Zu nah am Feuer: Roman (German Edition)
Müllcontainer stand an dessen Rand, und dort im Schmutz lag eine Zigarettenkippe. Sie blickten darauf, dann deutete Joe auf eine Stelle direkt vor ihnen.
In dem Schmutz vor dem Müllcontainer war die Hälfte eines Stiefelabdrucks mit diagonalem Muster zu erkennen.
Genau der gleiche wie beim Brand des Lagerhauses.
Joe stand mit klopfendem Herzen da und hockte sich hin, öffnete seinen Koffer und zog ein Messgerät heraus.
Der Zeiger des Gerät schlug aus.
Kenny stieß einen leisen Fluch aus.
»Ja.« Wer immer diesen Stiefel getragen hatte, war in etwas Brennbares getreten; und Joe hätte wetten können, dass der Abdruck mit dem aus dem Lagerhaus übereinstimmte und dass auch die Benzinspuren die gleichen waren, was die beiden Brände miteinander in Zusammenhang brachte. Was wiederum hieß, dass es sich bei dem Lagerhausbrand keineswegs um einen Zufall gehandelt hatte.
Ebenso wenig wie bei diesem hier.
Zu Hause ließ Joe sich aufs Bett fallen und schlief bis zum Morgengrauen wie ein Toter; dann kamen die Träume.
»Creative Interiors« brannte lichterloh, die Flammen stiegen in den Nachthimmel, loderten so stark, dass er nicht näher herankommen konnte. Er wich zurück und sah entsetzt zu, während die Feuerwehrleute Summer durch das Fenster zogen.
Nur: Plötzlich war es nicht Summer, die von den Flammen eingeschlossen war, sondern er . Die Haut prickelte ihm vor Hitze. Der Schweiß tropfte ihm in die Augen. Und dann, in einer Zehntelsekunde, war das Feuer nicht mehr da, und er stieg in Summers Fenster. Er stand neben ihrem Bett, voll blauer Flecke nach den Faustschlägen seines Vaters, schwer atmend, mit Tränen in den Augen, die zu weinen er sich weigerte, während er auf den einzigen Menschen in der Welt blickte, der sich jemals etwas aus ihm gemacht hatte.
Sie setzte sich nicht auf und umarmte ihn nicht. Sie reichte ihm nicht ihr extra Kissen und legte ihm auch nicht die Tagesdecke über, die am Fußende des Bettes lag.
Nichts.
»Red«, flüsterte er.
Sie bewegte sich nicht.
»Red?« Er stieß sie an, dann drehte sie sich um.
Sie begann zu schreien und wand sich in Todesqualen, während sie brannte, so wie wohl das Kind in jenem furchtbaren Hausbrand am Abend zuvor …
Mit einem Stöhnen setzte er sich im Bett auf.
Seinem eigenen Bett.
Aber er war kein kleiner Junge mehr.
Und Summer kein kleines Mädchen.
Völlig durchgeschwitzt und zitternd wie Espenlaub, griff er zum Telefon und wählte, bevor er seine Gedanken gesammelt hatte.
»Hallo«, hörte er Summers schläfrige Stimme.
»Hey.«
»Joe?« Sofort war sie hellwach. Wie immer verstand sie ihn besser als er sich selbst. »Alles in Ordnung mit dir?«
»Klar.« Er legte sich zurück; die Beine zitterten ihm immer noch. Er ahnte, warum er so schlecht geträumt hatte. Der Grund war der Verdacht, den er wegen der beiden Brände hatte. Dass Summer ums Leben hätte kommen können. Seine tiefsitzende, nagende Angst. Die Angst um sie. »Ich wollte mich nur mal melden.«
Sie schwieg einen Augenblick lang. »Du hast schlecht geträumt.«
»Nein, ich …«
»Doch.« Ihre Stimme klang sanft und hüllte ihn ein wie eine Decke. »Es tut mir leid.«
»Mir geht’s gut«, sagte er.
»Na, na. Und ich habe keine Panikattacken.« Sie schnaubte verächtlich. »Wir sind erbärmlich, weißt du das? Ich komme zu dir rüber und bring was Leckeres mit, einen richtigen Dickmacher.«
»Denk nicht mal dran.« Trotzdem, er musste lachen und fühlte sich schon wieder etwas besser. »Wirklich, lass das bleiben.«
»Aber …«
»Mach dir einen schönen Tag, Red.«
»Joe, bist du sicher?«
O ja. Wenn sie so früh zu ihm rüberkam und ganz verschlafen und sexy aussah, würde er ihr bestimmt nicht widerstehen können. »Ganz sicher.«
»Gehst du zur Arbeit?«
»Natürlich.« Die Arbeit war seine einzige Rettung – immer schon.
14
An diesem Morgen ließ Joe sein Jogging aus und fuhr auf dem Weg zur Arbeit bei McDonald’s vorbei, um zu frühstücken, wodurch er seine Diät komplett über den Haufen warf. Es würde ein wahnsinnig anstrengender Tag werden, er musste sich mit Folgerungen befassen, die sich aus den neuen Indizien bei den »Creative Interiors«-Brände ergaben, und dafür musste er sich stärken.
Er parkte sein Auto und begab sich in sein Büro, gar nicht glücklich darüber, dass dort Licht brannte, denn es bedeutete, dass jemand auf ihn wartete.
Und so war es; Cindy hockte auf seinem Schreibtisch; sie trug ein hellblaues,
Weitere Kostenlose Bücher