Zu nah am Feuer: Roman (German Edition)
Zunge, die nun wieder in ihrem Mund verschwand.
»Na ja. Und ich verrate dir, worum es dabei geht, wenn du mir ebenfalls ein Geheimnis verrätst.«
»Erst du«, sagte er vorsichtig.
Sie blickte ihm fest in die Augen. Und sagte dann sehr ernst: »Mir hat der Strand gefehlt.«
»Und das soll dein großes Geständnis sein? Dass du den Strand vermisst hast?«
»Ja.« Noch einmal leckte sie fast quälend erotisch an dem Eishörnchen. »Jetzt kommst du.«
»O nein. Diese Beichte genügt mir nicht.«
Wieder schleckte sie geräuschvoll an ihrem Eis. »Also gut, noch ein Geheimnis«, sagte sie. »Bist du bereit?«
Weil er mit einem ähnlichen Geständnis wie »Mir fehlt der Strand« rechnete, entspannte er sich. Lächelte sogar. »Schieß los.«
»Du hast mir gefehlt. Mehr als der Strand.«
Er wurde still, dann rang er sich ein Lächeln ab. »Ja, klar, das ist mir durchaus aufgefallen. Deine vielen Briefe, die meinen Briefkasten verstopft haben.«
Sie bohrte die nackten Zehen in den Sand. Der Zehenring aus Bernstein glitzerte. »Ich wollte dir schreiben. Ich muss wohl hundert Briefe angefangen haben. Letztes Jahr, als ich zu Weihnachten nach Hause kam, habe ich sogar deine Adresse im Telefonbuch nachgeschlagen. Ich bin an deiner Wohnung vorbeigefahren. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es sich um ein Segelboot in der Mission Bay handelt. Es ist wunderschön.«
»Ich kümmere mich um das Boot im Auftrag des Besitzers, es ist der Chef der Feuerwehr von Los Angeles. Warum hast du nicht einfach mal kurz vorbeigeschaut?«
»Mehr erzähl ich nicht von mir. Jetzt bist du dran. Ein Geheimnis, Joe.«
Er blickte hinaus auf die Wellen, dann sah er Summer so forschend und undurchdringlich an, wie er nur irgend konnte. »Es war gelogen, dass ich nie an dich gedacht habe.«
Sie lächelte ihn an, freundlich und offen, so als hätte er ihr soeben ein Geschenk gemacht.
»Willst du wirklich wissen, warum ich dich nie besucht habe?«, fragte sie. »Ich hatte Angst.«
»Vor mir?«
»Angst davor, dass unsere Freundschaft nie mehr so sein würde, wie sie einmal war.« Sie blickte auf und sah ihn mit ihren jadegrünen Augen an, Augen, denen er noch nie hatte widerstehen können. »Wird sie wieder so sein?«
»Ich schaue nie zurück.« Er trank noch einen Schluck von seinem Shake und reichte ihn ihr. »Komm, tauschen wir.«
Sie willigte ein, ergriff jedoch sein Handgelenk, ehe er sich abwandte. »Joe.«
Sie wünschte sich eine bessere Antwort; er war sich nicht sicher, ob er bereit war, sie ihr zu geben. Aber er hatte sich ihr gegenüber noch nie verschließen können. »Ich blicke nie zurück, weil es für mich in der Vergangenheit nie viel zu holen gibt.« Bis auf dich . »Ich lebe im Hier und Jetzt, Red. Und das ist gut so. Es ist das Richtige für mich.«
»Wie gestern Abend. Das war wohl auch das Richtige für dich.«
»Gestern Abend war …«
»Schön«, sagte sie leise.
Mehr als das , dachte er, und wenn sie eine Beichte von ihm wollte, dann konnte sie eine haben, aber eine richtig große. »Ein Abend genügt mir nicht.«
Ihr Lächeln entschwand langsam. »Nein?«
Zum Teufel, nein. Aber das hatte er schließlich ohnehin gewusst. »Ich kann das Ganze nicht so locker sehen, wie du das möchtest; ich würde das nicht überstehen.«
Sie nickte und scharrte kurz mit den Füßen im Sand. Sie roch noch immer nach Rauch. Über dem Knöchel war die Schnittwunde zu sehen. Aber egal. »Red.«
»Ich weiß. Du willst nicht zurückgehen. Du willst nicht nach vorn gehen. Das ist mir schon klar.«
Er seufzte. »Vielleicht können wir auf einer neuen Basis wieder anfangen. Im Hier und Jetzt.«
Ihr Herz schlug schneller. »Tatsächlich?«
Er war verrückt. Wohl süchtig nach Rückschlägen. »Als Freunde.«
Ihre Augen leuchteten auf, voll Gefühl. Sie beugte sich vor und drückte ihm einen Kuss aufs Kinn, den sie sicher für harmlos-lieb hielt, der ihn aber auf eine Weise entfachte, wie ein einfacher Kuss das keinesfalls sollte.
»Also, mein lieber Freund«, sagte sie. »Was treibst du denn so im Hier und Jetzt, wenn du Spaß haben willst? Ich weiß, dass du joggst.«
Er schüttelte sich und brachte sie dadurch zum Lachen. »Ich jogge nicht zum Spaß, sondern aus Notwendigkeit. Das ist ein Riesenunterschied.«
Sie ließ den Blick über seinen Körper schweifen. »Es scheint zu funktionieren.«
Er drohte ihr spielerisch mit dem Finger. »Nein. Das gilt nicht.«
»Was gilt nicht?«
»Dieser Blick.«
»Wieso, ich stehe
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