinter das Lächeln. Sie schien immer noch zu leiden. Trotzdem aß sie das Dessert mit dem für sie typischen Appetit, drehte sich dann auf dem Sand wie ein junges Mädchen und patschte mit den Füßen ins Wasser, dass ihr der Rock an den Waden klebte. »Du hast recht.« Sie blieb stehen und schaute ihn an. »Das hier ist wirklich die Krönung.«
O ja, das stimmt, dachte er, während er seinen Schokoladenshake schlürfte und sah, dass sie ihre Anspannung langsam abstreifte wie einen lästigen Mantel. Toll, dass sie das konnte.
»Komm, wir tauschen«, sagte sie, und ehe er sich’s versah, reichte sie ihm ihr Hörnchen und schnappte sich seinen Shake – eine alte Gewohnheit. Sie schlürfte einen Augenblick an seinem Dessert. »Ist zwar auch nicht entfernt so gesund wie meiner, aber lecker«, sagte sie, tauschte noch einmal und leckte wieder glücklich an ihrem Eishörnchen. »Joe?«
»Ja?«
»Ich muss dir etwas beichten.« Sie leckte sich die Lippen, damit auch nur ja nichts verlorenging – was ebenfalls eine alte Gewohnheit von ihr war; allerdings hatte er früher davon keinen Steifen bekommen.
»Beichten?«, fragte er und richtete den Blick auf ihre benetzte
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