Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
Willst du mein Sekretär werden? Ich bin der zweite Kadi hier in Cordoba.«
Und wirst bald der Erste sein, dachte Ibn Abi Amir, Mondhir el Boluthi ist schon sehr alt. Laut aber sagte er: »Wer kennt nicht den Kadi Ibn as-Salim? Wenn ihm mit meinem geringen Wissen gedient ist, will ich gerne sein Schreiber sein.«
Sie sprachen noch eine Weile miteinander, und als Ibn as-Salim sich verabschiedete, drückte er dem jungen Mann, den er sich verpflichtet hatte, einige Goldstücke in die Hand.
Ibn Abi Amir musste ziemlich lange suchen, bis er den Freund wiederfand. Endlich sagte mein ihm, dass Welid auf sein Zimmer gegangen sei. Man zeigte ihm auch die Tür, die in dieses Zimmer führte, er stieß sie auf, aber alles war dunkel, und er konnte den Freund nirgendwo erblicken. Trotzdem trat er ein, und als sich seine Augen ein die Dunkelheit gewöhnt hatten, bemerkte er eine Gestalt am Boden hocken, reglos, als schliefe sie im Sitzen.
»Du bist ihr also doch nachgegangen, Welid?« fragte er unvermittelt. Der Angesprochene zuckte zusammen, als führe er aus einem Traum hoch. Er wollte aufspringen, aber die Hand Ibn Abi Amirs lastete auf seiner Schulter.
»Und als sie dich sah, weinte sie. Und dann erzählte sie dir ihre Geschichte. Ist es nicht so?«
»Es ist so.«
»Nun, dann vertraue sie auch mir an«, sagte Ibn Abi Amir und ließ sich neben Welid auf der Matte nieder.
»Ihre Geschichte:
Ihr Vater, der Statthalter des Iraks, fiel beim Kalifen in Ungnade und wurde enthauptet. Ihre Mutter war bei ihrer Geburt gestorben. Die Amme, die bald merkte, dass niemand sich um das hilflose Wesen kümmerte, verkaufte Merwe an einen Mann, der ein Haus hielt wie dieses. Hier wurde sie sorgfältig erzogen, erhielt die besten Lehrer, konnte mit zwölf Jahren schon mehrere Instrumente spielen, kannte die Lieder der berühmtesten Dichter, schrieb eine zierliche Handschrift und nahm es im Tanzen mit jeder Geisterfürstin auf. Sie wurde an einen Schiffsreeder nach Basra verkauft, der reich war und alt und ein Scheusal. Er peinigte sie mit rohen Zärtlichkeiten, war stolz auf ihre Künste, befahl ihr, vor seinen Gästen zu singen und zu tanzen, beschuldigte sie dann, den jungen Männern zärtliche Blicke zugeworfen zu haben, schlug sie aus Eifersucht, überschüttete sie bald darauf, um sie zu versöhnen, mit Geschenken und ließ so das Rad ihrer Qualen sich immerfort weiterdrehen.
Sie lebte in ständiger Angst, die sich noch steigerte, als der Neffe ihres Herrn ihr hinter dem Rücken seines Oheims Anträge machte, denn der Junge war noch gewalttätiger als der Alte und ihr Abscheu vor ihm noch größer.
Eines Tages nun brachte dieser Neffe einen Freund ins Haus, der aus einer anderen Welt zu stammen schien. Er war höflich zu ihr, aber bescheiden, belästigte sie mit keinem Blick und mit keinem Wort, und während er im Hause war, wurde selbst das Benehmen des Reeders und seines Neffen angenehmer, sodass Merwe hätte aufatmen können, wenn sie sich nicht in ganz kurzer Zeit so leidenschaftlich in Firas verliebt hätte, dass sie meinte, ohne ihn nicht mehr leben zu können.
Ihr Vater war ein Perser gewesen, und Firas war es ebenfalls. Im Hause des Reeders aber verstand niemand diese Sprache außer ihnen beiden. So war es ihr möglich, mit einem Wort, das sie leise vor sich hin sprach, ohne Firas anzusehen, seine Aufmerksamkeit zu erregen.
Sie vermieden es ängstlich, Verdacht zu erwecken, und so gelang ihnen in einer dunklen Nacht die Flucht. Firas brachte Merwe in eine unbewohnte Hütte, die flussaufwärts von Basra in einer sumpfigen und menschenleeren Gegend stand. Tagsüber war sie dort allein, beim Dunkelwerden kam er zu ihr.
Bis er eines Tages ausblieb.
Als alle Lebensmittel, die Firas zusammengetragen hatte, aufgezehrt waren, musste Merwe ihr Versteck verlassen. Im Dunkeln ging sie nach Basra und fand Unterschlupf bei einem alten Weib, das ihr die Gärten zeigte, wo sie sich mit ihrem Gesang den Lebensunterhalt verdienen konnte.
Die Alte half ihr auch, sich unkenntlich zu machen: Sie färbte ihr Haare und Augenbrauen und schminkte sie. Es half ihr aber nicht viel, denn der Neffe des Reeders erkannte sie eines Tages an ihrer Stimme, brachte sie zu seinem Onkel zurück, der erst seine Wut an ihr ausließ und sie dann verkaufte. Noch zweimal wechselte sie den Herrn, schließlich kam sie nach Andalus.«
»Und nun geh, Welid, und frage ihren Patron, was er für sie verlangt.«
»Du willst sie kaufen?«
Welid war ebenso
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