Zu viele Morde
bin diese Straße schon tausendmal gefahren, um zu einem Flieger zu kommen. Ich vermute, es war der Gedanke, dass ich dieses Mal zu meinem eigenen Flugzeug gefahren bin.«
»Ich klage Sie wegen des Mordes an Dee-Dee Hall an, Mr. Smith. Wir haben den Overall und das Rasiermesser gefunden.«
Smith versteifte sich, er stöhnte. »Diese verdammte Hure! Sie hat es verdient zu sterben, so wie alle Huren – aufgeschnitten von Ohr zu Ohr!«
»Mich interessiert eher, warum Dee-Dee sich nicht gewehrt hat oder geflohen ist.«
»Ich brauche die Krankenschwester.« Smith stöhnte wieder.
Carmine drückte auf den Summer.
»Nun sehen Sie sich an, was Sie angerichtet haben«, tadelte die Krankenschwester Smith und führte eine Spritze in ein Ventil seines Tropfes ein.
»Sie haben ja keine Ahnung, Sie Dummkopf«, flüsterte Smith.
Ihre Empörung zügelnd, ging sie wieder.
»Ich wüsste gern, wieso Dee-Dee«, sagte Carmine.
»Ja, wüssten Sie es gerne? Ich habe aber keine Lust, es Ihnen zu erzählen«, sagte Smith und lehnte sich dankbar in sein Kissen zurück, als die Schmerzen nachließen. »Sind wir allein? Zeichnen Sie auf, was ich sage?«
»Wir sind allein, und ich mache keine Aufnahme. Ein Tonband wäre kein zugelassenes Beweismaterial, sofern kein Zeuge anwesend ist und Sie davon wissen. Wenn ich formal gegen Sie Anklage erhebe, werde ich Zeugen haben und Sie an Ihre Rechte gemäß der Verfassung erinnern.«
»So viel Fürsorge und alles meinetwegen«, spottete Smith. Dann sanken seine Lider herunter. Er begann zu dösen. Carmine wartete geduldig.
»Dee-Dee-!«, sagte er plötzlich, die Augen wieder offen. »Ich vermute, Sie haben nach meiner Friedenskorps-Tochter gesucht?«
»Ja, aber wir konnten keine finden.«
»Anna hatte kein Interesse an guten Taten«, sagte Phil Smith. »Sie war rein destruktiv veranlagt, und Amerika gefiel ihr gut. Sie war im falschen Alter für den Umzug von Westdeutschland nach Boston und dann nach Holloman – die Trostlosigkeit ihres alten Lebens wurde weggeblasen in dem Sturm von Luxus, sexueller Freizügigkeit, infantilen Bestrebungen und Leidenschaften. Das falsche Alter, der falsche Ort, das falsche Kind …« Smith verstummte.
Carmine sagte nichts und wartete.
»Schule? Was war Schule? Anna schwänzte so oft, dass Natalie und ich nicht anders konnten, als anzugeben, wir würden Anna zu Hause unterrichten. Doch wir waren komplett unfähig, sie entglitt unserer Kontrolle. Sie lachte uns aus, verspottete uns. Seit sie vierzehn war, war es so, als hätte man einen Feind im Haus – sie wusste, dass wir etwas verheimlichten. Also kamen Natalie und ich überein, dass unsere Tochter tun und lassen konnte, was sie wollte.« Er lachte bitter auf. »Da sie kaum zu Hause gelebt hat, wissen nur sehr wenige Menschen von ihr, ist das nicht merkwürdig? Wir waren in der Lage, unseren sozialistischen Pflichten weiter nachzukommen,weil wir Anna als hoffnungslosen Fall aufgegeben hatten.«
Wieder eine Pause. Smith begann erneut zu dösen. Carmine beobachtete ihn.
»Mit vierzehn hatte sie ihren ersten Freund, einen zwanzigjährigen Kleinkriminellen namens Ron David – einen Schwarzen!«, rief Smith plötzlich. »Sex berauschte sie, sie konnte nicht genug davon oder von ihm bekommen, bumste mit ihm überall. Er hatte eine Wohnung am Rande des Argyle-Ghettos – in der Nachbarschaft wohnten überall Huren, eine davon war Dee-Dee Hall, die eine gute Freundin von ihm war. Ron stellte Anna Dee-Dee vor, und Dee-Dee machte Anna mit Heroin bekannt. Entsetzt Sie das, Captain Delmonico? Sparen Sie sich Ihr Entsetzen für die nächste Nachricht: Anna und Dee-Dee wurden ein Liebespaar. Sie waren unzertrennlich. Unzertrennlich …«
Guter Gott, dachte Carmine.
Smith fuhr fort. »Dee-Dee und Heroin wurden lebenswichtig für Anna. Sie zog aus Rons Wohnung aus und zu Dee-Dee.« Noch ein bitteres Lachen. »Aber Ron weigerte sich, aus ihrem Leben zu verschwinden. Das Geld, das Anna für ihn verschwendet hatte, wurde nun für Dee-Dee verschwendet. Sie würden doch denken, Captain, dass meine Tochter mein Angebot angenommen hätte, sie und Dee-Dee im Schoß des Luxus an der Westküste unterzubringen, oder? Nein, das wäre ja viel zu bequem für ihre Eltern! Sie und Dee-Dee gefiel es, im Dreck zu hausen! Man kam einfach an Heroin heran, und alles andere war unwichtig.«
»Wie lange waren Anna und Dee-Dee zusammen?«, fragte Carmine.
»Zwei Jahre.«
»Was passierte weiter?«
»Ron drang in Dee-Dees Wohnung
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